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So trifft die 2G-Regelung die Meißner Gastronomen

Die erste Kneipe schließt ab Montag. Den Frust über die Corona-Regeln bekommen oft die Wirte zu spüren. Touristen schreckt die geringe Impfbereitschaft ab.

Von Marvin Graewert
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Muss sich Karsten Schulze an den Anblick seiner leeren Kleinmarktschänke gewöhnen?
Muss sich Karsten Schulze an den Anblick seiner leeren Kleinmarktschänke gewöhnen? © Claudia Hübschmann

Meißen. Nach drei Abenden mit 2G-Regeln gibt in Meißen die erste Kneipe auf: Ab Montag geht das Gasthaus zum Loch in die Corona-Winterpause. "In den letzten Tagen haben wir jeden Abend zwischen halb zehn und zehn Schluss machen müssen, weil keine Gäste mehr gekommen sind", sagt Geschäftsleiter Frank Große, der an normalen Wochentagen erst um zwölf Uhr den Ausschankschluss einläutet.

Am Eingang wird auf die "diskriminierende" 2G-Regelung aufmerksam gemacht.
Am Eingang wird auf die "diskriminierende" 2G-Regelung aufmerksam gemacht. © Claudia Hübschmann

Mit ausschließlich geimpften und genesenen Gästen würde sich so ein kurzer Abend nicht rechnen: "Meine acht Mitarbeiter kann ich mir so nicht mehr leisten", sagt Große, der erst wieder öffnen möchte, wenn sich etwas an den Beschlüssen ändert. Wirtschaftlich gesehen wäre ein Lockdown mit den damit verbundenen Hilfsgeldern lukrativer. Ganz abgesehen vom 3G-Model, da sei noch alles normal gewesen.

Seit Montag käme maximal noch ein Drittel seiner Gäste. Angesteckt habe sich in seiner Schenke auch niemand: "Wir hatten nicht einen Fall der Nachverfolgung." Die neuen 2G-Maßnahmen hält der Geschäftsführer deshalb für "reine Diskriminierung" und kommuniziert das so auch ganz klar mit Aushängen an der Eingangstür. Lange Diskussionen oder Stress mit ungeimpften Gästen, die kein Feierabendbier mehr trinken dürfen, seien noch nicht vorgekommen.

Im Hotel Goldener Löwe gibt es seit Montag zwei Frühstücksräume.
Im Hotel Goldener Löwe gibt es seit Montag zwei Frühstücksräume. © Claudia Hübschmann

Astrid Metzig, die Direktorin des Goldenen Löwen, muss hingegen feststellen, dass das Stresslevel der Gäste schnell in die falsche Richtung schwappe: Ein besonders extremer Fall habe sich am Dienstag abgespielt, als ein Ehepaar aus Löbau im Café freundlich nach einem Impf- oder Genesenennachweis gefragt wurde: "Als Antwort musste sich meine Mitarbeiterin anhören, sie solle erst mal ihren eigenen Nachweis zeigen und sich mal nicht so anstellen. Danach haben sie das vollbesetzte Café zusammengeschrien", berichtet Metzig. Das sei zwar ein extremer Einzelfall gewesen, die ewigen Diskussionen allerdings nicht: "Für die Kollegen am Empfang ist das mit sehr viel Arbeitsaufwand verbunden."

Extra Frühstücksraum für Ungeimpfte

Seit im Mai in Sachsen der Tourismus wieder anlief, sei der Goldene Löwe nahezu jeden Tag ausgebucht gewesen. Seit Freitag klingeln ständig die Telefone, fast immer gehe es um eine Stornierung, auch von geimpften Gästen, die bei den hohen Inzidenzen Angst hätten zu verreisen. Vor allem nach Sachsen, weil die Impfbereitschaft so gering ist.

Auch viele Unternehmen und Vereine würde Gruppenreisen stornieren: "Seit Montag sind wir nur noch zur Hälfte belegt." Noch könnte die Belegschaft viele Überstunden aus dem Sommer abbauen. Sorgen bereitet Metzig allerdings der Blick aufs Weihnachtsfest. Dürfen dann Familien noch komplett anreisen? Solange die Überlastungsstufe noch nicht erreicht ist, dürfen Paare mit unterschiedlichem Impfstatus zwar noch einchecken und das Bett teilen, zum Frühstück werden sie jedoch separiert. Im Goldenen Löwen muss es nämlich zwei Frühstücksräume geben: Einen für ungeimpfte Gäste und einen für Geimpfte und Genesene.

Ein weiterer Grund für die schwindenden Touristen ist sicherlich die Jahreszeit. Das ist auch im Café Wehnert zu spüren: "Sehr ruhig, man merkt, dass keine Touristen kommen", sagt Inhaber Rolf Plößer. "Ich weiß nicht, ob das an 2G liegt, weil es davor schon ruhig war." Am Montag konnte er allerdings einen zusätzlichen Knick bei den Besuchszahlen feststellen. Ein coronabedingtes Problem hat Plößer ganz unabhängig von der neuen Verordnung: Manche Gäste würden einfach keine Maske aufziehen. Statt lange rumzudiskutieren würden die Gäste einfach gehen und ihr maskenfreies Glück im nächsten Café probieren.

70 Prozent Umsatzeinbruch

Der große Gastraum des indischen Restaurants Fuchshöhl in Meißen – vornehmlich für Gruppen- und Familienfeiern – bleibt seit Montag leer.
Der große Gastraum des indischen Restaurants Fuchshöhl in Meißen – vornehmlich für Gruppen- und Familienfeiern – bleibt seit Montag leer. © Claudia Hübschmann

Auch im indischen Restaurant Fuchshöhl klingelt das Telefon seit Freitag ständig: "Ich will schon fast nicht mehr rangehen", sagt Leiterin Maria Multani. Fast ausschließlich geht es um Stornierungen. Schon eine ungeimpfte Person in der Gruppe reiche, um den gesamten Restaurantbesuch platzen zu lassen: "Vor allem tut es mir richtig weh, wenn ich Stammgäste wegschicken muss." Zumindest würden ein paar Gäste die Gerichte abholen, statt sie im Restaurant zu essen.

Karsten Schulze, Wirt der Kleinmarktschänke, hat seit Montag fast nichts mehr zu tun. Es ist Mittwoch, 14 Uhr. Das Mittagsgeschäft sollte eigentlich im vollen Gange sein. Tatsächlich hat Schulze erst zwei Gäste begrüßen dürfen. Sonst seien um diese Zeit schon 30 bis 40 Gäste eingekehrt: "Wenn überhaupt jemand kommt, muss ich die Hälfte aufgrund des fehlenden 2G-Status wegschicken." Seit Anfang der Woche habe er 70 Prozent an Umsätzen im Vergleich zu einer 3G-Woche eingebüßt. "Auf Dauer geht das nicht", sagt Schulze, der auch über Schließzeiten nachdenken muss. Dehoga-Sachsen-Chef Alex Klein kann bestätigten, dass es sich dabei nicht um Einzelfälle handelt. Die kurzfristig angekündigten Regelungen würde Hoteliers und Gastronomen in besonders betroffenen Bereichen dazu zwingen, ihre Schließzeiten anzupassen.