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1.000 Jahre Meißener Stadtgeschichte: Teil 3

Der Schwarze Tod fegt durch die Stadt - es ist die Pest. Teil 3 der Serie "Die großen Katastrophen in der Meißener Stadtgeschichte".

Von Christiane Weikert
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© © Foto: pixabay.com

Die Pest war eine der tödlichsten Infektionskrankheiten der Geschichte. Die Wahrscheinlichkeit, der Krankheit zu erliegen, lag ganz nach Krankheitsverlauf zwischen 50 und 100 %.

Der Schwarze Tod, wie die Pest genannt wurde, ist eine der größten Katastrophen des Mittelalters und raffte innerhalb von Jahrhunderten Millionen Menschen – fast ein Drittel der europäischen Bevölkerung - dahin. Der Kontinent ist Mitte des 14. Jahrhunderts von Hungersnöten, Missernten und Kriegen geschwächt, die Menschen haben keine Antikörper mehr und somit ist das Immunsystem angreifbar.

Betrachten wir das Mittelalter

Mensch und Tier lebten auf engstem Raum zusammen. Die Städte erfahren einen ständigen Zulauf an Menschen. Der Platz war eng. Es gab weder eine ausreichende Wasserversorgung noch eine Kanalisation und von einer Abfallbeseitigung waren wir auch noch weit entfernt. Abfälle wurden achtlos auf die Straße gefeuert und die damals noch freilaufenden Schweine bedienten sich. „Mahlzeit“. Die daraus entstehenden Missstände machten sich mehr und mehr bemerkbar. Die Krankheiten häuften sich und die Rattenplage nahm immer mehr zu.

Die Kette verfestigte sich. Die Nagetiere trugen das verantwortliche Bakterium des Pestauslösers in sich, übertrugen es auf Flöhe und diese befielen den Menschen und die Kettenreaktion setzte ein.

Abhängig vom gesellschaftlichen Rang war auch die tägliche Körperpflege in dieser Zeit eine große Frage. Noch war die persönliche Pflege nicht in den Lebensmittelpunkt gerückt und so keimten die Krankheiten. Die Flöhe hatten es relativ einfach, den Menschen zu befallen.

Bei der Beulenpest entstanden an den Stellen der Flohstiche schwarze Flecken. Die ersten Anzeichen, daraus bildeten sich eitrige Beulen. Der Infizierte hatte kaum eine Chance. Begleitet von Atemnot, hohem Fieber, starken Schmerzen in den Gliedmaßen und Husten, setzte sich die Lungenpest fort. Spuckte der Patient erstmal Blut, kam auch für ihn jede Hilfe zu spät. Herz und Lunge versagten.

Der schwarze Tod kommt nach Meißen

In Meißen gab es bis 1682 viele Epidemien mit größerem Bevölkerungsverlust, hervorgerufen durch Kriege, Überschwemmungen oder Missernten. 1311 tritt die Pest, ausgelöst durch eine große Hungersnot, zum ersten Mal in Meißen in Erscheinung. Wie viele Menschen bei der ersten Heimsuchung der Krankheit erlagen, wurde nicht überliefert.

In den folgenden zwei Jahrhunderten rollte die Pestwelle immer wieder durch Meißen. Im Jahr 1552 starben über 2.000 Menschen an der Pest, 1576 über 1.500. Dann reagierte die Stadt. Im gleichen Jahr stellten sie am 01.06. einen sogenannten „Pestilenzbalbir“ ein, welcher die Kranken zu versorgen hatte. Ende des gleichen Jahres folgte ein „Pestential-Prediger“ auch Notdiakon genannt, dem die Seelsorge der Erkrankten oblag, weil der Stadtgeistliche das wegen der hohen Ansteckungsgefahr nicht übernehmen wollte.

Arnold Böcklin "Die Pest" 1898, Wikipedia
Arnold Böcklin "Die Pest" 1898, Wikipedia © Arnold Böcklin
Dr. Schnabel - Der Pestilenzbalbir
Dr. Schnabel - Der Pestilenzbalbir © Pixabay.com
Der Tod tanzt
Der Tod tanzt © Pixabay.com

Um sich vor dem Pesthauch zu schützen, hielt man sich Riechäpfel, Duftschwämme oder Kräuter-Beutel vor die Nase. Als wirksame Duftstoffe galten Wacholder, Amber, Zitronenmelisse, Grüne Minze, Kampfer, Gewürznelken, Myrrhe, Rosen oder Styrax. Die Idee für ein Nasenfutteral, in dem man diese Schutzduftträger unterbringen konnte, soll auf Charles de L’Orme zurückgehen, „Erster Arzt“ am Hofe Ludwigs XIII. Nach einer überlieferten Beschreibung bestand die Kleidung eines Pestdoktors aus einem als Schutzanzug dienenden gewachsten Stoffmantel, einer Schnabelmaske mit zwei Augenöffnungen aus Glas, Handschuhen und einem Stab. So konnte Kontakt zu den Infizierten vermieden werden.

Der Tod heult durch die leeren Gassen

So durchschritt der Pestilenzbalbir in seiner schwarzen Robe und seiner vogelähnlichen Maske die von der Pest heimgesuchte Stadt. Die Holzkarren, der von der Stadt beschäftigten vier Totengräber mit den Verstorbenen, knarrten des Nachts und am Tag über das Pflaster. Die Toten wurden außerhalb der Stadt beigesetzt. Ende des darauffolgenden Jahres war die Pest vorerst verschwunden, kam aber immer wieder. Von 1611 bis 1682 verstarben in den kommenden Pestepidemien fast 2.500 Meißner Einwohner.

Einigen Spuren könnte man heute noch folgen. Das hinter der Nikolaikirche gelegene Gelände um das heutige „Waldschlösschen“ diente in der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts als Quarantäne-Ort für die Pestkranken. Die Besitzer des sogenannten „Pestilenzgartenhaus“ wurden verpflichtet, die Erkrankten sowie auch das Personal zur Verpflegung der Infizierten (einen Geistlichem, einen Arzt und einen Chirurgen) zu beherbergen. Die Verstorbenen wurden auf dem damaligen Friedhof neben der Nikolaikirche bestattet.

Woher kommt die Seuche?

Damals fehlte es an Wissen, woher die Seuche kam. Die Furcht ging um. Wer sich ansteckte, hatte im schlimmsten Fall keine 24 Stunden mehr zu leben und es gab zur damaligen Zeit keine passenden Medikamente. Viele Theorien wurden aufgestellt: Schlechte Winde, ungünstige Planetenkonstellation oder verseuchtes Wasser. Der Aberglaube der damaligen Zeit bildete dafür eine perfekte Grundlage. Viele sahen es als eine Strafe Gottes, der bald tote Frösche und Vögel vom Himmel regnen lassen würde.

Die Ärzte des Mittelalters wussten nicht, dass das hochinfektiöse Bakterium Yersinia pestis hinter der Seuche steckte – erst 1894 wurde der Erreger der Lungen- und der Beulenpest von Alexandre Yersin, einem schweizerisch-französischen Bakteriologen, entdeckt. Und es war unbekannt, dass Yersinia pestis durch die Flöhe von Ratten oder durch Tröpfchen, Blut und Sekret vom Menschen übertragen werden konnte.