Von Jörg Mosch
Wie eine Naturgewalt kam der Bezirksschornsteinfeger bisher alljährlich über jeden Hausbesitzer. Stieg ihm aufs Dach, ließ seinen Besen in den Schornstein rauschen und schickte danach seine Rechnung. Das ändert sich in drei Jahren. 2013 fällt nach dem Willen der EU das Schornsteinfegermonopol. Von da an kann sich jeder Bürger aussuchen, von wem er seinen Kamin fegen lässt. Wer aber glaubt, dies sei das Ende aller Bürokratie rund um die schwarze Zunft, der irrt sich gewaltig.
Wahres Papiermonster
„Die neue Feuerstättenschau ist ein wahnsinniger Aufwand, ein wahres Papiermonster“, schimpft der Großenhainer Bezirksschornsteinfegermeister Edmund Gnaudschun. Er verbringt gegenwärtig70 Prozent seiner Arbeitszeit am Schreibtisch, weil er für jedes Haus, jede Heizung in seinem Kehrbezirk einen so genannten Feuerstättenbescheid erstellen muss. Etwa45 Minuten braucht er für eines dieser Schriftstücke. Mit den zehn Euro, die es am Ende kostet, wäre es eigentlich nicht bezahlt, so Gnaudschun. Andererseits ist er froh, dass die Gebühr nicht höher ist, denn dann wäre das den Bürgern noch schwerer zu vermitteln. Auf die eigentlich vorgeschriebene amtliche Zustellung verzichtet er in vielen Fällen. Nur bei Leuten, die mit dem Schornsteinfeger auf Kriegsfuß leben, schickt er den Bescheid mit Zustellurkunde, um später einen Nachweis zu haben.
Wenn die Schornsteinfeger 2013 auf den freien Markt entlassen werden, müssen sich die Hausbesitzer eigenverantwortlich darum kümmern, dass ihre Schornsteine gekehrt werden. Versäumen sie das, drohen Bußgelder und Zwangsanordnungen. Denn es fällt nur das Kehrmonopol weg, nicht die Kehrpflicht. Dass dieser nachgekommen wird, muss weiterhin im so genannten Kehrbuch dokumentiert werden. Und das führt der Bezirksschornsteinfeger, den es auch nach 2013 noch gibt. Stellt er Versäumnisse fest, muss er das Landratsamt verständigen, dass den betreffenden Bürger kostenpflichtig mahnen, das Kehren zwangsanordnen und ein Bußgeld bis zu 5 000 Euro verhängen kann.
Völlig klar, dass bei solchen Aussichten die meisten auf die freie Schornsteinfegerwahl verzichten und ihrem angestammten Essenkehrer dankbar sind, wenn er sich weiterhin um alles kümmert.
Theoretisch können schon seit 2008 im EU-Ausland ansässige Schornsteinfeger in den deutschen Kehrbezirken tätig werden. Allerdings müssen sie in die Handwerkerrolle eingetragen sein. Das und die weite Anreise haben dazu geführt, dass von dieser Möglichkeit kaum jemand Gebrauch macht. Und dass das Kehren ab 2013 billiger wird, sollte laut Edmund Gnaudschun auch niemand hoffen. Dann falle zwar die mittlerweile bundesweit gültige Gebührensatzung. Doch in der Schweiz habe das gleiche zu einem Preisanstieg von 25 Prozent geführt.
Das eigentliche Kehren macht mit 1,10 Euro den geringsten Teil der Schornsteinfegerrechnung aus. Auch die künftig nicht mehr aller fünf, sondern aller dreieinhalb Jahre geforderte Feuerstättenschau kostet aktuell nur 4,80 Euro bei viereinhalb Meter Schornsteinhöhe. Teurer ist dagegen der Papierkram, und der dürfte auch in Zukunft nicht billiger werden.