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Kinderpornos auf dem Rechner

Der Angeklagte aus Meißen ist einschlägig vorbestraft. Verurteilt wird er diesmal nicht. Denn es gibt eine Überraschung.

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© dpa

Von Jürgen Müller

Meißen. Regungslos, wie versteinert sitzt der 51-jährige Meißner auf der Anklagebank neben seinem Verteidiger. Haare und Kleidung ungewaschen, der angegraute Vollbart ungepflegt. Während die Staatsanwältin eine halbe Stunde lang die Anklageschrift verliest, hebt er nicht ein einziges Mal den Blick. Dass er sich schämt, wäre nur allzu verständlich. Was er getan hat, ist widerwärtig. Doch ist es wirklich Scham oder doch irgendwie Gleichgültigkeit?

Dem 51-jährigen gebürtigen Magdeburger werden der Besitz und das Verbreiten von Kinderpornografie vorgeworfen, und zwar von der übelsten Sorte, wenn man da überhaupt eine Differenzierung vornehmen möchte. Bei einer Wohnungsdurchsuchung wurde auf dem Rechner des Mannes insgesamt rund vier Millionen Bilder gefunden, davon mehr als 1 000 Fotos und Videos mit übelster Kinderpornografie. Die meisten dieser Dateien stammen offenbar aus dem asiatischen Raum. Detailliert wird in der Anklageschrift aufgeführt, was auf den Fotos und Videos zu sehen ist. Dazu nur soviel: Sehr oft sind Mädchen zwischen sechs und acht Jahren, aber auch Dreijährige zu sehen, die schwer sexuell missbraucht werden, aber auch dreijährige Jungen. Insgesamt 194 Fälle listet die Staatsanwältin akribisch auf.

Von seinem Verteidiger lässt der Angeklagte erklären, dass alle Vorwürfe zutreffen. Diesmal streitet er nichts ab. Das war nicht immer so. Schon einmal stand er wegen des Besitzes und des Verbreitens kinderpornografischer Schriften vor Gericht. Damals hatte er behauptet, er sei Privatdetektiv und auf der Suche nach Kinderschändern im Internet gewesen. Diesen Unsinn erzählt er zwar diesmal nicht, versucht sich aber dennoch, herauszureden. „Ich wusste teilweise gar nicht, was ich da herunterlade, habe mir die Dateien gar nicht angesehen. Ich lade es runter, speichere ab und dann Schluss“, sagt er. Der Vorsitzende Richter des Schöffengerichtes hält das für ziemlich unwahrscheinlich. Schon an den Dateinamen sei für einen, dem Kinderpornografie ja nicht fremd ist, zu erkennen, was darauf zu sehen ist.

Der Mann ist sozial völlig isoliert. Er hat keine Frau, keine Kinder, keine Verwandten, keine Bekannten, keine Freunde. Zudem ist er erwerbsunfähig. Das Haus verlässt er nur zum Einkaufen. Schon kurz nach dem Aufstehen geht der Fernseher an und gibt es Schnaps. „Außer dem Fernseher und dem Computer habe ich doch nichts“, sagt er. Und bei der Wohnungsdurchsuchung sei ihm alles weggenommen worden. Deshalb hatte der Verteidiger das letzte Mal auch Wiederholungsgefahr ausgeschlossen. Denn sein Mandant sei finanziell gar nicht in der Lage, einen neuen Computer zu kaufen. Was er nicht ahnen konnte: Der Vater des Angeklagten starb und vererbte ihm unter anderem einen PC. Und dann ging das Spiel von vorne los. Von welcher Durchsuchung er denn spreche, von der 2015 oder 2017, will die Staatsanwältin wissen.

Da wird der Richter hellhörig. Denn dass es im Vorjahr schon wieder eine Wohnungsdurchsuchung gab und erneut Kinderpornografie gefunden wurde, ein weiteres Verfahren läuft, das wusste er bis dahin nicht. So entscheidet er, das Verfahren abzubrechen. Es sei für das Gesamtbild unerlässlich, die neuen Tatvorwürfe mit zu verhandeln, so der Richter. Ob das Amtsgericht wegen der dann zu erwartenden Strafe überhaupt noch zuständig ist, wird sich zeigen, denn es kann maximal vier Jahre Haft verhängen. Eines ist jetzt schon klar. Mit Bewährung wird der Mann diesmal nicht mehr davonkommen.