Meißen
Merken

Radelspaß in Meißen: Auf niedrigem Niveau

Erneut hat Meißen beim Fahrrad-Klimatest schlecht abgeschnitten. Dabei gibt es schon länger einen Arbeitskreis, der sich für die Belange der Radler einsetzt. Alles umsonst?

Von Andre Schramm
 5 Min.
Teilen
Folgen
Der Arbeitskreis Radverkehr lässt sich von schlechten Noten im Fahrradklima-Test nicht beirren. Das Gremium will künftig besser informieren, auch was die korrekte Nutzung von Radfahrstreifen anbelangt.
Der Arbeitskreis Radverkehr lässt sich von schlechten Noten im Fahrradklima-Test nicht beirren. Das Gremium will künftig besser informieren, auch was die korrekte Nutzung von Radfahrstreifen anbelangt. © Claudia Hübschmann

Meißen. Meißen bewegt sich seit Jahren konstant auf unterem Niveau, was die Bedingungen für den Radverkehr anbelangt. Insofern waren die Ergebnisse des ADFC-Fahrradklimatest 2022 keine große Überraschung. Es gab wieder die Schulnote 4 und damit Platz 350 von 447 Orten in der Kategorie "Städte mit 20.000 bis 50.000 Einwohner".

An der Befragung für Meißen hatten 118 Menschen teilgenommen. Sonderlich repräsentativ ist das nicht. "Man kann aber davon ausgehen, dass die Teilnehmer Radfahrer sind beziehungsweise in irgendeiner Form eine Verbindung zu dem Thema haben", sagt Dorothee Finzel. Damit liefere die Erhebung schon ein wichtiges Stimmungsbild, schiebt sie hinterher.

Dorothee Finzel leitet zusammen mit Stadtrat Heiko Schulze den Arbeitskreis Radverkehr. Das Gremium geht auf einen Stadtratsbeschluss aus dem Jahr 2016 zurück, trifft sich in der Regel alle zwei Monate und hat empfehlenden Charakter. Vertreten sind hier unter anderem Fraktionsmitglieder, Verkehrswacht, Polizei, Ordnungs- und Tiefbauamt. Die Sitzungen sind öffentlich. Ziel ist es, die Verkehrssicherheit und Attraktivität des Radverkehrs in unserer Stadt zu verbessern. Doch offenbar kommt das nicht an. Ein Öffentlichkeitsproblem?

In dieser Kategorie stellten die Befragten der Stadt kein gutes Zeugnis aus. Es wird wenig fürs Radfahren geworben, in den Medien selten positiv darüber berichtet, heißt es in der Auswertung. "Das ist tatsächlich ein Problem. Wir würden uns wünschen, dass hier die Verwaltung an der einen oder anderen Stelle offensiver die Werbetrommel fürs Radfahren rührt", sagt Finzel. Der Arbeitskreis selbst bekommt ab Mai im Amtsblatt eine eigene Rubrik, in der er über Neuigkeiten und seine Arbeit informiert. Vor allem Maßnahmen, die umgesetzt werden, sollen Thema sein. Was bereits gut laufe, sei die Veröffentlichung der Arbeitskreis-Sitzungstermine, so Finzel. "Auch im nächsten Stadtrat soll der Arbeitskreis zu Wort kommen", fügt Heiko Schulze hinzu.

Internetbaustellen meistens problematisch

Großer Kritikpunkt war und ist das Sicherheitsgefühl der Radfahrer. Knapp 80 Prozent fühlen sich gefährdet, wenn sie mit dem Rad in der Stadt unterwegs sind. "Man stellt sich dabei natürlich die Frage: Würden sie ihr Kind mit dem Fahrrad hier lang schicken?", meint Finzel. Häufigste Antwort: nein. "Ideallösung wäre natürlich ein separater Radweg", so Finzel weiter. Das ist vor allem bei Bestandsstraßen aber eine Illusion. Hinzu käme an manchen Stellen der beengte Straßenraum, der keine vernünftige Lösung zuließe. "Das subjektive Empfinden spielt natürlich auch eine Rolle. Wenn ich 800 Meter unbehelligt fahren kann und dann auf einen kritischen Knotenpunkt treffe, dann bleibt mir natürlich eher die Problemstelle in Erinnerung", erzählt die AK-Vorsitzende weiter.

