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Aufgeräumt in Dresdens Unterwelt

Der mühsame Weg vom Abwasser-Kollaps zur modernen Stadtentwässerung. Bei einer Lesung erfahren Besucher viel darüber.

Von Peter Hilbert
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Für die Kanalarbeiter war in den 1970er-Jahren harte Arbeit unter Tage angesagt. Das Kanalnetz war marode.
Für die Kanalarbeiter war in den 1970er-Jahren harte Arbeit unter Tage angesagt. Das Kanalnetz war marode. © Stadtentwässerung Dresden

Mit großem Aufwand hat die Stadtentwässerung seit der Wende das Dresdner Kanalnetz und das Klärwerk Kaditz saniert und ausgebaut. Dafür wurden über 800 Millionen Euro investiert. Unter dem Titel „Aufgeräumt in Dresdens Unterwelt“ hat Sächsische.de-Redakteur Peter Hilbert ein Buch veröffentlicht, aus dem er am kommenden Donnerstag, 19.30 Uhr, in Hommels Gasthaus auf der Struppener Straße 66 in Zschieren liest. 

Dabei geht es um die lange Geschichte des Dresdner Kanalnetzes und die Spitzentechnologien, mit denen Dresden vor über 100 Jahren deutschlandweit Maßstäbe setzte. Bei der Lesung dreht es sich aber auch um Katastrophen und die vielen Geschichten, die die Mitarbeiter der Stadtentwässerung erlebt haben.

Kanalnetzchef Frank Männig im ältesten noch erhaltenen Kanal unter dem Dresdner Theaterplatz.
Kanalnetzchef Frank Männig im ältesten noch erhaltenen Kanal unter dem Dresdner Theaterplatz. © SZ/Peter Hilbert

Was ärgern sich viele Dresdner mitunter, wenn Schlaglöcher in den Straßen klaffen oder der Fußweg vorm Haus fehlt. Das sticht ins Auge. Oft unbemerkt bleibt dabei die Entsorgung des Abwassers. Schließlich läuft es unter den Straßen und Plätzen ab. Solange alles gut funktioniert, ist Ruhe im Haus. Aber wehe, wenn im Kanalnetz nicht alles seinen geregelten Gang geht. Glücklicherweise wurden diese Fälle in den vergangenen Jahren immer weniger. Das ist kein Zufall. Schließlich haben die Mitarbeiter der Stadtentwässerung viel dafür getan.

Dabei können sie auf eine lange Tradition bauen. Die Ursprünge der Abwasserbeseitigung gehen in Dresden bis ins Mittelalter zurück. So entdeckten Archäologen bei Ausgrabungen am Altmarkt Rinnensysteme vom Ende des 12. Jahrhunderts, durch die vermutlich Regenwasser abgeleitet wurde. Unter dem Theaterplatz gibt es ein noch heute genutztes Kanalnetz, das Mitte des 18. Jahrhunderts angelegt wurde, als Italiener die Hofkirche bauten.

Bis 1910 wurde in Kaditz eines der modernsten deutschen Klärwerke errichtet, das heute noch existiert. Hier ein Bild vom Bau der Siebscheibenhalle 1909. 
Bis 1910 wurde in Kaditz eines der modernsten deutschen Klärwerke errichtet, das heute noch existiert. Hier ein Bild vom Bau der Siebscheibenhalle 1909.  © Archiv Stadtentwässerung Dresden

Dresdens Stadtväter waren oft Vordenker, so auch am Ende des 19. Jahrhunderts. Tiefbauamtsleiter Hermann Klette ließ ein System von Hauptsammlern und Abfangkanälen links und rechts der Elbe bauen, das bis heute gut funktioniert. Deutschlandweit Maßstäbe setzte Dresden auch mit dem Bau des Klärwerks Kaditz, das 1910 in Betrieb ging. Es gehörte zu den modernsten und schönsten Deutschlands. 

Es ist kein Zufall, dass die Anlage so lange zuverlässig arbeitete. Stadtbaurat Professor Hans Erlwein hatte vor dem Bau darauf bestanden, gutes Material zu verwenden, das natürlich auch seinen hohen Preis hatte. So sollte eine lange Haltbarkeit und hygienische Sicherheit der von Klette konzipierten Anlage erreicht werden. Das zahlte sich letztlich aus.

Redakteur und Buchautor Peter Hilbert war bei den Recherchen oft im Kanal unterwegs.
Redakteur und Buchautor Peter Hilbert war bei den Recherchen oft im Kanal unterwegs. © Sven Ellger

Trotz ihres Engagements konnten die Kanal- und Klärwerksmitarbeiter zu DDR-Zeiten jedoch nicht verhindern, dass das Abwassersystem immer desolater wurde. In der Mangelwirtschaft hatte es keine Priorität. Schon 1975 war der Altstädter Abfangkanal weitgehend dicht. Die Kläranlage war damals so schlecht, dass ohnehin nur noch die groben Stoffe aus Dresdens Abwasser beseitigt werden konnten. 

Am 2. Januar 1987 kam es zur Katastrophe. Das Gebäude mit dem Feinrechen und der Hauptpumpstation im Klärwerk Kaditz wurde überflutet. Danach floss das Dresdner Abwasser fast fünf Jahre lang ungereinigt in die Elbe.
Am 2. Januar 1987 kam es zur Katastrophe. Das Gebäude mit dem Feinrechen und der Hauptpumpstation im Klärwerk Kaditz wurde überflutet. Danach floss das Dresdner Abwasser fast fünf Jahre lang ungereinigt in die Elbe. © Archiv Stadtentwässerung Dresden

Im Januar 1987 kam es dann zur Katastrophe. Beim Hochwasser wurde die Hauptpumpstation der Kaditzer Kläranlage überflutet, gleichzeitig war die Stromzufuhr aus dem Landesnetz unterbrochen. Fast fünf Jahre lang floss das Abwasser über den Auslauf des Altstädter Abfangkanals an der Flügelwegbrücke ungereinigt in die Elbe.

Die Dresdner Abwasser-Wende kam mit der politischen Wende und der Wiedervereinigung. Mit großem Krafteinsatz sanierte die Stadtentwässerung das Kanalnetz und baute das Klärwerk Kaditz aus. 

Die Faultürme sind das Herzstück der modernen Schlammbehandlung im Klärwerk. Dort wird Gas gewonnen, mit dem in Blockheizkraftwerken Strom und Wärme erzeugt wird.
Die Faultürme sind das Herzstück der modernen Schlammbehandlung im Klärwerk. Dort wird Gas gewonnen, mit dem in Blockheizkraftwerken Strom und Wärme erzeugt wird. © SZ/Peter Hilbert

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