Wem gehört der Tierpark Meißen?

Meißen. Jetzt ist es amtlich: Die Stadt Meißen ruft potenzielle Betreiber des Tierparks Meißen dazu auf, sich zu melden. Angeboten wird ein Vertrag über die Fläche in Siebeneichen für eine Dauer von fünf Jahren. Der Verein oder das Unternehmen sollten eine Gemeinnützigkeit nachweisen können. Das Rathaus bietet einen festen jährlichen Zuschuss an. Bis zum 6. Dezember haben Interessenten Zeit, ihre Unterlagen inklusive eines Finanzplanes einzureichen.
Die Grundlage für diesen Schritt bildet ein Beschluss des Stadtrates von Anfang Oktober. "Der Pachtvertrag mit Herrn Drechsler ist aufzulösen." Dieser Empfehlung der Arbeitsgruppe Tierpark Siebeneichen folgte damals eine Mehrheit der Stadträte. Anschließend wurde die jetzt veröffentlichte Ausschreibung auf den Weg gebracht. Bereits seit Jahren ist das Verhältnis zwischen Rathaus und Betreiber Heiko Drechsler zerrüttet. Wechselseitig wirft man sich fehlende Kooperationsbereitschaft beziehungsweise eine mangelnde Unterstützung vor.
Privateigentum öffentlich ausgeschrieben
Als eine direkte Folge dieser Entwicklung hat kürzlich eine Gutachterin den Tierpark besucht, um dort den Wert der festen Anlagen zu schätzen, die Drechsler und seine Helfer in den vergangenen knapp 20 Jahren errichtet haben. Der Rundgang begann bei den Einfahrten, welche der 57-Jährige vor Jahren massiv befestigt hatte. Zu den weiteren Stationen gehörten die Wasserleitung, der Grillplatz, feste Gehege, Bäume, Hecken und Mauern.
Das Grundstück sei ihm von der Stadt in einem sehr schlechten Zustand übergeben worden, so der Tierpfleger. Das, was jetzt den Tierpark Meißen ausmache, hätten er und Unterstützer in jahrelanger Kleinarbeit aufgebaut. Letztlich habe die Stadt sein Privateigentum öffentlich ausgeschrieben, ohne es überhaupt zu besitzen.
Zuvor hatte der Dresdner Meißen angeboten, gegen eine Abstandszahlung von 90.000 Euro sowohl auf die materiellen Werte als auch auf den Schutz der Bezeichnung Tierpark Meißen verzichten zu wollen. Zudem hätte sich so problemlos die Verkürzung der ursprünglichen Pachtdauer um acht Jahre regeln lassen. Nun allerdings soll offenbar ein Gutachten klären, ob diese Ansprüche überhaupt gerechtfertigt sind.
Spannend dürfte sein, wie es nun weitergeht. Eine Zeitschiene des Rathauses sieht vor, bis Ende des Jahres den Ausstieg des bisherigen Pächters vertraglich geregelt zu haben. Bis Mitte 2021 möchte das Rathaus dann die Nachfolge aushandeln. Anschließend könnte der neue Betreiber starten. Vorgesehen ist für diesen ein Zuschuss von bis zu 100.000 Euro, hauptsächlich zum Decken der Personalkosten. Darüber hinaus müsste ein neuer Pächter entweder mit eigenen Gehegen und Tieren nach Meißen ziehen oder diese von seinem Vorgänger abkaufen. Zusätzlich besteht ein Investitionsstau auf dem Gelände. So existieren beispielsweise keine zumutbaren Aufenthaltsräume.
Fraglich erscheint, ob sich unter diesen Bedingungen überhaupt seriöse Interessenten melden. Nach Angaben der Zoo-AG Bielefeld wurden allein letztes Jahr drei Tierparks beziehungsweise ähnliche Anlagen geschlossen. Futtermangel und das Fehlen geeigneten Personals stellen nach Recherchen der SZ die Hauptprobleme dar. Hinzu kommen derzeit verschärfend die Auflagen der Corona-Pandemie. Tierseuchen wie die Vogelgrippe bildeten in den vergangenen Jahren eine weitere Belastung.

Geteilt wird die Skepsis bezüglich neuer Pächter von Stadtrat Ingolf Brumm (Die Linke) sowie Kommunalpolitiker Walter Hannot von den Bürgern für Meißen. "Einige der für diesen Prozess Verantwortlichen gehen immer noch davon aus, dass Familie Drechsler dankbar sein müsse, wenn sie mal irgendwann eine Unterstützung für den Tierpark erhielte", schreiben sie in einer Anfrage an die Stadtverwaltung. Damit würde allerdings in Kauf genommen, dass der jetzige Betreiber den Tierpark schließt. Damit sei dieser dann Geschichte.
Im jetzt aktuell Interessenbekundungsverfahren wollen Hannot und Brumm eigenen Angaben zufolge erneut ihre Bereitschaft erklären, falls die Sopro diese Aufgabe nicht übernehme, eine Gemeinnützige GmbH als Träger zu gründen, die dann in Abstimmung mit Heiko Drechsler das Ganze übernimmt. "Für andere Wege ohne Familie Drechsler stehen wir nicht zur Verfügung", so Hannot und Brumm.