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Fernwärme: Stadtwerke Löbau planen millionenschweren Ausbau

Die Stadtwerke Löbau investieren aktuell in den Umbau der Wärmeerzeugung und neue Netze. Was sich für die Nutzer ändert und wo es neue Anschlüsse geben wird.

Von Anja Beutler
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Das Heizkraftwerk Nord-Ost in Löbau ist mit neuer Technik künftig eine wichtige Säule für die Fernwärmeproduktion in der Stadt.
Das Heizkraftwerk Nord-Ost in Löbau ist mit neuer Technik künftig eine wichtige Säule für die Fernwärmeproduktion in der Stadt. © Matthias Weber

"Oct0pus" ist der beinahe niedliche Name für eine der größten Investitionen, die derzeit die Stadtwerke Löbau vor der Brust haben. Eigentlich verbirgt sich hinter dem Wort, das an einen Kraken erinnert, ein komplizierter, technischer Name. Aber das Bild des vielarmigen Meeresbewohners ist für das millionenschwere Vorhaben durchaus passend: Die Stadtwerke wollen die Fernwärmeleitungen in Löbau erweitern - also mit neuen Armen versehen - sodass mehr Löbauer als bisher versorgt werden können. Und damit diese "Arme" wachsen können, muss zugleich das Herzstück, die Wärmeerzeugung selbst, revolutioniert und zukunftssicher werden.

Was dabei wann und wo geplant ist, wie teuer das ist und was es für die Stadtwerkekunden heißt, hier im Überblick:

Wie erzeugen die Stadtwerke ihre Wärme künftig?

Die Stadtwerke krempeln ihre Wärmeerzeugung komplett um: Mit zwei größeren Projekten wird sich das Unternehmen bis 2027 weitgehend CO₂-neutral aufstellen. Denn ab 2026 oder 2027 werden die jetzt noch festgelegten CO₂-Steuern sich am Markt orientieren. Das kann erhebliche Auswirkungen auf den Preis bei der Strom- und Wärmeerzeugung haben, erklärt Stadtwerke-Geschäftsführer Ingo Jürs. Daher gelte es, künftig so wenig CO₂ wie technisch sinnvoll und möglich, auszustoßen.

Eines von aktuell zwei großen Umbau-Projekten der Stadtwerke ist "Oct0pus". Ein weiteres ist der Umbau des alten Heizkraftwerkes in Löbaus Nordosten, in der Georgewitzer Straße am Sitz der Stadtwerke. Hier sei man bereits auf der Zielgeraden, sagt Jürs. Statt der bislang im Wesentlichen auf der Verbrennung von Kohlestaub sowie Heizöl und Erdgas basierenden Wärmeerzeugung, stellen die Stadtwerke auf mehrere, regenerative und umweltfreundliche Komponenten um, die dann je nach Lage kostengünstig ausgesteuert werden: Neben zwei Holzpelletkesseln, Druckspeicher, Photovoltaik-Anlage, Blockheizkraftwerk und einer Luftwärmepumpe wird auch die Power-to-Heat-Technologie genutzt, wo Strom zu Wärme gewandelt wird - wie man es beispielsweise von Wasserkochern kennt.

Ganz ähnliche Komponenten sind auch beim Projekt "Oct0pus" vorgesehen. Hier wird aber die Wärme künftig nur noch am Standort des jetzigen Heizkraftwerkes in Löbau-Ost erzeugt. "Die Standorte Süd I und Süd II sowie die in einigen Häuserblocks derzeit laufenden Gasheizungen werden zurückgebaut und der Teil südlich der Bahnlinie vom Standort in Ost versorgt", sagt Ingo Jürs. Bei "Oct0pus" werden zugleich auch noch weitere Fernwärmeleitungen gebaut, sodass die derzeit vorhandenen drei separaten Netze Ost, Süd I und Süd II nicht nur erweitert, sondern außerdem zu einem Gesamtnetz zusammengeschlossen werden.

Wo gibt es neue Chancen auf einen Anschluss?