Eine glatte 5 verteilten die Befragten in Sachen Baustellenmanagement. "Hier sind insbesondere die vielen Internetbaustellen in unserer Stadt problematisch. Meistens wird noch ein Weg für Fußgänger angeboten. An Radfahrer denkt man häufig nicht", sagt Schulze. Als eine der größten Gefahrenstellen sehen beide die Stelle vor der Sparkasse am Dr. Eberle-Platz. Damit wären wir beim nächsten Problem: Wer ist eigentlich zuständig?

"Mitunter ist der Baulastträger nicht die Stadt, sondern das Land", erzählt Finzel. Das ist beispielsweise bei der Großenhainer- und Bahnhofstraße der Fall. Das Landesamt für Straßenbau (LASuV) will beide Straßen in absehbarer Zeit erneuern. In diesem Zusammenhang spielt auch der Radverkehr zwischen Bayerlein Platz und Altstadt (und in Gegenrichtung) eine Rolle. In den letzten Monaten wurde dazu vom LASuV eine Machbarkeitsstudie erarbeitet. Sie soll in der nächsten Arbeitskreis-Sitzung am 20. Juni vorgestellt werden.

Radstreifen Neugasse wird nun verlängert

Manche Projekte hingegen brauchen auch ewig. Beispiel dafür ist die Verlängerung des Radfahrstreifens Neugasse Richtung Elbe. Seit 2018 ist es in der Neugasse erlaubt, mit dem Rad in die Gegenrichtung zu fahren. Die damals prophezeiten Unfälle blieben glücklicherweise aus. Was fehlt, ist ein Angebot für alle Geradeausradler. "Der Streifen soll zeitnah dieses Jahr in die Gerbergasse verlängert werden", sagt Schulze. Kurz vor der Einmündung Martinstraße wird es demnach einen Links-Abbieger-Streifen für Radler Richtung Kleinmarkt geben. Alternativ, so der Plan, soll der Radverkehr in die Martinstraße und Fährmannstraße (beides Einbahnstraßen) geführt werden.

Auf der Agenda steht außerdem die Öffnung weiterer Einbahnstraßen für Radfahrer (in die Gegenrichtung). 25 an der Zahl. Prominentestes Beispiel ist die Brauhausstraße. Hier muss aber erst die Baustelle auf der Dresdner Straße abgewartet werden. Auch die Wettinstraße ist dafür vorgesehen. Die Straße war zeitweise auch als reine Fahrradstraße im Gespräch. Dieses Vorhaben hat sich aber zerschlagen.

Die Dresdner Straße stadtauswärts, die Beseitigung des Parkproblems auf der Niederauer Straße (Höhe Post) oder die Großenhainer Straße (stadtauswärts) sind für Heiko Schulze positive Beispiele in Sachen Radverkehrs-Infrastruktur. "Unser primäres Ziel ist es, die Hauptachsen in der Stadt sicherer zu machen", sagt Dorothee Finzel. Sind die AK-Vorsitzenden enttäuscht über die schlechten Noten? "Nein, enttäuscht bin ich nicht. Manche Dinge wurden aber völlig anders bewertet, als ich gedacht habe", gibt sie zu. "Ich weiß, was wir in den letzten Jahren bewirkt und noch vorhaben. Unser ehemaliger Verkehrsplaner Anatoly Arkhipov hat sehr gute Vorarbeit geleistet. Jetzt geht es an die Umsetzung. Dieses Jahr wird man das merken", verspricht Heiko Schulze.

  • Nächste Sitzung des Arbeitskreises Radverkehr: 20. Juni, ab 16 Uhr, Konferenzraum Markt 3, Hinterhaus, 1. OG, Markt 3