Steinernes Gold aus einem kleinen Bruch

SZ-Leser Fährmann aus Oberseifersdorf ist sich sicher: In Strahwalde gab es eine Art kleinen Tagebau, in dem wertvolles Material gewonnen wurde. Ja, den gab es wirklich. Konkret handelte es sich um einen Syenit-Steinbruch. Syenit ist ein granitähnliches Gestein, das sehr hart und politurfähig ist und deshalb besonders an Fassaden und als Zierstein zum Einsatz kommt. Auch für Solbänke und Fußbodenplatten sowie als Pflasterstein ist es verwendbar.
Wenn man so will, lag also in Strahwalde steinernes Gold. Es wusste zunächst nur keiner. Darauf aufmerksam wurde nach den Erzählungen des Stahwalders Curt Günter vor einigen Jahrzehnten der Bauer Hermann Nikolaus. Ihn nervten die auf seinem Feld unweit der Herwigsdorfer Straße herausragenden Findlinge, weil er sich damit den Pflug kaputt machte. Nun ergab sich die glückliche Fügung, dass der Schwiegersohn des Bauern Steinmetz im privaten Steinbetrieb Weiß in Löbau war. Er veranlasste, dass das Gestein genauer geprüft wurde. Das Ergebnis war eindeutig: Hier lohnte es sich abzubauen. Etwa Anfang der 1960er Jahre war es soweit, dass die Firma Weiß dort einen regulären Steinbruch eröffnen konnte. Mit der Verstaatlichung wurde er zum Betriebsteil des VEB Lausitzer Granit.
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Petra Neugebauer wohnt nicht weit davon. Sie widmet sich in Strahwalde der Ortschronik und hat versucht, die Geschichte des Bruchs und auch den Arbeitsalltag dort zu dokumentieren. Der Steinbruch gehörte nicht zu den Großen, aber, wie bereits angedeutet, zu den Wertvollen. „Stücke, die nichts wert waren, wurden gleich vor Ort aussortiert und kamen in eine nahe gelegene Sandgrube“, erinnert sich Frau Neugebauer. Die guten Blöcke aber wurden an seinerzeit hochkarätigen Objekten verbaut, so am Gebäude des Rates für Gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) in Moskau oder am Palast der Republik in Berlin. Ihr Mann Peter Neugebauer glaubt zu wissen, dass es meist nicht mehr als drei Kollegen waren, die hier nach einem festen Rhythmus arbeiteten: einen Tag Bohren, einen Tag Sprengen, einen Tag Abfahren. „Früh um 9 Uhr gingen die Arbeiter in den Konsum frühstücken, um 12 Uhr zum Mittagessen in den „Grünen Baum“, erzählt die Ortschronistin. Zum Verladen der Brocken diente ein einfacher Gittermastkran. Ohne schwere Lkw ging es nicht, so dass die obere Dorfstraße schwer in Mitleidenschaft gezogen wurde.

Da die Zufahrt über ein Privatgrundstück verlief, war der Betrieb daran interessiert, es zu erwerben. Das gelang aber erst nach dem Tode des Grundstückbesitzers, obwohl man ihm Austauschland angeboten hatte. Und Mitte der 1980er Jahre hegte Lausitzer Granit Erweiterungspläne. Doch die erwiesen sich als nicht wirtschaftlich. Das verwertbare Gestein lag zu tief. 1992 wurde der Steinabbau eingestellt. Zum Verfüllen wurde er noch einige Zeit als Deponie genutzt. „Das ruinierte die Dorfstraße vollends, so dass sie grundhaft ausgebaut werden musste“, berichtet Petra Neugebauer. Inzwischen ist von dem kleinen, aber feinen Steinbruch kaum noch etwas zu sehen. Ihm widerfuhr dasselbe Schicksal wie vielen anderen in der Oberlausitz.