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Letzte Hochschule der Telekom vor dem Aus

1 500 Studienplätze in Leipzig fallen weg. Ab Herbst soll es eine Nachfolgeeinrichtung geben. Allerdings viel kleiner.

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© HFTL

Von Sven Heitkamp

Jahrelang wurde im Verborgenen über die letzte Hochschule der Telekom in Leipzig (HftL) debattiert. Anfang dieses Jahres nun versetzte der deutsche Wissenschaftsrat der großen privaten Hochschule den Todesstoß. In einer ebenso klaren wie vernichtenden Beurteilung des Expertengremiums von Bund und Ländern hieß es: „Die Prüfung hat ergeben, dass die Hochschule für Telekommunikation Leipzig den wissenschaftlichen Maßstäben einer Hochschule nicht entspricht.“ Zugleich wurde der Hochschule – ursprünglich eine Gründung der DDR-Post von 1953 – die institutionelle Akkreditierung entzogen. Seither ist die Nachwuchs-Schmiede der Telekom mit 66 Mitarbeitern ein Auslaufmodell. Neue Studenten werden in diesem Jahr nicht mehr aufgenommen. Die noch gut 1 400 eingeschriebenen Studierenden in vier Bachelor- und zwei Masterstudiengängen in Informations- und Kommunikations-Technologien sollen ihre Ausbildung indes noch mit einem ordentlichen Abschluss beenden dürfen. „Es gibt keine Einschränkungen für diejenigen, die jetzt im System sind“, betont das Wissenschaftsministerium.

Der Freistaat und die Telekom verhandeln derzeit nicht nur über die Abwicklung der 65 Jahre alten Institution, sondern auch über einen kleineren Nachfolger: An der staatlichen Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur (HTWK) – gelegen in direkter Nachbarschaft zur Telekom-Hochschule in Connewitz – soll eine neue Stiftungsfakultät zum Thema „Digitale Transformation“ entstehen. Die Telekom würde die Kosten der Stiftungsprofessuren tragen. Bis Ende April oder Anfang Mai sollen die Weichen gestellt werden, um den Studienbetrieb ab Oktober beginnen zu können. Im Gespräch sind 500 Studienplätze und damit verbunden 17 Professuren sowie rund 15 weitere Mitarbeiter-Stellen. Ein nahtloser Übergang der Professoren und Mitarbeiter von der Telekom-Hochschule auf die Stiftungsfakultät ist dabei allerdings nicht vorgesehen. Wissenschaftsministerin Eva-Maria Stange (SPD) teilt lediglich mit: „Beschäftigte der HfTL könnten sich auf entsprechende Stellenausschreibungen bei der HTWK bewerben.“

„Die Deutsche Telekom will sich auch weiterhin langfristig für Lehre und Forschung in Leipzig engagieren“, betont das Wissenschaftsministerium. Von der Bündelung der HTWK und der HfTL könnten „starke Impulse für die IT-Entwicklung Leipzigs und Sachsens erwartet werden“. Das Aus der Telekom-Hochschule war hinter den Kulissen schon seit Jahren ein Thema. Rektor Volker Saupe führte sein Amt seit 2015 nur noch kommissarisch. Seine Führungsposition war in der Vergangenheit erfolglos ausgeschrieben worden. Ab 2014 begann dann der Wissenschaftsrat seine Prüfungen. Im Ergebnis monierte das Kontroll-Gremium eine jahrelange „Umbruchsituation“ und den „Schwebezustand“ der Hochschule. Die HfTL habe „nicht zu der Stabilität gefunden, die von einer langjährig bestehenden Hochschule zu erwarten wäre“. Doch nicht nur das. Es gebe auch Verstöße gegen die Freiheit von Lehre und Forschung: Bemängelt wurden eine zu geringe Eigenständigkeit und zu wenig Gestaltungsmöglichkeiten der Leitungsebenen. Wesentliche akademische Angelegenheiten würden „außerhalb der Hochschule“ entschieden, kritisierte der Wissenschaftsrat. So habe die Telekom etwa die sehr hohen Studierendenzahlen festgelegt, die andauernd zu einer deutlichen Überlastung der HfTL geführt hätten.

Schon im April 2017 hatten der damalige Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) und Telekom-Vorstandschef Timotheus Höttges über die Zukunft der Akademiker-Schmiede verhandelt. Im Oktober kaufte dann der Freistaat die Immobilie der Telekom-Hochschule als künftigen Campus für die HTWK. Der Mietvertrag für die HfTL läuft nun nur noch bis Ende 2020. Das Ablaufdatum dürfte auch das Ende der historischen Hochschule markieren. Sie war die letzte unternehmenseigene Fachhochschule der Telekom. Nach der Privatisierung der alten bundesdeutschen Post war schon 1997 die Fachhochschule Berlin aufgelöst und im Jahr 2000 die Fachhochschule Dieburg an das Land Hessen übergeben worden.