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Mein Fußweg, mein Radweg

In Dresden teilen sich Fußgänger und Radfahrer 247 Kilometer Wege. Das geht nicht ohne Reibung ab.

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© Christian Juppe

Von Kay Haufe

Mittlerweile gehören sie zum vertrauten Bild auf Dresdens Fußgängerzonen: Radfahrer sind fast überall dabei. Selbst auf Prager Straße und Hauptstraße teilen sich beide Nutzergruppen den Raum, ganz legal. Die Landeshauptstadt setzt wie kaum eine andere Großstadt auf die gemeinsame Führung von Fuß- und Radverkehr. Zum Stichtag 31. Dezember 2015 gab es hier 160 Kilometer kombinierte und 87,5 Kilometer getrennte Fuß- und Radwege. Der Unterschied zwischen beiden liegt in einer optischen Trennung von Fußgänger- und Radbereich auf dem Boden. So wie auf der gerade sanierten Albertbrücke oder der Marienbrücke. Fußgänger fühlen sich dadurch besser geschützt, Radfahrer kommen schneller voran. Bei den kombinierten Wegen ist allerdings zu wenig Platz vorhanden, um beiden Gruppen eigene Bereiche anzubieten.

Das Straßen- und Tiefbauamt hat sich für einen großen Anteil von gemeinsam nutzbaren Wegen entschieden, um den Radverkehr zu fördern. Separate Radwege sind auf den Hauptverkehrsstraßen noch längst nicht überall vorhanden. Doch die Anzahl der Radfahrer steigt. 16 Prozent aller Fahrten werden mittlerweile mit dem Rad zurückgelegt. Dass auch die Flaniermeilen freigegeben sind, begründet das Amt damit, dass Lücken im Radwegenetz in Nord-Süd-Richtung geschlossen werden und die Geschäfte auf den Straßen besser erreichbar sind.

Allerdings läuft das Miteinander nicht immer friedlich ab. Gerade stark frequentierte Wege bergen hohes Konfliktpotenzial. Zwar müssen Radfahrer in Fußgängerzonen besondere Rücksicht auf Fußgänger nehmen und dürfen, wenn nötig, nur Schrittgeschwindigkeit fahren. Bei Gefahr gilt Absteigen. Doch daran halten sich längst nicht alle. Vor allem auf der Prager Straße und der Hauptstraße kommt es immer wieder zu Unfällen.

Im vergangenen Jahr wurden 73 Zusammenstöße beider Gruppen bei der Polizei angezeigt. Die Dunkelziffer dürfte weitaus höher sein. Und 2016 hat der Gemeindliche Vollzugsdienst der Stadt bereits 77 Radfahrer auf Gehwegen kontrolliert, bei denen es auch Zwischenfälle mit Fußgängern gab. In 55 Fällen wurde Anzeige erstattet, der Rest kam mit einem Verwarngeld davon oder wurde belehrt. „Wir bekommen vor allem Beschwerden zur Prager Straße“, sagt Polizeisprecher Thomas Geithner. „Deshalb sind wir dort mit Fußstreifen unterwegs. Und natürlich kontrollieren die Kollegen am Wiener Platz auch Radfahrer, die zu schnell sind oder rüpelhaft agieren“, sagt der Pressesprecher. Ansonsten aber gibt es keine gezielten Überwachungen in Fußgängerzonen und auf kombinierten Wegen, sondern nur punktuelle Kontrollen. Bei der Stadt schätzt man die Gefahr auf den gemeinsam nutzbaren Wegen nicht höher ein als woanders. Es gebe dort keine Unfallhäufung.

Beim Allgemeinen Deutschen Fahrradclub (ADFC) hält sich die Freude über die kombinierten Wege jedoch in Grenzen. „Sie sind in der Innenstadt problematisch, weil sie Gefahren für alle Nutzer bergen“, sagt Konrad Krause, Geschäftsführer des Landesverbandes. Grundsätzlich würden Radfahrer immer auf die Straße ausweichen, wenn sie dort funktionierende Verbindungen vorfinden. Denn dort kommen sie einfach schneller voran. Bei der Prager Straße sei dies anders. „Der parallel verlaufende Radweg auf der St. Petersburger Straße ist durch den danebenliegenden Parkstreifen so gefährlich, dass ihn kaum ein Radfahrer nutzt“, sagt Krause. Autofahrer würden beim Öffnen der Türen nicht auf Radfahrer achten. Erst in der vergangenen Woche ist in Leipzig eine Radfahrerin ums Leben gekommen, als sie einer plötzlich geöffneten Autotür ausgewichen ist, in eine Schiene geriet, stürzte und von einer Bahn erfasst wurde. „Leider fehlt auch auf der Reitbahnstraße eine funktionierende Querungsmöglichkeit am Dippoldiswalder Platz“, sagt Krause. So fungiert die Prager Straße für Radler als Durchgangsstraße, was ihrem Charakter widerspricht.

Doch auch dort, wo es nicht erlaubt ist, weichen Radfahrer auf den Fußweg aus. Bestes Beispiel ist das Blaue Wunder, wo eigentlich nur auf der Straße gefahren werden darf. Doch Autofahrer bedrängen die Zweiradler auf der Brücke so stark, dass diese teilweise auf den Fußweg flüchten. Der ADFC hat hier eine eigene Radspur auf der Brücke gefordert. Bis sie kommt, setzen die Dresdner wohl auf friedliche Koexistenz. Dumm nur, dass manche Kampfradler nicht verstehen, was das ist.