Farbig markiert hier die Entwicklung des Fernwärmenetzes in Ost, Süd I und Süd II. Dunkelrot die Trasse, die vor der Wende entstanden ist, hellrot die Jahre 1990 bis 2005, gelb die Erweiterung von 2005 bis 2023. Blau gefärbt sind die Flächen, die jetzt hi
Farbig markiert hier die Entwicklung des Fernwärmenetzes in Ost, Süd I und Süd II. Dunkelrot die Trasse, die vor der Wende entstanden ist, hellrot die Jahre 1990 bis 2005, gelb die Erweiterung von 2005 bis 2023. Blau gefärbt sind die Flächen, die jetzt hi © Stadtwerke Löbau

Bei den Planungen zum Umbau der Wärmeerzeugung, die bei den Stadtwerken seit mehr als drei Jahren konkret laufen, hat das Unternehmen Stadtgebiete ausgemacht, die neu an die Fernwärme angeschlossen werden sollen: Dazu gehört das Areal im Süden zwischen Rumburger Straße und Neue Sorge, ebenso wie die Häuser zwischen Herwigsdorfer Straße, Mühlgraben und Mozartstraße im Osten sowie ein Band zwischen Maschinenhausstraße und Äußerer Bautzener Straße. Hier, in letztgenanntem Wohngebiet, haben die Arbeiten bereits ganz praktisch begonnen: Im Juli hatten die Stadtwerke in der August-Bebel-Straße bereits neue Leitungen verlegt, derzeit sind die Bauarbeiter in der Pestalozzistraße zugange.

Auch nördlich der Bahnschienen soll es in Löbau in den kommenden drei, vier Jahren Erweiterungen geben: Ein großes Gebiet zwischen Breitscheidstraße und der Laubaner Straße - der B6 - ist hier vorgesehen.

Farbig markiert hier die Entwicklung des Fernwärmenetzes nördlich der Bahnstrecke und der B6 in Löbau. Dunkelrot die Trasse, die vor der Wende entstanden ist, hellrot die Jahre 1990 bis 2005. Blau gefärbt ist die Fläche, die jetzt hinzukommen soll.
Farbig markiert hier die Entwicklung des Fernwärmenetzes nördlich der Bahnstrecke und der B6 in Löbau. Dunkelrot die Trasse, die vor der Wende entstanden ist, hellrot die Jahre 1990 bis 2005. Blau gefärbt ist die Fläche, die jetzt hinzukommen soll. © Stadtwerke Löbau

Wie lange wird gebaut?

Das Projekt "Oct0pus" muss - mit Umbau der Wärmeerzeugung und Leitungsbau - im Jahr 2027 abgeschlossen werden. "Das ist ein sportlicher Zeitplan", sagt Geschäftsführer Ingo Jürs. Ausgebaut ist bereits der Kohlenstaubkessel am Standort des alten Heizkraftwerkes Ost. Die neuen Pelletkessel sind hier in Planung. Zwar baue man zuerst die neuen Anlagen für die Wärme- und Stromerzeugung, betont Jürs, allerdings müsse allein aus Zeitgründen parallel der Leitungsneubau starten: "Da geht es ab 2025 und vor allem 2026 in Ost, Süd I und Süd II richtig los", kündigt Jürs an. Erst am Ende des "Oct0pus"-Projektes werden die dann nicht mehr nötigen Heizanlagen in Süd I und Süd II zurückgebaut.

Hier, in der Löbauer Pestalozzistraße, wird gerade eine neue Fernwärmeleitung gebaut.
Hier, in der Löbauer Pestalozzistraße, wird gerade eine neue Fernwärmeleitung gebaut. © Rafael Sampedro/foto-sampedro.de

Was kostet es - Stadtwerke und Bürger?

Da die Stadtwerke Löbau zeitig mit den Planungen begonnen haben, haben sie günstige Fördersätze erhalten können. Allerdings sind die vor vier Jahren erstellten Kostenplanungen beispielsweise durch Ukrainekrieg und Inflation inzwischen mächtig in Bewegung geraten. Derzeit wird für "Oct0pus" mit rund 10 Millionen Euro Investitionskosten gerechnet.

Für die Abnehmer der Fernwärme wird sich ebenfalls manches ändern: "Wir haben derzeit ein historisch gewachsenes Tarif-Dickicht", skizziert Ingo Jürs die Lage. Am Ende der Umbauphase soll ein einheitliches Tarifsystem stehen. Wie die Preise konkret aussehen werden, kann er noch nicht sagen - die Kalkulation werde erst am Ende gemacht. "Aber natürlich ist so ein Umbau nicht umsonst, wir gehen davon aus, dass die Wärme zunächst etwas teurer wird", sagt er. Allerdings könne das rasch wieder umschlagen - beispielsweise, wenn sich ab 2026/27 die Regeln für die zu entrichtende CO₂-Steuer ändern und die Preise bei manchen Energieträgern kräftig steigen werden.

Hinzu komme, dass die Bürger und die großen Wohnungsgesellschaften selbst gegensteuern können: Durch Modernisierung wie Fußbodenheizungen und dem Einspeisen von Strom aus Solarthermie oder PV-Anlagen an den Häusern ins Stadtwerkesystem können sie die Preise senken. Eine entsprechende Absichtserklärung der Wohnungsgesellschaften gibt es bereits.