Sport
Merken

Wie in Eibau eine Olympiahoffnung wächst

Der Eibauer Erik Ludwig hat seine erste internationale Medaille geholt – auch mit Nervenstärke.

Von Frank Thümmler
 4 Min.
Teilen
Folgen
Auf diesem Foto befinden sich 151 Kilo über Erik Ludwig – Bestleistung im Reißen.
Auf diesem Foto befinden sich 151 Kilo über Erik Ludwig – Bestleistung im Reißen. © ISAAC MORILLAS PHOTO

Eibau. Von einer solchen Situation hat der 21-jährige Eibauer Gewichtheber Erik Ludwig immer geträumt: „Du gehst an die Hantel und weist – jetzt geht es um alles, hop oder top, Medaille oder Blech“. Vor gut einer Woche war es so weit, bei der U23-Europameisterschaft im albanischen Durres. Letzter Versuch im Stoßen, vor Erik Ludwig lagen 193 Kilogramm Eisen, acht Kilo mehr als seine bisherige persönliche Bestleistung. Sein Konkurrent um die Bronzemedaille im Zweikampf, ein Ukrainer, hatte seinen Wettkampf mit gültigen 191 Kilo beendet. Der Eibauer brauchte diese zwei Kilo mehr für seine Medaille – oder es blieb bei einem Fehlversuch Platz vier.

„Am Ende haben sich die 193 Kilo irgendwie leicht angefühlt. Ich war so voller Adrenalin. Ich glaub, in diesem Moment hätte ich auch zwei, drei Kilo mehr geschafft“, sagt die Eibauer Nachwuchshoffnung im Rückblick. Als er die Hantel nach dem Ab-Zeichen des Kampfrichters fallen ließ, der Versuch gültig gegeben wurde, wusste er erstmal nicht so recht, was jetzt passiert war, sah aber die Jubelsprünge seiner mitgereisten Mutter und seines Trainers Thomas Faselt auf der Tribüne. „Erst dann ist alles abgefallen, und plötzlich war ich auch kaputt“, erzählt er.

Mit dieser Medaille – die beiden Ersten in der Konkurrenz waren noch außer Reichweite – hatten Erik Ludwig und sein Trainer im Vorfeld nicht wirklich gerechnet, auch angesichts der gemeldeten Vorleistungen der Konkurrenten. Dazu kam in der unmittelbaren EM-Vorbereitung noch eine Erkältung, die sicherlich noch ein paar Körner gekostet hatte. „Schon mit dem Reißen war ich ziemlich zufrieden, habe dort ganz sicher eine neue Bestleistung von 151 Kilo geschafft“, sagt Erik Ludwig.

Erik Ludwig mit Bronzemedaille und der superstolzen Mama.
Erik Ludwig mit Bronzemedaille und der superstolzen Mama. © ISAAC MORILLAS PHOTO

Mit drei Kilo mehr im letzten Reißversuch griff der Eibauer danach schon in der eigentlich eher ungeliebten Teildisziplin den dritten Platz an. „Ich hatte die 154 Kilo schon oben, hatte sie aber nicht ganz zentriert über meinem Schwerpunkt, musste zwei Schritte nach vorn machen und bin dabei gestolpert. Ich hätte nie gedacht, dass ich schon so nah dran bin an dieser Last“, sagt er. Beides, dieser so knapp gescheiterte Versuch im Reißen als auch die gefühlte Reserve im Stoßen machen Hoffnung, dass es weitere Steigerungen geben könnte.

Die EM-Bronzemedaille in der Gewichtsklasse bis 96 Kilogramm ist der bislang größte Erfolg des Eibauer Gewichthebers. So nebenbei sichert ihm die Zweikampfleistung auch eine „Hochstufung“ seines Kaderstatus‘. Erik Ludwig ist nun „Perspektivkader“ des Deutschen Gewichtheberbundes. Diesen Rang erhalten diejenigen Stemmer, denen in ihrer Karriere eine Olympiateilnahme zugetraut wird. Paris 2024 käme für den jungen Eibauer zwar wohl noch zu früh, aber um 2028 will er kämpfen.

Mit dieser Motivation wird der Eibauer weitertrainieren, bei Thomas Faselt in Görlitz. Hier ist er nach dem Abschluss seiner Ausbildung im September bei der Polizei angestellt, trainiert aber im Wesentlichen wie ein Vollprofi. 300 Stunden im Jahr leistet der junge Mann beim Kriminaldienst ab, kann sich ansonsten komplett auf den Sport konzentrieren. „Der Polizei in Görlitz muss ich aus Sicht des Trainers mal ein dickes Lob aussprechen, wie sie auch schon während der Ausbildung immer Rücksicht auf Eriks Leistungssport genommen haben. Das war nicht selbstverständlich“, sagt Thomas Faselt. Und Erik Ludwig fühlt sich gut aufgehoben. „Ich habe von vielen Kollegen eine WhatsApp erhalten mit Glückwünschen“, sagt er erfreut.

Bis zu zehn Dopingkontrollen im Jahr

Um ein Thema kommt man allerdings nicht herum, wenn es um Gewichtheben auf internationalem Niveau geht: Die olympische Zukunft des Gewichthebens ist wegen der Dopingvergangenheit des Sports infrage gestellt, die Teilhabe der Traditionssportart an den Spielen 2028 in Los Angeles noch nicht ganz sicher. Reformen werden vom IOC gefordert. „Was sich derzeit tut, geht, so glaube ich, schon in die richtige Richtung“, sagt Erik Ludwig, der als Kadersportler pro Jahr so ungefähr sechs- bis zehnmal kontrolliert wird.

Weil das bislang nicht überall auf dieser Welt so war, konnte man in der Vergangenheit nie von einer wirklichen Chancengleichheit sprechen. „Man muss natürlich auch sehen, dass Gewichtheben in manchen Ländern viel mehr Volkssport als bei uns ist, die Zahl der Talente dort einfach größer ist“, sagt Erik Ludwig. Bessere Kontrollen überall, so weiß er aber auch, erhöhen auch die Chancen für ihn persönlich.

Erstmal aber hat der Eibauer andere Gedanken – endlich Urlaub, am Strand in Ägypten. Bewundernde Blicke auf seine Muskelpakete dürften ihm sicher sein.