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Mehr Zeit für Unterricht

Kurz vor den Sommerferien gab es noch gute Nachrichten für Lehrer. Ex-Kultusminister Frank Haubitz wollte bürokratische Missstände an Schulen abschaffen. Sein Nachfolger setzt das um.

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© Matthias Rietschel

Von Andrea Schawe

Kurz vor Beginn der Sommerferien gab es noch gute Nachrichten für die sächsischen Lehrer. In einem Brief an die Schulleiter verkündete Kultusstaatssekretär Herbert Wolff, dass den Lehrern Entlastungen bevorstehen. „Die hohe Arbeitsbelastung und die derzeitige schwierige Personalsituation erfordern diese Maßnahmen“, heißt es in dem Schreiben. Gewerkschaft und Lehrerverband fordern schon seit Jahren Entlastungen. Die Lehrer müssten neben der hohen Unterrichtsverpflichtung auch noch zahlreiche Organisations- und Verwaltungsaufgaben erledigen.

Schon im Herbst hatte die Personalvertretung der Lehrer eine Liste mit mehr als 200 Vorschlägen vorgelegt. Ex-Kultusminister Frank Haubitz (parteilos) hatte im November weitreichende Arbeitsentlastungen für Lehrer angekündigt. Er wollte „viele bürokratische Missstände an den Schulen abschaffen“, etwa die Vorbereitungswoche verkürzen, die Anzahl der Konferenzen oder Dienstberatungen reduzieren und den Anwesenheitsdienst in den Ferien abschaffen.

Sein Nachfolger im Amt, Christian Piwarz (CDU), hat sich nun in monatelangen Verhandlungen mit dem Lehrerhauptpersonalrat auf insgesamt 114 Punkte geeinigt, um die hohe Arbeitsbelastung der Lehrkräfte zu senken. Aber: Maßnahmen, die zu einem höheren Lehrerbedarf führen würden, „sind aufgrund der Personalsituation gegenwärtig nicht umsetzbar“, schreibt Wolff.

Schon ab dem kommenden Schuljahr soll es vor allem Veränderungen in der Schulorganisation geben. „Ziel ist es, dass Lehrkräfte, aber auch Schulleiter an allen Schularten von zeitaufwendigen Verwaltungsaufgaben entlastet werden“, schreibt der Staatssekretär. Sie könnten sich so mehr ihrem pädagogischen Kerngeschäft widmen: „unterrichten, erziehen, beraten, beurteilen, betreuen und fördern“. Ziel seien Schulen, die eigenverantwortlich handeln – so sieht es auch das neue Schulgesetz vor. „Die Entlastungsmaßnahmen werden deswegen nicht vom Kultusministerium verordnet, sondern die Schulleitungen können darüber befinden“, heißt es.

Die Vorbereitungswoche in ihrer bisherigen Form wird abgeschafft. Der Schulleiter kann in Abstimmung mit der Lehrerkonferenz entscheiden, ob und an wie vielen Tagen die Vorbereitung notwendig ist, so das Kultusministerium. „Es gibt aber nun keine verbindliche Festlegung mehr, dass die Vorbereitungswoche stattfinden muss.“ Dienstberatungen und schulische Veranstaltungen an Nachmittagen werden reduziert und effektiver gestaltet. Das gilt auch für Arbeiten an den Wochenenden oder in den Ferien, etwa im Schulgarten oder zum Putzen. Auch in diesem Fall ist der Schulleiter verantwortlich.

Für die Lehrer sollen Ausfall- und Mehrarbeitsstunden wegfallen. Nimmt ein Lehrer an einer Fortbildung teil, muss er den Unterricht nicht vor- oder nacharbeiten. Auch durch die Abnahme von Prüfungen entstehen keine Ausfallstunden. In der Zeit der Abschluss- und Abiturprüfungskorrektur müssen die Fachlehrer nur noch im Ausnahmefall Vertretungsunterricht geben. Lehrer, die andere als Mentoren betreuen, sollen nicht abgeordnet werden.

Der Personalrat hat auch durchgesetzt, dass das Landesamt für Schule und Bildung die Zahl der abgeordneten Lehrer reduziert. Sie werden an mehreren Schulen eingesetzt, um die Unterrichtsversorgung für ganz Sachsen zu sichern. Im vergangenen Schuljahr beschloss das Landesamt in mehr als 5 300 Fällen einen Einsatz an einer weiteren Schule. Auch im kommenden Schuljahr werden wieder Abordnungen geprüft. Der zusätzliche Fahrtweg und Zeitaufwand soll dabei gering gehalten werden. „Doppelbelastungen sind zu vermeiden“, schreibt Wolff. Abgeordnete Lehrer müssen auch nur noch an Dienstberatungen der Stammschule teilnehmen.

Dazu hat die Landesregierung weitere Verbesserungen beschlossen: etwa mehr Schulpsychologen, ein Modellprojekt für Schulverwaltungsassistenten und die Unterstützung für ältere Lehrer.

Die Bestrebungen seien sehr erfreulich, sagt eine Lehrerin. „Mit den geplanten Veränderungen sind viele Probleme nicht gelöst, aber es ist ein Anfang.“ Es seien viele brauchbare und umsetzbare Entlastungen enthalten. Einige Lehrer sehen allerdings die Verantwortung der Schulleiter skeptisch. „Solange es Schulleiter gibt, die über ihr Kollegium herrschen anstatt es anzuhören und mitentscheiden zu lassen, wird das Problem nicht gelöst.“