Meißen. Eintritt in das Haus. Trotz Mittagszeit ist der Flur im Eingang dunkel. Die Türen auf dem Gang stehen halboffen. Es ist still, die Handwerker in der Mittagspause. Dabei beginnt nun bald die Sanierung, die schon vor fast drei Jahren hätte beginnen sollen. Denn das denkmalgeschützte Haus, vermutlich im 16. oder 17. Jahrhundert erbaut, hat im Dachstuhl Schwamm. Das ist ein cellulosefressender Pilz, der besonders Holz und Tapeten liebt. Er kann sogar eine drei Meter dicke Mauer durchqueren. Deshalb hat der Eigentümer des Nachbarhauses, ehemaliger Stadtrat Walter Hannot (Bürger für Meißen), nun auch das Haus in der Görnischen Gasse gekauft.
Hausschwamm ist unübersehbar
Bei der Begehung des Hauses erklärt er, wie überrascht er sei, dass so viele Details des alten Gebäudes noch erhalten seien. Trotz jahrelangen Verfalls und unverschlossenen Türen. So sieht man alte Fliesen, Türen, Fenster oder mit Ochsenblut bestrichenes Parkett. In einem Raum erkennt man sogar Reste einer Deckenbemalung. "Wenn es richtig ausgeleuchtet ist, sieht man die Malereinfassungen", erklärt Walter Hannot.
Trotzdem wurde in den vergangenen Jahren viel geplündert. So wäre in einem Bauantrag des Vorbesitzers einiges erwähnt gewesen, das es mittlerweile gar nicht mehr gibt. Wie Tür- oder Fensterklinken. "Die sind auf dem Flohmarkt sehr beliebt", kommentiert der Ex-Stadtrat. Seit er das Haus gekauft hat, sind die Türen allerdings verschlossen. Er möchte das Haus so sanieren, dass die Substanz die nächsten 80 Jahre überdauert. Das sei im Moment teuer, jedoch eine Investition in die Zukunft. Ähnlich hat er es mit dem Haus in der Görnischen Gasse 33 gemacht.
Das sah er vor ein paar Jahren in Gefahr. Wegen des Hausschwamms in der Görnischen Gasse 32. "So ein Myzel (Gesamtheit des Pilzgeflechts, Anm. d. Red.) befällt nicht nur das Holz. Er wächst sogar durch Mauern hindurch, und zwar bis zu drei Meter." Zum Beispiel beim Abbruch des Hinterhauses war Holz dabei, das mutmaßlich von Schwamm befallen war, wie er selbst beobachtet hatte. Es gab allerdings keine Untersuchung. Die Stadtverwaltung fühlte sich nicht verantwortlich, da die eigentlichen Eigentümer keinen Hausschwamm gemeldet haben. Das war ein Grund, warum Walter Hannot auf eigene Faust das Holz prüfen ließ, und zwar beim Institut für Holztechnologie in Dresden. Das bestätigte den Verdacht.
Laut Sächsischer Bauordnung besteht die Pflicht zur Beseitigung von Hausschwamm. Fortan nahm sich Walter Hannot deshalb einen Rechtsanwalt, um auf die Beseitigung des Hausschwamms zu drängen, und zwar bei der Stadt. Diese musste sich dann 2018 mithilfe der Polizei Zutritt verschaffen, da der Eigentümer nicht kooperierte. Daraufhin veranlasste die Stadt eine Notsicherung, unter anderem des Dachstuhles und des Erkers im ersten Stock.
"Kosmetische Sanierung" reicht nicht aus
Doch Walter Hannot machte sich weiterhin Sorgen. Denn sein Haus in der Görnischen Gasse 33 war noch immer gefährdet. "Zum einen fielen oft Dachteile hinunter, zum anderen wurde der Hausschwamm nicht vollständig beseitigt", so Walter Hannot. Er nennt das "kosmetische Sanierung", die die Stadt durchgeführt hatte. Diese kann er jetzt mit dem Kauf nachweisen. Er möchte deshalb bald mit der Sanierung des Hauses beginnen.
Dazu gehöre die endgültige Schwammbeseitigung im Dachstuhl. Denn dort haben sich die Sporen des Pilzes weiter ausgebreitet, so der Ex-Stadtrat. "Nur eine chemische Behandlung mittels Injektion in alle Bereiche, die vom Hausschwamm betroffen sind, wird helfen." Die Bausubstanz sei vom Myzel so angegriffen worden, dass die Schilfdecke im Obergeschoss geöffnet werden musste. Sie wird erneuert, obwohl Walter Hannot sie gern erhalten hätte. "Das ist schade, aber für die Sicherheit der zukünftigen Bewohner notwendig", erklärt er. Denn hier sollen wie im Nachbarhaus Wohnungen entstehen.
Problematisch ist bei beiden Häusern, dass die Lücke zwischen den Brandschutzwänden nicht geschlossen wurde, als die Stadt die Notsicherung veranlasste. Deshalb sei damals schon die Wand seines frisch sanierten Hauses durchfeuchtet gewesen. "Denn es regnete weiter rein." Ähnliches gelte auch an vielen weiteren Stellen des Hauses. Das seien wiederum optimale Bedingungen für die Ausbreitung des Schwammes, ärgert sich Walter Hannot. Um zudem nach der Sanierung die Feuchtigkeit ins Gleichgewicht zu bringen, dauert es mitunter drei Jahre, erklärt er.
Die Hausmauer hinten droht einzustürzen
An der Rückseite fällt zudem auf, dass durch den Abriss des Hinterhauses das Gebäude auf dieser Seite instabil ist. "Verschiedene Risse zeigen die Bauchung des Mauerwerks als Folge an", erklärt Walter Hannot. Das heißt, die Fassade wölbt sich nach außen, die Sandsteine des Treppenhaues drücken nach vorn. "Über kurz oder lang kann das Haus einstürzen." Die beauftragte Baufirma der Stadt hatte versucht, den Verfall mittels Spanngurten zu verhindern. "Doch sogar ein Laie müsste sehen, dass ein Mauerwerk nicht durch solche Bänder aufgehalten werden kann", sagt Walter Hannot. Erste Sicherungsmaßnahmen seien deshalb gewesen, die Bögen über den Fenstern zu vermörteln. Die seien besonders instabil. "Die Ausbauchung ist zunächst verhindert."
Währenddessen fährt ein Mann im Auto an Walter Hannot vorbei. Er stoppt. "Ich bin so froh, dass endlich etwas mit dem Haus passiert", sagt er bei heruntergelassener Fensterscheibe. "Das dauert aber eine Weile", erklärt der Ex-Stadtrat. "Das ist in Ordnung. Wichtig ist, dass es losgeht." Bevor Walter Hannot das Haus sanieren darf, muss er jedoch erst ordentlicher Eigentümer werden. Zwar hat er nach eigenen Aussagen schon das Geld überwiesen, nur fehle jetzt noch der Eintrag in das Grundbuch. Das passiere wohl erst 2021. Danach kann er Bauanträge stellen. So verliert das Gammelhaus vielleicht seinen Namen.