„Eine Zeit, die sie nie vergessen werden“

Von Julian Wolf
Weinböhla. Eine Tradition bleibt bestehen. Seit Jahrzehnten ist die untere Etage des Gebäudes auf der Weinböhlaer Mozartstraße, Ecke Hauptstraße der Anlaufpunkt für Bürger der Gemeinde für Foto-Shootings, Passbilder und Familienporträts. Viele erinnern sich noch an eine grau-braune Fassade und die roten Fensterrahmen des „Foto-Service-Zeiger“. Der von Kodak, einem der bedeutendsten Hersteller für fotografische Ausrüstung, unterstützte Laden nannte Jürgen Zeiger einen „Foto-Fachmann“ und warb für das „Porträt-Studio“. In dem Artikel „Das Lächeln ist das Wichtigste“ berichtete die Sächsische Zeitung bereits im April 2003 über den Fotografen, der auch heute noch in der Gemeinde bekannt ist.
Ab 2013 ließ sich Cornelia Normann als selbstständige Fotografin in den Räumlichkeiten nieder. Alles Mögliche bot sie den Weinböhlaern an: Porträtfotos, Passbilder, Familien-Aufnahmen, Kalender, Fotobücher, arbeitete auch mit Models im Atelier oder in der freien Natur. Acht Jahre lang zierte ihr Meisterbrief den Eingangsbereich in der Mozartstraße 2, bis sie Corona-bedingt ihren Laden nach langem Existenzkampf aufgab. Einmal komplett ausgeräumt, wurde spekuliert, was aus dem ehemaligen Fotostudio werden könnte.
Verschiedenste Gerüchte verbreiteten sich im Dorf. „Ich glaube nicht, dass sich in Weinböhla noch ein Fotograf hält und davon leben kann“, sagten die einen. „Ich habe gehört, dass sich ein Italiener das Objekt angesehen hat. Vielleicht wird es eine Art Bistro“, hieß es von anderer Stelle. Bauarbeiten, die kurz vor Weihnachten 2021 begannen, machten den Gerüchten jedoch ein baldiges Ende. Noch als der Fußboden rausgerissen wurde und die Wände einen frischen Farbanstrich erhielten, war an der Eingangstür zu lesen: „Lichtmeer Photography“. Eröffnet wurde kürzlich am 5. März.
Seit drei Jahren wohnt die Inhaberin, Anne Paterek, in Weinböhla. Eigentlich arbeitet sie im Krankenhaus als Schwester und Gesundheitspflegerin. Erst in Dresden-Friedrichstadt, jetzt in der Coswiger Lungenklinik, betreute sie Intensivpatienten auf der Covid-Station. Die Fotografie sei dabei nicht nur ein guter Ausgleich für die 27-Jährige, sondern auch ihre Leidenschaft gewesen. Ihre Großmutter führte sie schon früh in die Welt der Fotografie ein. Mit 14 bekam sie von ihr auch die erste Spiegelreflexkamera geschenkt. Nach Landschafts-, Tier- und Personenfotografie suchte Anne Paterek nach einem Spezialgebiet.
Ballkleid-, Babybauch- und Neugeborenenfotografie ist jetzt ihr Steckenpferd. Dafür ist alles im Fotostudio. Schwangerschafts- und Ballkleider in allen möglichen Formen und Farben hat sie in der Garderobe, Tücher und Accessoires wie Kuscheltiere für die Neugeborenen finden Platz im Atelier, sogar eine eigene Teeküche und einen separaten Umkleideraum mit Wickeltisch und Stillmöglichkeit für die Kleinsten bietet sie den Müttern. Hell und geräumig wirkt das frisch gestaltete Studio jetzt. Fotografiert werden kann aber auch zu Hause oder an der frischen Luft auf der Kirsch-Plantage.
Die Anfragen häufen sich, seitdem das Studio existiert. Bis Ende April ist Anne Paterek schon ausgebucht. Ihre Kunden kommen nicht nur aus der Gemeinde, sondern haben auch außerhalb von Weinböhlas Grenzen schon von ihr gehört. Vor allem Schwangeren-Fotografie ist zurzeit sehr begehrt, das Fotografieren der Kleinen aber genauso: „Für die Mütter ist es eine Zeit, die sie nie vergessen“, beginnt Anne Paterek. „Wenn der Bauch oder das Baby nicht im Foto festgehalten werden, bleibt nur noch die Erinnerung im Kopf. Diese Zeit kommt nie wieder und vergeht sehr schnell.“
Drei Wochen nach dem Shooting bekommen die Familien in der Regel ihre Bilder. Das Kind sieht dann schon ganz anders aus, so ihre Erfahrung. Bei einer normalen Geburt wird ab dem sechsten Lebenstag fotografiert, nach einem Kaiserschnitt ab Tag neun.
Zwei bis drei Stunden dauert der Fototermin in der Regel. Fotos vom Babybauch gibt es ab 200 bis 320 Euro, ein Neugeborenen-Shooting kostet zwischen 270 und 430 Euro.