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Meißen will mehr Mauern

Die Stadt gegen Hochwasser abzuschotten, ist technisch möglich. Das geht aber nicht ohne Hilfe des Landestalsperrenverbandes.

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© Claudia Hübschmann

Von Marcus Herrmann

Meißen. Durchschnittlich aller 20 Jahre wird die Meißner Altstadt durch ein Hochwasser überschwemmt. So hat es 1920, 1940, 1947, 2002 und 2013 starke Überflutungen gegeben. Allein die beiden Hochwasser dieses Jahrhunderts haben Schäden von circa 400 Millionen Euro verursacht. Grund genug, um über einen effektiven Hochwasserschutz – besonders für die dicht besiedelte Altstadt nachzudenken. Einer, der das in den letzten Wochen und Monaten intensiv gemacht hat, ist der Meißner Ingenieur und Stadtrat Holger Metzig (ULM).

Dieses Beispiel aus Dresden-Mickten verdeutlicht, wie das Dammbalkensystem bei Hochwasser aufgebaut wird und Schutz bietet.
Dieses Beispiel aus Dresden-Mickten verdeutlicht, wie das Dammbalkensystem bei Hochwasser aufgebaut wird und Schutz bietet. © privat

„Die Stadt benötigt ein ganzheitliches Hochwasserkonzept und sollte langfristige Projekte dafür schon heute auf die Beine stellen“, so der 54-Jährige. Stadträten, Verwaltungsmitarbeitern und dem Meißner OB Olaf Raschke (parteilos) habe er seine Ideen dazu bereits vorgestellt und sei auf Zustimmung gestoßen. „Alles steht und fällt aber damit, auf der Prioritätenliste der Landestalsperrenverwaltung zumindest vermerkt zu sein.“ Erste Gespräche über einen neuen Ansatz des Schutzes vor Hochwasser habe es jetzt mit Mitarbeitern der LTV gegeben. In den nächsten Wochen sollen weitere folgen, somit ein Prozess angestoßen werden, an dessen Ende Meißen besser vor Hochwasser geschützt ist. Die SZ zeigt, was das Hochwasserschutzkonzept beinhaltet und wie es umgesetzt werden kann und bis wann.

Das Schutzkonzept: Wasser soll gar nicht erst in die Stadt hinein fließen

Nach dem neuen Konzept soll versucht werden, das Wasser der Elbe in Zukunft gar nicht erst in die Altstadt reinzulassen – durch entsprechende Schutzwände auf einem 600 Meter langen Teilstück zwischen Bahnbrücke und Elbtalbrücke. „Wegen der Tallage zwischen zwei Granitfelsen und der einseitigen Öffnung zur Elbe würde eine Schutzwand auf wenigen Hundert Metern ausreichen. Natürlich müsste auch der rückseitige Zufluss der Triebisch zur Elbe und der wasserdurchlässige Baugrund im Stadtgebiet mit in die Planung einbezogen werden“, erläutert Metzig.

Die Machbarkeit: Schutzsysteme in Regensburg oder Hitzacker als Vorbild

Dass ein mobiles Hochwasserschutzsystem funktioniert, zeigen etwa das bayerische Regensburg und das niedersächsische Hitzacker. Hier wird jeweils oberirdisch mit einem sogenannten Dammbalkensystem gearbeitet. Dabei handelt es sich um mobile Aluminium-Dammbalken, die zwischen Stützen übereinandergestapelt werden. Fest entlang des Ufers müssten die entsprechenden Stützen eingebaut werden. „Der Aufbau bei Hochwasser würde in zehn bis zwölf Stunden vollständig zu realisieren sein“, sagt Metzig. Für Meißen kommt aber die Triebisch als Elbezufluss erschwerend hinzu. „Deshalb beinhaltet das Konzept zusätzlich unterirdische Bohrpfähle, die für eine Abdichtung des Baugrundes sorgen sowie Pumpen, die das Wasser der Triebisch in die Elbe ableiten“, sagt Metzig. Mit zwei vorhandenen Notstromaggregaten der Stadtwerke könnten zwei solcher 250 Kilowatt-Pumpen betrieben werden.

Kosten und Bauzeit: Über Jahrzehnte müssten Millionen investiert werden

Eines vorweg: Die Baukosten für Schutzwände, Pumpen und Bohrpfähle zusammen würden unter den Kosten für einen Neuaufbau nach einer Flut wie der von 2002 liegen. In Regensburg wurden zwischen 2000 und 2010 circa 100 Millionen Euro für den Flutschutz ausgegeben – allerdings auf einem zehnmal so langen Teilstück, wie es in Meißen nötig wäre. Ohne millionenschwere Fördermittel geht jedoch nichts. Gerade aus diesem Grund ist die Präsenz gegenüber der LTV für Meißen so erstrebenswert. Übrigens wird der Bund insgesamt 5,5 Milliarden Euro in den Flutschutz in Deutschland bis 2020 investieren. Für Planung und Geldakquise gehen laut Holger Metzig sicher 15 bis 20 Jahre ins Land, bis es los geht. „Die Umsetzung an sich ist aber in ein bis zwei Jahren zu schaffen“, ist der Ingenieur sicher.

Die Vorteile für Meißen: Immobilien gewinnen an Wert

Neben der höheren Sicherheit der Meißner Bürger vor Hochwasser, würden auch die Häuser der Altstadt eine Wertsteigerung erfahren. „Außerdem gebe es mehr Planungssicherheit bei Investitionen und geringere Einbußen im Tourismus“, sagt Metzig. Nicht zu vergessen: Sicherer Hochwasserschutz geht einher mit günstigeren Versicherungen für Häuser, die dann nicht mehr als überflutungsgefährdet eingestuft werden würden.