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Eine perfide Betrugsmasche

Eine Frau sucht eine Arbeit. Sie antwortet auf eine Anzeige, ahnt nicht, dass sie auf Betrüger reinfällt. Und steht nun selbst vor Gericht.

Von Jürgen Müller
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Ein "Service" mit Paketen bringt eine Frau aus Meißen vor Gericht.
Ein "Service" mit Paketen bringt eine Frau aus Meißen vor Gericht. © imago stock&people

Meißen. Wer ist nicht schon mal auf solch eine Anzeige aufmerksam geworden, in der versprochen wird, durch leichte Heimarbeit viel Geld zu verdienen? Oft werden ein paar Tausend Euro im Monat in Aussicht gestellt. Bei vielen läuten da zu Recht die Alarmglocken.

Mitunter sind derartige "Stellenangebote" subtiler abgefasst. So wie in diesem Fall, wo ein "junges Logistikunternehmen Vertriebspartner in Deutschland" sucht. Man sei ein Dienstleister, der Unterstützung bei Warenlieferungen ins Ausland biete, heißt es sinngemäß. Für eine damals 45-jährige Radebeulerin scheint das der ideale Job zu sein. Die Frau, die aus Russland stammt und noch nicht besonders gut Deutsch spricht, antwortet auf die Anzeige. Und bekommt Antwort von der Firma. Die hat ihren Sitz in der Schweiz. Der Arbeitsvertrag ist makellos. Sie kann ihn auch problemlos lesen. Er wird ihr in russischer Sprache zugeschickt. Doch was sie für eine Aufgabe hat, versteht sie offenbar nicht. Und das hat nichts mit mangelnden Sprachkenntnissen zu tun.

Mahnungen statt Provision

Sie soll Pakete von Versandunternehmen, die an ihre Adresse gerichtet sind, in Empfang nehmen und ins Ausland weiterschicken. Dies sei nötig, weil manche Unternehmen nicht ins Ausland lieferten. Die Adressaufkleber werden ihr per Internet zugeschickt. Sie wird auch nicht stutzig, dass sie die Pakete öffnen und die Rechnungen herausnehmen und vernichten soll. Pro Paket, das sie weiterleitet, soll sie 20 Euro erhalten. Mehr als 100 Pakete hat sie so verschickt, bevorzugt nach Polen, Tschechien, Estland.

Anfangs erhält sie die zugesagte Provision, dann aber nicht mehr, wird sie immer wieder vertröstet. Sie macht weiter in der Hoffnung, dass das Geld schon kommen wird. Hat ja vorher auch geklappt.

Doch was kommt, sind Mahnungen der Versandunternehmen. Weil die Pakete an ihre Adresse versandt wurden und sie diese auch entgegengenommen hat, soll sie die Rechnungen bezahlen. Und wird tatsächlich in Regress genommen. Jetzt endlich geht sie zur Polizei. Dort wird ihr klar gemacht, dass sie offensichtlich einer Betrügerbande aufgesessen ist.

Das "Geschäftsmodell" der Bande besteht darin, Waren zu bestellen, welche an die "Vertriebspartner" geschickt werden. Diese senden sie weiter ins Ausland. Dort sitzen die Hintermänner, die die Waren zu Geld machen. Bezahlt wird nicht oder mit gefälschten oder aus dem Internet abgefischten Kreditkartenkonten.

Hintermänner sind nicht greifbar

Nun sitzt die Frau vor dem Amtsgericht Meißen. Fahrlässige Geldwäsche wirft die Staatsanwaltschaft der Frau vor, die doch selbst Opfer von Betrügern geworden ist. An die Täter kommen die Ermittler nicht heran. Die Firma in der Schweiz gibt es nicht, jedenfalls nicht an der angegebenen Adresse. Und die Hintermänner im Ausland sind ebenfalls nicht greifbar. Die einzige, derer man habhaft werden konnte, ist die Frau, das schwächste Glied in der Kette.

Doch ist sie wirklich Mitglied dieser Bande, die vermutlich von Russland aus agiert? Schnell wird klar, dass sie arglos auf die Betrüger hereingefallen ist. "Ich habe nicht gedacht, dass das kriminell ist", sagt sie. Nachdem sie stutzig geworden war, ging sie selbst zur Polizei, lieferte die Pakete ab. Ein Freispruch ist dennoch nicht drin, auch wenn die Sache schon fast sieben Jahre her ist. Und so stellt der Richter das Verfahren auf Antrag des Staatsanwaltes ohne Auflagen ein.

Eine Lektion hat die Radebeulerin nun aber gelernt: Hände weg von solchen Stellenanzeigen.