Von Michaela Widder
Es liegen gerade mal sieben Monate zwischen Trainerverpflichtung und Hiobsbotschaft. Der Ort ist wieder ein Wirtshaus in Dresden-Altmickten, doch diesmal sind die Mienen der Verantwortlichen beim CHV Dresden versteinert. „Das ist kein guter Tag für den Männer-Volleyball in Dresden“, sagt Geschäftsführer Jan Pretscheck. Er musste gestern Insolvenz für die Bundesliga-Mannschaft anmelden.
Auf Anraten seines Anwaltes äußerte sich Pretscheck nicht zu den Hintergründen, gab stattdessen das Wort an einen Hauptsponsor und Aufsichtsratmitglied weiter: „Das Geld wäre da gewesen, das Projekt scheitert an menschlicher Borniertheit“, sagte Elbepark-Chef Gordon Knabe. SZ beantwortet die entscheidenden Fragen zur Situation.
Was ist bei den Volleyballern vom CHV Dresden passiert?
Geschäftsführer Jan Pretscheck hat gestern Morgen beim Amtsgericht Dresden Insolvenzantrag gestellt, weil die Spielbetriebs-GmbH nicht mehr liquid ist. „Es hat nichts mit der sportlichen Situation zu tun, sondern mit dem Ausbleiben von Sponsorengeldern“, sagt Pretscheck. Gehälter für Spieler, Trainer und Geschäftsführer können in diesem Monat schon nicht mehr bezahlt werden. Grund ist der Ausstieg des Namenssponsors Cloud & Heat sowie weiterer vier großer Sponsoren.
Was sind die Hintergründe für den plötzlichen Ausstieg?
Hintergrund sind die Querelen zwischen Stammverein und GmbH, die sich in den vergangenen Wochen massiv zugespitzt haben. Ausgangspunkt ist die Kündigung der Lizenzvereinbarung für 2015/2016 seitens des Vereins. Dieser sollte für die kommende Saison neu verhandelt werden – bislang ohne Einigung. Treffen wurden laut Aufsichtsrat immer wieder verschoben, Mails nur spärlich beantwortet. Doch ohne gültigen Lizenzvertrag fehlen den Sponsoren die Sicherheit und die Perspektive für die erste Liga. „Unser Sponsoring ist auf eine mittel- und langfristige Zusammenarbeit ausgelegt. Wir hatten Vertrauen in das Projekt und wollten mit beiden Geschäftsführern zusammenarbeiten“, erklärt Marcel Schretzmann, Geschäftsführer von Cloud&Heat. Sein Unternehmen sollte das Bundesliga-Team mit einem sechsstelligen Betrag über zwei Jahre unterstützen.
Darf ein Sponsor mitten in der Saison kündigen?
Ja. Der Namensgeber hat von einem Sonderkündigungsrecht Gebrauch gemacht. „Wir haben prüfen lassen, dass unser Vertrag nichtig ist“, erklärt Schretzmann und nennt die für ihn entscheidenden Kriterien: Erstens hat der Sponsoringvertrag nur Gültigkeit für die 1. Liga. Doch ohne Lizenzrecht für die kommende Saison fehle die Arbeitsgrundlage, sagt er. Zweitens sei der Vertrag an die beiden Geschäftsführer Matthias Broda sowie Pretscheck gebunden. Broda war aber nach unüberbrückbaren Differenzen am 15. November zurückgetreten. „Das hat das Fass zum Überlaufen gebracht“, sagt Schretzmann.
Warum birgt der Lizenzvertrag so viel Konfliktstoff?
Der Verein und der ausgegliederte Spielbetrieb, also die Bundesliga-Mannschaft, verfolgen unterschiedliche Ziele. Es ist offensichtlich, dass auch persönliche Probleme und Vereinsmeierei dabei eine Rolle spielen. Die GmbH ist aber auf den Verein angewiesen, zumindest, wenn es um die Lizenz geht. In dem Vertrag ist einer der Hauptstreitpunkte eine Bürgschaft in Höhe von 32 000 Euro. Die will der Verein für den Fall, dass man in der Bundesliga pleitegeht, festgeschrieben haben. Das ist jene Strafe, die der Verein bei einer Insolvenz und damit einem Rückzug aus dem Spielbetrieb bezahlen müsste.
Wird die Mannschaft am Samstag ihr Auswärtsspiel bestreiten?
Das ist unklar. Die Mannschaft wurde erst gestern Nachmittag kurz vor der Pressekonferenz informiert und war sichtlich geschockt. Ein offizielles Statement wollte keiner der Spieler abgeben. Der Mannschaft wurde freigestellt, ob sie weitertrainiert. Am Samstag hat der Tabellenletzte ein Auswärtsspiel in Düren und wird dort wahrscheinlich auch antreten. Dafür wird der Verein nun selbst Busse einsetzen. Geschäftsführer Pretscheck darf in der jetzigen Situation keine Bestellungen auslösen, sprich, auch keinen Bus mehr bestellen.
Wird die Volleyball-Bundesliga dem Verein die Lizenz entziehen?
Der Vorstand der Volleyball-Bundesliga (VBL) wird in engem Kontakt mit dem Lizenznehmer VC Dresden prüfen, ob eine Fortführung des Spielbetriebs für den Rest der Saison möglich ist. Dazu wird dem Verein bis Beginn nächster Woche die Möglichkeit einer Anhörung gewährt. Zudem muss der VC Dresden dafür sorgen, dass die Mannschaft am Samstag in Düren antritt. Ansonsten droht der Lizenzentzug. „Vor dem Hintergrund, dass die Lizenzmannschaft im Lizenzierungsverfahren die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ausführlich und einwandfrei dargelegt hatte, ist es bedauerlich, dass es durch den Ausfall von vertraglich vereinbarten Sponsoren-Zahlungen zu diesem Schritt gekommen ist“, sagt Marc Wittmann, Vorsitzender des Lizenzierungsausschusses bei der VBL.
Was sagt der Vereinsvorstand zu der Insolvenz?
„Wir sind über die Insolvenz verwundert“, sagt der Vorsitzende Jens Drummer und meint: „Wir standen in Verhandlung und die wurden einseitig von der Geschäftsführung abgebrochen. Wir hoffen auf die Unterstützung der Förderer und Freunde des VC Dresden, dass sie die Lösung mit uns zusammen möglich machen.“ Kommentar