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Mehr Raum für Alte Musik

Maria Skiba und Frank Pschichholz sind in vielen Ländern aufgetreten. Nun sind sie von Berlin nach Görlitz gezogen.

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© nikolaischmidt.de

Von Ines Eifler

Görlitz. Das kleine englische Volkslied „Greensleaves“ fliegt durch den Raum, als wolle es mit seinem Wehklagen den Alltag verscheuchen. „Musik, die ich mag, ist fast immer traurig“, sagt Frank Pschichholz und legt seine Laute beiseite. „Sie berührt uns tiefer als fröhliche Lieder. Früher wurde sie sogar als Medizin benutzt.“ Frank Pschichholz (50) und Maria Skiba (44) haben der oft melancholischen Alten Musik, besonders aus der Zeit um 1600, ihr Leben gewidmet. Sie hat Gesang in Den Haag studiert, er klassische Gitarre, Laute und historische Zupfinstrumente in Hamburg, Berlin und Bremen. Die beiden sind in Japan, in den USA, in Schweden, viel in Litauen und Polen, aber auch in Frankreich und Österreich aufgetreten. Sie haben an den Opernhäusern Berlins, Leipzigs und Dresdens bei Konzerten mitgewirkt. Mit verschiedenen Besetzungen haben sie CDs aufgenommen. Nach über 20 Jahren Unterwegsseins haben die beiden Musiker entschieden, ihr Leben zu ändern. Vorigen Sommer sind sie von Berlin nach Görlitz gezogen.

„Wir haben schon drei Jahre lang immer mal wieder mit diesem Gedanken gespielt“, sagt Frank Pschichholz. Sie kannten die Region, vor allem die polnische Seite, und waren sehr angetan von der Ruhe, der Freundlichkeit, der Schönheit, aber auch der geistlichen Ausstrahlung der Gegend, die in den Kirchen beiderseits der Neiße und deren Gemeinden überdauert hat. Ein Geist, der genauso in der Musik lebt, die Maria Skiba mit ihrem klaren Sopran singt, die Frank Pschichholz auf historischen Zupfinstrumenten spielt und die den Menschen noch heute zu Herzen geht. Görlitz schien den Musikern der ideale Ort, um diesen Geist noch zu verstärken und etwas mehr Ruhe in ihr Leben zu bringen.

Einmal waren die zwei schon kurz davor, hierher zu ziehen. „Aber ich war gerade schwanger und hatte nicht den Mut zu so einer großen Veränderung“, sagt Maria Skiba. Frank Pschichholz hatte bereits einen Job als Gitarrenlehrer an der Kreismusikschule Dreiländereck in Aussicht, sagte aber ab. Als die kleine Tochter der beiden ein Jahr alt war, suchte die Musikschule erneut einen Musikpädagogen. Diesmal sagte Frank Pschichholz zu und begab sich auf Wohnungssuche.

Den richtigen Platz für die kleine Familie fand er auf der Peterstraße, in einem Hallenhaus aus der Renaissancezeit. Er schaut zu den bemalten Deckenbalken hinauf und sagt: „Wir finden es immer noch unglaublich, dass man in Görlitz so toll wohnen kann.“ Manchmal übt er in der Kapelle, die zu der Wohnung gehört, manchmal in der Schwarzküche. Maria Skiba kennt viele historische Gebäude aus ihrer Heimatstadt Krakau. „Aber dort sind solche Wohnungen unbezahlbar. Dies hier ist ein Traum.“ Da keine Ecke, keine Wand gerade sei, hätten die Räume auch eine Akustik, die für die Alte Musik und den Klang der historischen Instrumente ideal sei.

Ebenso begeistert sind die beiden davon, wie sie in Görlitz aufgenommen wurden, zum Beispiel von der Innenstadtgemeinde. „Wir haben hier jetzt schon mehr Freunde, die wir regelmäßig treffen, als wir in Berlin hatten“, sagt Frank Pschichholz. Über die Innenstadtgemeinde knüpfte er auch gleich Kontakt zum Gitarrenensemble Da Capo, das aus dem Görlitzer Zupforchester hervorgegangen ist. Im Herbst hat er dessen Leitung übernommen.

Maria Skiba und Frank Pschichholz haben sich schon als junge Menschen für eine Musik entschieden, die vor vielen Jahrhunderten geschrieben wurde und manchmal aus noch älteren Zeiten stammt. „Aber man entscheidet sich nicht dafür“, sagt Maria Skiba, „die Musik kommt zu einem.“ Als Interpreten Alter Musik könnten sie in vielen verschiedenen Besetzungen musizieren, die Szene sei sehr lebendig. Auch sei das Repertoire sehr interessant und vielfältig. Für Frank Pschichholz ist es wichtig, sich bei der Auswahl der Musik auch mit dem gesellschaftlichen, politischen und sozialen Umfeld auseinanderzusetzen, in dem die Werke entstanden sind. „Man kann sehr tief eintauchen, wenn man die Musik verstehen und interpretieren will.“

Dieses tiefe Interesse und Verständnis gibt er an seine Schüler an der Kreismusikschule weiter. „Ich habe dort ganz tolle Schüler“, sagt er, „und ich freue mich, wenn ich sie inspirieren kann.“

Am Sonntag treten Maria Skiba und Frank Pschichholz mit ihrem Ensemble „The Schoole of Night“ im Schlesischen Museum auf. Das Liebeslied „Greensleaves“ ist dann zwar nicht dabei. Aber auch die geistlichen Lieder aus der Reformationszeit in deutscher, polnischer und litauischer Sprache haben die beiden mit feinem Gespür dafür ausgesucht, was Musik von damals noch heute bewirken kann.

Konzert am Sonntag, 19. 2., 17 Uhr, im Schlesischen Museum, Eingang Fischmarkt 5, Reservierung:
[email protected] oder 03581 87910