London - Großbritannien zieht bis zum Jahresende etwa 1.000 seiner rund 5.500 Soldaten aus dem Irak ab. Das gab der britische Premierminister Gordon Brown am Dienstag in Bagdad bei einem Treffen mit dem irakischen Regierungschef Nuri al-Maliki bekannt. Der Auftrag der verbleibenden 4500 britischen Soldaten werde sich mit der Übergabe der Kontrolle an die Iraker „von einem Kampfeinsatz zu einem Überwachungseinsatz“ verändern, erklärte Brown bei seinem ersten Irak-Besuch als britischer Regierungschef.
Die Reduzierung der Truppenstärke auf etwa 4.500 Soldaten werde dadurch möglich, dass Großbritannien innerhalb der nächsten acht Wochen die Kontrolle über die Erdölprovinz Basra vollständig an den Irak übergibt. Bereits Anfang September hatten die Briten ihr Hauptquartier in der Stadt Basra aufgegeben und sich auf einen Stützpunkt in der Nähe des Flughafens zurückgezogen. Al-Maliki sagte nach der Unterredung mit Brown, die aus Sicherheitsgründen zuvor nicht angekündigt worden war, die irakischen Streitkräfte würden in den kommenden zwei Monaten die komplette Verantwortung für Basra übernehmen.
Zweifel an der Fähigkeit der irakischen Armee
Britische Militärexperten äußerten Zweifel an der Fähigkeit der irakischen Armee, die Provinz zu sichern. Auch der frühere irakische Ölminister Ibrahim Bahr al-Ulum hält den Schritt für verfrüht. Der Deutschen Presse-Agentur dpa sagte er in Bagdad: „Ich bin überzeugt, dass es zu früh ist, über den Rückzug einer größeren Zahl von britischen Soldaten zu sprechen, weil die irakischen Truppen noch nicht wirklich bereit sind.“
Brown traf in Bagdad auch mit dem Kommandeur der US-Streitkräfte, General David Petraeus zusammen, ehe er zu den britischen Soldaten nach Basra flog. Nach Angaben eines BBC-Korrespondenten in Bagdad hatte die britische Regierung ursprünglich deutlich mehr als 1000 Soldaten abziehen wollen. Auf Drängen der USA habe London davon Abstand genommen. Brown will sich am kommenden Montag im Unterhaus zur Lage im Irak und zu möglichen weiteren Truppenreduzierungen im kommenden Jahr äußern.
„Wir werden unsere Verpflichtungen gegenüber dem irakischen Volk und der internationalen Gemeinschaft erfüllen“, betonte Brown nach dem Gespräch mit al-Maliki. Zugleich lobte er den Einsatz der britischen Soldaten für „Demokratie im Irak“. „Ich bin sehr stolz auf das, was unsere Soldaten hier erreichen. Ich glaube, dass sie mit großem Mut und großer Professionalität handeln.“ Brown kündigte die Schaffung und finanzielle Unterstützung einer neuen Agentur für Investitionen und Entwicklung an, die den Wiederaufbau im Irak fördern soll.
Opposition: Browns Irak-Besuch ist „Fotogelegenheit“
Die Opposition in Großbritannien bezeichnete Browns Irak-Besuch als „Fotogelegenheit“. In Wirklichkeit sei die Regierung daran schuld, dass die Armee nicht gut genug ausgerüstet und mit den Aufgaben im Irak und Afghanistan überfordert sei, erklärte der militärpolitische Sprecher der Konservativen Partei, Liam Fox. Allerdings sagte der Parteivorsitzende David Cameron am Rande des Kongresses der Konservativen in Blackpool, er unterstütze die Heimkehr der Soldaten.
Die Provinz Basra im Süden des Iraks ist neben Kirkuk im Norden das wichtigste Fördergebiet der irakischen Ölindustrie. Zwischen Juli 2006 und April 2007 hatte London bereits die Kontrolle in drei an Basra grenzende Provinzen, in denen britische Truppen stationiert waren, an die Iraker übergeben. Bisher sind seit dem Beginn der Irak- Invasion 169 britische Soldaten ums Leben gekommen. (dpa)