Zittau
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Erinnern, versöhnen, Zeichen setzen

Am 20. September soll es einen "Marsch des Lebens" in Zittau geben. Historische, aber auch aktuelle Ereignisse spielen dabei eine entscheidende Rolle.

Von Jan Lange
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Pastor Johannes Weiß vor dem Zittauer Theater, wo der "Marsch des Lebens" starten soll und bis zum Dreiländereck führen wird.
Pastor Johannes Weiß vor dem Zittauer Theater, wo der "Marsch des Lebens" starten soll und bis zum Dreiländereck führen wird. © Matthias Weber/photoweber.de

Es sind schreckliche Tage vor 75 Jahren gewesen: Kurz vor dem Kriegsende haben die Nazis noch zahlreiche Greueltaten begangen. In den KZ-Lagern wurden Hunderte Insassen umgebracht, andere KZ-Häftlinge starben auf den sogenannten "Todesmärschen" und angebliche Wehrmachts-Deserteure wurden erschossen. Auch die Zittauer Region blieb davon nicht verschont. So ermordete die SS in der KZ-Außenstelle Zitt-Werke mindestens 266 Häftlinge. Auch "Todesmärsche" gab es: SS-Leute trieben Kolonnen von KZ-Häftlingen über Niederoderwitz, Spitzkunnersdorf und Großschönau nach Westen.

Diese schrecklichen Taten sind heute kaum mehr bekannt. Auch, dass es in der Nähe von Zittau eine KZ-Außenstelle gab, ist vielen nicht bewusst. Mit dem "Marsch des Lebens" am 20. September soll daran erinnert werden. Die Idee entstand bereits vor zwei Jahren, berichtet Johannes Weiß, Pfarrer der Elim-Gemeinde Zittau. Bei der damaligen Israel-Konferenz gab es auch einen Vortrag über die Zitt-Werke und das dortige Gefangenenlager. In dessen Folge wurde der Gedanke entwickelt, einen "Marsch des Lebens" - sozusagen als Gegenstück zu den "Todesmärschen" - zu initiieren. "Einem Freund aus Herrnhut lag diese Idee sehr am Herzen", erzählt Weiß. 

Nun ist das Vorhaben umgesetzt. Einen letzten Anstoß habe auch das Attentat von Halle gegeben, meint Weiß. Denn der Marsch soll nicht nur an Ereignisse vor 75 Jahren erinnern und mit der damaligen Geschichte versöhnen, er richtet sich auch gegen den aktuell wieder aufkeimenden Antisemitismus. Gegen diese Tendenzen soll ein Zeichen gesetzt werden.

Idee geht auf eine Initiative aus Tübingen zurück

Der "Marsch des Lebens" ist keine neue Idee der Zittauer. Sie geht auf eine Initiative eines christlichen Hilfswerkes aus Tübingen zurück. Gemeinsam mit Nachkommen der "Tätergeneration" wurden Gedenk- und Versöhnungsmärsche an Orten des Holocaust veranstaltet.

Auch Zittauer Christen haben sich bereits mit der Geschichte während der Nazi-Diktatur beschäftigt, erklärt Johannes Weiß. So haben vor einigen Jahren Christen aus verschiedenen Gemeinden Orte im Zittauer Gebirge besucht, wo der Großmufti von Jerusalem, Hadji Mohammed Amin al-Husseini, gelebt hatte. Der Großmufti war ein Freund Adolf Hitlers, beide verband der Hass gegen Juden. "Auch die Stelle in Sieniawka, wo Frauen als Zwangsarbeiterinnen interniert waren, wurde aufgesucht", sagt Weiß.

Auch Tschechen und Polen dabei

Die polnische Seite ist auch diesmal eingebunden. Von Sieniawka marschieren einige Teilnehmer bis zum Zittauer Theater. Dort treffen sie auf die deutsche Gruppe. Zusammen führt der Marsch dann bis zum Dreiländerpunkt. An dieser Stelle wird auch eine tschechische Gruppe dazu stoßen, die in Chrastava startet. In Chrastava (Kratzau) befand sich ebenfalls ein Außenlager des KZ Groß-Rosen. "Ich hätte nicht gedacht, dass es so international wird", freut sich Johannes Weiß.

Der Treffpunkt der deutschen und polnischen Teilnehmer am Zittauer Theater ist auch nicht ohne Grund ausgewählt worden. Der damalige "Todesmarsch" vom KZ Groß-Rosen führte auch am Theater vorbei, im kalten Saal des Theaters übernachteten die Häftlinge. Deshalb startet der Hauptmarsch auch hier und führt bis zum Dreiländerpunkt.

Johannes Weiß rechnet mit etwa 50 bis 150 Teilnehmern. "Es kommt gar nicht sehr auf die Größe an. Wichtig ist es, ein Zeichen zu setzen", findet der Pfarrer der Elim-Gemeinde.

Den Ablauf "Marsch des Lebens" finden Sie hier.

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