SZ + Meißen
Merken

Ein Wochenende voller Steampunk in Meißen

Bereits zum sechsten Mal lockte das Kunstfest "Mit Zahnrad und Zylinder" Tausende auf Heinrichs- und Domplatz in Meißen. Die Gäste kamen bis aus Dänemark.

 4 Min.
Teilen
Folgen
Gustave alias Ludger Hollmann aus Kassel fuhr mit seinem Gefährt "Smokie 41" zum Steampunk-Treffen nach Meißen.
Gustave alias Ludger Hollmann aus Kassel fuhr mit seinem Gefährt "Smokie 41" zum Steampunk-Treffen nach Meißen. © Norbert Millauer

Von Julian Wolf

Meißen. Buntes Treiben in der historischen Meißner Altstadt: Bereits zum sechsten Mal lockte das Steampunk-Festival "Mit Zahnrad und Zylinder" zwischen Heinrichs-, Theater- und Domplatz zu einer "Reise in Verne Zeiten". Von Freitagnachmittag bis Sonntagabend waren historische Kutschen in der Altstadt unterwegs. Die Weinlounge "Vinolovio" und das Romantik-Hotel Burgkeller waren ebenfalls mit von der Partie – mit einem Viking-Bus kamen sogar Touristen aus Dänemark.

Neben rockiger und altertümlicher Live-Musik sorgten Geschichtenerzähler, Alleinunterhalter und Mitmach-Kurse auf dem Domplatz am Samstagnachmittag für Spannung und Begeisterung bei den Gästen, die den Weg aufgrund einer Hochzeit im Dom und der mit dem Fest verbundenen Straßensperrung meist über die Schlossstufen bestritten.

Schwarze, künstlerisch verzierte Kerzenständer, Weinglas-Halterungen, Handtuch- und Fackelhalter aus Edelstahl waren bei den Gästen des Kunstmarktes äußerst begehrt. Aber auch Stoffmäntel, Pelzmützen, geflochtene Körbe, Schals, Mützen, Zylinder, Ketten, Ledertaschen, Armbänder, Hosen und Gürtel fanden ihre Abnehmer beim Krempel- und Trödelmarkt in der Nähe des Burgkellers. "Alles was glänzt, geht gut", schreit ein Standbesitzer mit Vollbart, schwarzem Frack und goldenem Hut aus der Ferne. "Kupfer-Kannen und Kupfer-Schmuck, ebenfalls Silber- und Goldketten waren schon lang nicht mehr so begehrt wie heute, meine Herrschaften".

Insbesondere das Speise- und Getränkeangebot fand großen Anklang bei den Besucherinnen und Besuchern. Der Burgkeller grillte Bratwurst, an der Albrechtsburg gab es mit Aprikosen gefüllte Kartoffelklöße. Diese wurden wahlweise mit Butter, Zimt und Zucker, Schnaps, Himbeer-Minze, Orange, Rotkohl, Chili oder Pilz-Rahm-Soße serviert. "Das hat man nicht alle Tage und schmeckt absolut fantastisch", freut sich eine Besucherin im Vorbeigehen. Zu trinken gab es neben Alkoholfreiem und Softdrinks hauptsächlich Wein: Rivaner, Grauburgunder, Regent und Spätburgunder, aber auch Fruchtweine von Holunderblüte, Wildrose, Schwarze Johanna, Kirsche-Koriander und Marille hatten es den Interessierten angetan.

"Vorwärts in die Vergangenheit"

Christian Madetzki aus Berlin lief zum Steampunk-Treffen als Cyril von Deliros über den Domplatz auf dem Burgberg.
Christian Madetzki aus Berlin lief zum Steampunk-Treffen als Cyril von Deliros über den Domplatz auf dem Burgberg. © Norbert Millauer

Schlendern, staunen und genießen war für die Besucher oberste Priorität. Als Unterkategorie der Science-Fiction-Literatur der 1980er Jahre mit historischer Ästhetik mit Inspiration aus dem Dampfzeitalter entsprungen, hatte das Steampunk-Fest mit dem Motto "Vorwärts in die Vergangenheit" so einiges zum Staunen parat. Die Punker reisten mit Ledermänteln, Zylindern, schweren Ketten, Stöcken, seltsamen Apparaturen aus Kupferkannen und Schläuchen, schwarzen Ledergürteln und Stiefeln an. Künstlerische Bärte, sogar eine Frisur, die aussah wie eine Vogelspinne, wurden bewundert. Ganz normal findet "Cyril von Deliros", eigentlich Christian Madetzki aus Berlin, der die Besucher mit Witz als "seltsame, komische Kreaturen" bezeichnet. "Das Meer und Poseidon sind meine Inspiration. Deshalb paare ich heute Punk mit Oktopus, Dreizack und Sextant."

Ein besonderes Highlight der Veranstaltung war für viele Schaulustige sicherlich die erste Meißner Maker-Messe. "Maker" aus dem Englischen übersetzt "Macher", bedeutete, dass Leute, die aus einer eigenen Idee heraus etwas besonders Handwerkliches aufgebaut, kreiert oder produziert hatten, zur Messe im Burgkeller ausstellen durften. Die Schweizer Dampfmaschinenproduktion war so beispielsweise ein absoluter Publikumsmagnet und fuhr originalgetreu ihre Runden durch den Saal des Burgkellers.

Eine zweite, äußerst beliebte Anlaufstelle für gleichermaßen Groß und Klein war der historische Flugsimulator von Jörg und Brigitte Mannl aus Cottbus. Die gebürtigen Meißner waren nach kurzer Recherche begeistert von der Steampunk-Bewegung und wollten dazugehören. Sie entschieden sich dazu ins Jahr 1909 Rückkehren zu wollen. Wie Louis Blériot mit dem Flugzeug "Blériot XI" einmal über den Ärmelkanal fliegen zu können, erschien gerade für Jörg Mannl, eigentlich Ingenieur und Mikroelektroniker, eine gute Herausforderung. Eine halbe Stunde lang aber nur über das Wasser zu fliegen, erschien zu langweilig. So rekonstruierte Mannl eigenständig für seinen Flugsimulator die Route aus dem Film "Die tollkühnen Männer in ihren fliegenden Kisten". Die Kabine wurde ebenfalls selbstgebaut, die Gesamtarbeitszeit knapp 300 Stunden, die Resonanz auf der gesamten Messe überaus positiv.