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Löbauer Familie trifft sich bei Skype

Frieder und Karin Schönlebe leben in Löbau, ihre Enkel in Australien – das hat auch gute Seiten, finden sie.

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© Matthias Weber

Von Anja Beutler

Die große Wanduhr in Schönlebes Stube gongt laut. Um 17.30 Uhr ist der Feierabend bei der Löbauer Familie angebrochen – Freizeit für Karin und Frieder Schönlebe. Ihre 36-jährige Tochter Andrea anzurufen oder mit den Enkeln zu sprechen oder gar zu spielen, kommt für die beiden allerdings nicht infrage. Denn sie schlafen gerade – in Australien ist es mitten in der Nacht, gerade einmal 1.30 Uhr. Dass sie einmal ihre Enkel vornehmlich über den Internettelefondienst Skype sehen und hören werden, hätten sie sich beide nie träumen lassen. Klar wurde das dem Ehepaar erst, als ihre Tochter vor elf Jahren endgültig nach Australien ging. Sie und ihr heutiger – australischer – Mann Adam hatten in Deutschland versucht, gemeinsam ins Leben zu starten. Doch die Job-Chancen waren in Australien ungleich besser. Heute leben sie in Brisbane, Tochter Andrea arbeitet inzwischen im Umweltministerium.

Auch wenn die Großeltern die fünfjährige Hannah und den einjährigen James nicht mal einfach in den Arm nehmen oder ihnen ein Eis ausgeben können – wie es andere Großeltern eben tun – Karin und Frieder Schönlebe sind durchaus im Reinen mit den Möglichkeiten, die sie haben. „Wir sehen uns jeden Sonnabend am Computer und telefonieren auch sonst, wenn es etwas Wichtiges gibt“, betont Karin Schönlebe. Natürlich zehre man besonders von den gegenseitigen Besuchen. Sechs Wochen war die deutsch-australische Familie vor Kurzem in der Oberlausitz – eine wunderbare Zeit für alle. „Wir haben viel unternommen, die Kinder haben ganz selbstverständlich mit den Nachbarskindern gespielt“, erzählt Frau Schönlebe, die in Löbau bei der Stadtverwaltung arbeitet.

Während die Kinder bei Oma und Opa ihr Deutsch schulen, lernen die Großeltern umgekehrt nun immer mehr Englisch: „Wir haben die Sprache in der Schule ja nicht gelernt, ein bisschen konnte man schon, aber dass ich heute auf dem Flughafen in Singapur einfach mit fremden Leuten oder den australischen Schwiegereltern plaudern kann, das ist schon was“, sagt Frieder Schönlebe. Zweimal haben er und seine Frau die Tochter inzwischen in Australien besucht, sie sind fasziniert von Land, Natur und Menschen.

Insofern habe sich für die Löbauer Familie mit Reisen und dem Erlernen von Neuem durchaus schon das erfüllt, was sich viele für ihr Leben vornehmen. Bei der SZ-Generationenumfrage antworteten zwei Drittel aller Teilnehmer aus Löbau und den Verwaltungsgemeinden, sie würden gern Zeit für die Hobbys haben, im Zittauer Gebirge – speziell Großschönau, Hainewalde, Seifhennersdorf und Leutersdorf – sind es gar 70 Prozent. Neues zu erlernen, wünschen sich bei den Löbauern und Zittauern immerhin etwa 20 Prozent, in Oderwitz, Ostritz und Mittelherwigsdorf nimmt sich das sogar ein Viertel vor. Unangefochten an der Spitze steht aber überall der Wunsch, mehr Zeit mit Kindern und Enkeln zu verbringen. Eine Zustimmung um die 73 Prozent gaben hier die Befragten aus Ebersbach-Neugersdorf, aber auch vom Eigen und aus Herrnhut. Und auch die Löbauer liegen bei diesem Wunsch bei knapp 70 Prozent.

Schönlebes, die mit 60 und 61 Jahren noch berufstätig sind, schließen sich dem durchaus an, sagen aber auch: „Trotz der Entfernung haben wir zu unserer Tochter und ihrer Familie ein so inniges Verhältnis wie nie zuvor“, beschreibt es Karin Schönlebe. Alltagsärger, Stress, Hektik – das alles bleibt außen vor, das habe man eben nicht, ergänzt ihr Mann. „Wenn ich manchmal sehe, dass Familien, die Wand an Wand wohnen, nicht mehr miteinander sprechen, dann tröstet mich das über die Entfernung hinweg“, sagt Frau Schönlebe.

Geschenke machen die Großeltern natürlich auch gern – aber auch hier ist manches anders: „Bis zwei Kilo kostet die Post 17 Euro, ab zwei Kilo 56 Euro“, erklärt Frieder Schönlebe. Eine Lieferzeit von zwei bis vier Wochen sei zudem einzukalkulieren. „Wir fragen deshalb genau, was sie brauchen“, erklärt der Löbauer Opa. Gut angekommen ist übrigens ein Internetradio mit einprogrammiertem Sender: „Meine Enkelin rief mir dann freudig beim Telefonieren zu: Opa, wir hören Radio Lausitz“, erzählt er. Das hat Opa, der auch beruflich mit Technik zu tun hat, sehr gefreut. Es ist eben wieder ein Stück Gemeinsamkeit – auch wenn seine Enkeltochter vor allem dem Nachtprogramm lauscht.