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Mehr Geld für Kitas, Klima, Wohnen

Der Bundestag hat den Haushalt für 2020 beschlossen. Es sind die höchsten Ausgaben aller Zeiten. Trotzdem steht die schwarze Null - wenn auch mit "Tricks".

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Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gibt am Freitag gemeinsam mit anderen Abgeordneten ihre Stimmkarte zum Haushalt 2020 ab.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gibt am Freitag gemeinsam mit anderen Abgeordneten ihre Stimmkarte zum Haushalt 2020 ab. © Gregor Fischer/dpa

Berlin. Der Bundestag hat am Freitag mit den Stimmen der großen Koalition den Rekordhaushalt für das kommende Jahr beschlossen. Er sieht Ausgaben von 362 Milliarden Euro vor - so viel wie nie zuvor. Für das Zahlenwerk stimmten 371 Abgeordnete, mit Nein votierten 270. Es gab keine Enthaltungen.

Die Ausgaben steigen im Vergleich zum laufenden Jahr um 5,6 Milliarden Euro. Die große Koalition will unter anderem mehr Geld für Soziales, Umwelt- und Klimaschutz, Schienenstrecken und digitale Schulen ausgeben. Trotz der angeschlagenen Konjunktur und weniger stark steigender Steuereinnahmen verzichtet Finanzminister Olaf Scholz (SPD) erneut auf neue Schulden - die schwarze Null steht zum siebten Mal in Folge.

Der Grünen-Abgeordnete Tobias Lindner warf der Koalition aber Trickserei vor. Denn der Bund nimmt weniger Geld durch Steuern ein, als er ausgeben will. Die Rechnung geht nur auf, weil Scholz 10,63 Milliarden Euro aus einer der Spardosen im Haushalt holt, einer Rücklage, die die Bundesregierung nach der Flüchtlingskrise angelegt hat. Außerdem rechnet Scholz damit, dass fünf verplante Milliarden am Ende ohnehin nicht ausgegeben werden. "Das hat nichts mit einer schwarzen Null zu tun", warf ihm Lindner vor. "Das ist gewürfelte Haushaltspolitik, das ist Chaos."

Grüne, Linke und mehrere Wirtschaftsinstitute fordern eine Lockerung des Dogmas schwarze Null: Angesichts der niedrigen Zinsen könne der Bund billig Geld aufnehmen und mehr investieren. "Es gibt keinen ernsthaften Ökonomen mehr, der sagt, die schwarze Null wäre eine gute Idee", sagte Linken-Haushälterin Gesine Lötzsch.

Scholz verteidigte seinen Haushalt: Der Bund weite seine Investitionen auch so massiv aus. "Ein wenig irritierend ist, dass einige das immer schnell beiseite packen, um zu überlegen, warum sie neue Schulden machen müssen", beklagte er.

Tatsächlich plant die große Koalition im kommenden Jahr Rekordinvestitionen von 42,9 Milliarden - für den Aus- und Weiterbau von Straßen oder Schienenstrecken, für neue Radwege, neue Kitas, digitale Schulen oder schnellen Mobilfunk vor allem auf dem Land. Problematisch ist allerdings, dass viele Mittel zuletzt gar nicht abgerufen wurden, weil Planungskapazitäten fehlen und die Bauwirtschaft an der Auslastungsgrenze arbeitet.

Die Bundesregierung will auch die ersten Beschlüsse aus dem Klimapaket umsetzen: Es gibt Förderprogramme etwa für den Austausch alter Ölheizungen oder mehr Ladesäulen für Elektroautos. Außerdem soll die Mehrwertsteuer auf Bahntickets im Fernverkehr gesenkt werden - dieses Vorhaben bremste der Bundesrat am Freitag allerdings erstmal aus. Die Länderkammer beschloss, den Vermittlungsausschuss anzurufen, in dem Bundestag und Bundesrat nun nach Kompromissen suchen müssen. Der ebenfalls umstrittene CO2-Preis für fossile Heiz- und Kraftstoffe soll dagegen erst 2021 starten.

Die Opposition lehnte den Haushalt aus unterschiedlichen Gründen ab. FDP-Politiker Stefan Ruppert beklagte, die Bundesregierung spreche immer nur von Investitionen, nie aber von Entlastungen der Bürger. Lötzsch beklagte zu kleine Schritte zur Rettung des Klimas. Außerdem stecke die Bundesregierung viel zu viel Geld in die Bundeswehr und zu wenig in Zukunftsfragen. AfD-Haushälter Peter Boehringer betonte, Scholz gehe mit dem Haushalt milliardenschwere Risiken ein, für die er keine Rückstände gebildet habe.

Für Finanzminister Scholz kommt der Haushaltsbeschluss trotzdem gerade zur richtigen Zeit. Am Freitag um Mitternacht sollte die Abstimmung über die neue Doppelspitze der SPD auslaufen - am Samstag will die SPD den Sieger küren. Scholz tritt mit seiner Partnerin Klara Geywitz gegen den früheren NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans und die Bundestagsabgeordnete Saskia Esken an. In der Auseinandersetzung geht es auch um die Zukunft der großen Koalition. Die SPD will auf einem Parteitag darüber entscheiden, ob sie drin bleibt oder nicht.

Vizekanzler Scholz setzte sich in der Haushaltsdebatte fürs Weitermachen ein: Der Etat werde dazu beitragen, "dass die Regierung im nächsten Jahr ihre Arbeit konsequent fortsetzen kann", sagte er. Im kommenden Jahr werde die große Koalition wichtige Themen wie etwa die sachgrundlose Befristung anpacken. "Ich finde, wir sollten das für den Fortschritt in unserem Land und für seine Zukunft tun." (dpa)