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Letzte Chance Solarpark

Schon in den Neunzigern sollte das Alte Lager ein Industriegebiet werden. Daraus wurde bis heute nichts. Jetzt passiert etwas – doch das gefällt nicht jedem.

Von Kevin Schwarzbach
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Zeithains Bürgermeister Ralf Hänsel (parteilos) vor dem Alten Rathaus auf dem EVGZ-Gelände. Rechts von Hänsel ist ein Teil der Solarflächen zu sehen, die schon länger stehen. Nun sollen die Flächen weiter wachsen.
Zeithains Bürgermeister Ralf Hänsel (parteilos) vor dem Alten Rathaus auf dem EVGZ-Gelände. Rechts von Hänsel ist ein Teil der Solarflächen zu sehen, die schon länger stehen. Nun sollen die Flächen weiter wachsen. © Sebastian Schultz

Zeithain. Noch stehen auf der Fläche gegenüber dem Alten Rathaus in Zeithain vereinzelt Bäume. Zwischendrin wachsen Gräser und Büsche. Auch die eine oder andere Eidechse ist im Dickicht unterwegs.

Ein Bild, das es an dieser Stelle künftig nicht mehr geben soll. Das Hamburger Unternehmen Enerparc hat einen Großteil der Flächen im Alten Lager gepachtet, um sie mit Solarflächen zu bebauen. 

Rund um das Alte Rathaus stehen schon Solarfelder, auch auf der anderen Seite reihen sich die Module aneinander. Jetzt soll sich der Solarpark in Richtung Süden ausweiten. Zeithains Bürgermeister Ralf Hänsel (parteilos) geht davon aus, dass sich das Unternehmen in Zukunft nach und nach zum Eingang des Industrieparks vorarbeiten wird.

Und genau diese Erweiterung sorgt bei Umweltschützern für Kritik. Denn bevor im Alten Lager neue Solarflächen aufgestellt werden können, müssen zahlreiche Bäume fallen. Darunter die über 100 Jahre alten Eichen im Offizierspark, die laut den Umweltschützern im Idealfall noch achtmal so lange leben könnten.

 Für sie fällt mit den Bäumen nicht nur ein Naherholungsort, sondern auch ein Stück Geschichte weg. Ein Argument, das Zeithains Bürgermeister Ralf Hänsel durchaus verstehen kann. „Es ist keineswegs eine einfache Entscheidung“, sagt Hänsel, der zugleich Geschäftsführer der Entwicklungs- und Verwertungsgesellschaft Zeithain (EVGZ) ist, die das Gelände vom Freistaat gekauft hat. „Als Bürgermeister muss ich aber abwägen, welche Entscheidung im Sinne der Gesamtgemeinde Zeithain ist.“

Dass die Entscheidung am Ende zugunsten der Solaranlagen gefallen ist, hat unter anderem mit der wirtschaftlichen Situation der Gemeinde zu tun. Auch wenn sich die Haushaltssituation langsam zu entspannen scheint und die Gemeinde bis Ende 2023 schuldenfrei sein will, merkten Gemeinderäte jüngst an, dass man derzeit finanziell noch keine großen Sprünge machen könne. „Vor dem Hintergrund dessen, was wir uns noch leisten wollen und müssen, habe ich vorgeschlagen, den Weg weiterzugehen, der bereits vor 20 Jahren begonnen wurde“, sagt Ralf Hänsel.

Generell hält das Gemeindeoberhaupt die Kritik an den jetzigen Verpachtungen für verspätet. Die Entscheidung, dass die Flächen im Alten Lager bebaut werden dürfen, sei bereits vor über zwei Jahrzehnten gefallen, sagt Hänsel. Damals habe der Gemeinderat dort Großindustrie ansiedeln wollen. 

In dem Luftbild ist jener Bereich gegenüber dem Alten Rathaus rot markiert, auf dem es nun weitergehen soll. Die Fläche links vorn soll frei bleiben.
In dem Luftbild ist jener Bereich gegenüber dem Alten Rathaus rot markiert, auf dem es nun weitergehen soll. Die Fläche links vorn soll frei bleiben. © Lutz Weidler

Da auch die alten Eichen im Bereich des Bebauungsplanes liegen, also nicht explizit ausgegliedert wurden, sind sie seither latent von einer Fällung bedroht. Zwar hat der Gemeinderat Mitte Dezember die Umwandlung der Fläche von einem Industrie- in ein Gewerbegebiet beschlossen. 

Das aber hat nur die rechtliche Grundlage für die weitere Ausdehnung der Solarfelder geschaffen. Auf den grundsätzlichen Entschluss von damals habe das keine Auswirkungen, so Ralf Hänsel.

Der Zeithainer Bürgermeister hofft jetzt, dass die Gemeinde gemeinsam nach vorne blicken kann. Schließlich habe er den Gemeinderat stets mit einbezogen, und alle Entscheidungen seien einstimmig gefallen. Zudem spreche man beim neuesten Pachtvertrag über reichlich 400 000 Euro. 

Das alles sei Geld, das bei der Gesellschaft hängen bleibe und an die Gemeinde ausgeschüttet werden könne. Die ersten zwei Millionen an Pachteinnahmen hatten noch zur Refinanzierung des Kredites gedient, den die EVGZ zum Kauf der Fläche aufnehmen musste.

Nun habe man mit dem Solarpark gleich mehrere Vorteile zu bieten, meint Hänsel. Zum einen erzeugen die Solarfelder reichlich Strom. „Eine Zukunft kann auch sein, dass dieser Strom gleich vor Ort verwendet wird“, sagt er. „Diese Möglichkeit lassen wir uns nach wie vor offen, indem wir 30 Hektar unbebaut lassen.“ 

Auch andere Interessenten könnte die freibleibende Fläche neben dem Alten Rathaus anlocken. Zum anderen laufen die Pachtverträge maximal 25 Jahre, danach ist Enerparc zum Rückbau der Solarfelder verpflichtet. Dann habe Zeithain über 120 Hektar ansiedlungsreifes Gebiet parat, so Hänsel. Reichlich Platz für neue Visionen.

Doch noch ist das Zukunftsmusik. Derzeit steckt das Hamburger Unternehmen in den Vorbereitungen, um auch die Fläche gegenüber dem Alten Rathaus zu bebauen.