Meißen/Dresden. Der Kontrast zwischen den beiden Betrieben könnte kaum größer sein: In der Druckerei Thieme fliegen die Papierbögen nur so durch die Maschinen – keine ist älter als drei Jahre. Die Grafikwerkstatt Dresden arbeitet hingegen mit etwa 100 Jahre alten handbetriebenen Maschinen – an ganz kleinen Auflagen. Künftig soll aus der Spannung zwischen High End und Historie eine Zusammenarbeit entstehen.
Es geht darum, altes Wissen weiterzugeben und die Zukunft zu sichern. Denn auch eine moderne Druckerei ist durch den Fachkräftemangel beeinträchtigt: Das Meißner Unternehmen konnte dieses Jahr gar nicht so viele Azubis anstellen, wie Stellen ausgeschrieben waren – es fehlt an Druckern und Buchbinderinnen. Nur bei den Mediengestaltern gibt es genug Bewerbungen. Durch den Austausch mit zwei Unternehmen aus der Region soll die Ausbildung noch ansprechender werden und die junge Generation die Wurzeln ihres künftigen Berufes kennenlernen.
"Bei uns lernen die Buchbinder einen reinen Industrieberuf; abgesehen von kleinen Handarbeiten, wie Ecken ausbrechen oder etwas Falzen", so Anna Meisel, die sich in der Druckerei Thieme um Marketing und das Anwerben der neuen Azubis kümmert. Schon im Januar dürfen die Azubis für 14 Tage die Arbeit einer Buchbinderei im Landkreis kennenlernen.
Ähnlich ist der Ansatz auch bei der Zusammenarbeit mit der Grafikwerkstatt Dresden: Im Grunde mutet der Dresdner Betrieb wie ein Museum an; nur, dass alle Maschinen noch funktionieren und benutzbar sind: Azubis, die sich für dieses historische Handwerk interessieren, sollen im Frühjahr die Möglichkeit bekommen, dort eine Woche lang ein selbst gewähltes Projekt umzusetzen: Etwa ein Leporello zu kreieren.
Fachwissen, das verschwinden wird
In der Dresdner Werkstatt können sich Künstlerinnen und Künstler einmieten und ihre Projekte an historischen, handbetriebenen Maschinen umsetzen. Für den Leiter der Grafikwerkstatt Dresden Peter Stephan hat das nichts mit Nostalgie zu tun: "Wer mit bestimmten alten Techniken arbeitet, für den sind unsere alten Maschinen perfekt."
Wie alt die Maschinen in der Werkstatt sind, lässt sich gar nicht mehr eindeutig klären. Die meisten stammten wohl aus den 1920-er Jahren. Die Möglichkeiten, Lithografien oder Radierungen anzufertigen sind mittlerweile begrenzt. Gut ausgestattete Werkstätten gäbe es in Dresden noch in der Hochschule sowie im Kulturverein Riesa efau. Ansonsten nur noch in Leipzig und Berlin. Wirkliche Sorgen macht Stephan allerdings etwas anderes: "In zehn Jahren gehen wir in Rente – bis dahin muss etwas geschehen", so Stephan. Die Zusammenarbeit mit der Druckerei Thieme ist da nur ein erster Schritt, denn in sieben Tagen lässt sich höchstens Begeisterung wecken. "Gerade in handwerklichen Situationen lässt sich das nicht in mehreren Monaten weitergeben. Sondern man müsste mehrere Jahre zusammenarbeiten."