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Luxemburg will kein Steuerparadies mehr sein

Luxemburg hat immer bestritten, ein Steuerparadies zu sein. Nun ist so gut wie entschieden: Konten in Luxemburg werden nicht länger vor den Behörden anderer Staaten abgeschirmt.

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© dpa

Von Dieter Ebeling, dpa

Luxemburg. Wieder wird eine Bastion des Bankgeheimnisses in Europa geschleift. Die Mitteilung von Luxemburgs Finanzministers Luc Frieden, das Großherzogtum gebe den bisher erbitterten Widerstand gegen die automatische Weiterleitung von Bankdaten ins Ausland auf, markiert nicht nur für den Finanzplatz Luxemburg eine Zeitenwende. Alles deutet darauf hin, dass der luxemburgische Sinneswandel auch anderswo Folgen für Anleger von Schwarzgeld haben könnte - etwa in Österreich und in der Schweiz.

Luxemburg hatte sich 2009 - ebenso wie Wien und Bern - bereiterklärt, bei Verdacht auf Steuerhinterziehung oder andere Straftaten im Einzelfall ausländischen Behörden Auskunft über Bankguthaben zu geben. Eine automatische Weitergabe von Bankdaten ausländischer Anleger an deren Heimat-Behörden gab es jedoch nicht. Stattdessen führte Luxemburg eine Pauschalsteuer auf Zinseinnahmen in Höhe von 35 Prozent ein. Von dieser wurden 75 Prozent in die Heimat des Anlegers überwiesen, ohne Nennung des Namens allerdings. Das restliche Viertel blieb in der luxemburgischen Staatskasse.

«Der internationale Trend geht zu einem automatischen Informationsaustausch. Den lehnen wir, anders als früher, nicht mehr strikt ab», formulierte Frieden jetzt in der «Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung». Luxemburg baue nicht auf Kunden, die Steuern sparen wollten. Schon zuvor hatte Regierungschef Jean-Claude Juncker gesagt, es gehe seinem Land «nicht darum, unversteuertes Geld anzulocken». Die Zukunft des Finanzplatzes Luxemburgs dürfe nicht vom Bankgeheimnis abhängig sein: «Denn das Bankgeheimnis wird verschwinden.»

Der Abschied vom Luxemburger Bankgeheimnis hat mit den aktuellen Medien-Enthüllungen über globale Schwarzgeld-Paradiese wenig zu tun - auch wenn Politiker in Luxemburg stets verärgert darauf reagieren, wenn ihr Land als Steuerparadies bezeichnet wird. Die Stichwörter für den Sinneswandel im Großherzogtum mit gut 500 000 Einwohnern lauten vielmehr Zypern und USA.

In Luxemburg schrillten sämtliche Alarmglocken, als vor allem aus Deutschland Kritik am «Geschäftsmodell» Zyperns geäußert wurde. Der Bankensektor des Mittelmeereilands sei siebenmal so groß wie die Wirtschaftsleistung Zyperns. Er müsse geschrumpft werden. In Luxemburg, wo die Bilanzsumme von 141 Banken mit 741 Milliarden Euro sogar 22 mal so groß ist wie das Bruttoinlandsprodukt, kamen solche Äußerungen gar nicht gut an.

«Es gibt keine Parallelen zwischen Zypern und Luxemburg, und wir lassen uns auch keine Parallelen aufzwingen», sagte Juncker. Und sein Außenminister Jean Asselborn polterte: «Das ist kein Humor. Das ist etwas, wo man sich in Berlin wirklich sehr gut überlegen sollte, wie man hier verschiedene Länder trifft.» Luxemburg verweist darauf, dass das Land anders als Zypern nicht von einigen wenigen Banken abhängig sei. Und darauf, dass das Verhältnis von Eigenmitteln zu Risiken mit 17 Prozent um zehn Prozentpunkte höher als in Zypern liegt.

Noch größer als die Sorge, mit Zypern in eine Schmuddelecke gestellt zu werden, dürften aber Zwänge sein, die von den USA ausgehen. Noch in diesem Jahr will Luxemburg mit den USA ein Abkommen über die Bekämpfung von Steuerflucht (Foreign Account Tax Compliance Act/FATCA) abschließen. Washington verlangt mit der ganzen Wucht seiner politischen und wirtschaftlichen Macht die automatische Übermittlung von Bankdaten. Dank einer neuen EU-Amtshilferichtlinie und einer darin enthaltenen Meistbegünstigungsklausel muss Luxemburg ein solches Zugeständnis für die USA auch den EU-Partnern machen.

«Wir werden mit dem Schaden leben müssen», sagt der Geschäftsführer des luxemburgischen Bankenverbandes, Jean-Jacques Rommes. Betroffen sind aber auch die stillen Verbündeten Luxemburgs in der Steuerdebatte der EU: Österreich steht innerhalb der EU jetzt im Kampf gegen den automatischen Datenaustausch mit den Finanzbehörden ganz alleine. «Es ist kaum vorstellbar, dass Österreich als einziges Land die Zinsbesteuerungsrichtlinie der EU blockiert», sagte eine Sprecherin der EU-Kommission am Montag. Und auch der politische Druck auf die Schweiz ist mit der Luxemburger Wende deutlich gestiegen. (dpa)