Jagdsaison: Waschbär nicht zu stoppen

Meißen. Das Landratsamt Meißen hat jetzt auf Anfrage von Sächsische.de und SZ Meißen eine Bilanz der Jagdsaison 2020/2021 gezogen. Im Fokus stand einmal mehr der Waschbär. Die Zahl der erlegten Exemplare nahm der Behörde zufolge im Vergleich zu 2019/2020 von rund 2.900 auf knapp 3.200 zu.
Graureiher durch Manschetten an Bäumen geschützt
Hinter den nackten Zahlen verbergen sich regelrechte Tragödien: So ist die Lachmöwenkolonie im Naturschutzgebiet Großteich Zschorna dieses Jahr fast komplett ohne Nachwuchs geblieben. Als Ursache müsse auch hier zuallererst der Waschbär gelten, heißt es aus dem Amt. In Teichgebieten kommen teilweise keinerlei Wasservögel wie Enten, Blässralle, Haubentaucher oder Graugans mehr zu einer erfolgreichen Brut, weil der Waschbär auch ein guter Schwimmer ist.
An passenden Stellen scheint es unterdessen möglich, dem Räuber mit geeigneten Methoden Paroli zu bieten. So wurden im Naturschutzgebiet Insel Gauernitz die Brutbäume der Graureiher-Kolonie mit Manschetten versehen. Seitdem versuchen die Reiher wieder zu brüten. Über genaue Zahlen zu den Schäden, welche der Waschbär anrichtet, verfügt das Landratsamt allerdings nicht. Es gebe keinerlei systematische und flächendeckende Erfassungen durch die Untere Naturschutzbehörde, so Sprecherin Anja Schmiedgen-Pietsch.
Dass der bei Vogelkundlern, Winzern, Laubenbesitzern und Jägern unbeliebte Räuber nicht nur Feinde, sondern auch Freunde hat, zeigte sich im Herbst vergangenen Jahres in Radebeul. Eine Einwohnerin der Lößnitzstadt äußerte damals die Absicht, eine Auffangstation für Waschbären einzurichten. Der Anlass: Ihre Nachbarin hatte sich an die Jagdbehörde gewandt, weil in ihrem Garten Waschbären Vogelnester räuberten und das Obst und Gemüse wegfraßen. Daraufhin wurde eine Falle für die Tiere aufgestellt und die darin gefangenen Tiere getötet. Ein Jagdpächter wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass für das Halten von Wildtieren wie Waschbären strenge Auflagen gelten.
Treibjagden nur eingeschränkt möglich
Was die Abschusszahlen bei Schwarzwild, Rotwild und Füchsen anbelangt, konnten nach Aussagen des Landratsamtes bislang keine Auffälligkeiten festgestellt werden. Diese schwanken aus verschiedensten Gründen von Jahr zu Jahr. Beispielsweise liegt es an der landwirtschaftlichen Anbaustruktur, wie attraktiv diese für Wildschweine ist. Im Herbst seien angesichts der Corona-Pandemie sogenannte Erntejagden nur im kleinen Rahmen möglich gewesen. Diese fanden unter Einhaltung eines Hygienekonzeptes statt.
Von den insgesamt 820 im Landkreis registrierten Jägern wurden 2020/2021 gut 1.700 Wildschweine erlegt und knapp 1.800 Rehe. Die Strecke bei Füchsen betrug etwa 1.343 Exemplare.
Was den Wolf anbelangt zählen die Gohrischheide sowie der Raum Moritzburg laut Wolfsmonitoring des Freistaates zu den Gebieten mit unklarem Status. Es kommt in diesen Gegenden immer wieder zu Sichtungen. Ob sich dort Wölfe fest angesiedelt haben, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen. Für Aufsehen sorgte Ende September vergangen Jahres ein Wolfsriss im Schönfelder Ortsteil Linz, bei dem zwei Mutterschafe eines Hobbyhalters getötet wurden.
Gemeinsame Jagdleitung gefordert
Auf die Gefahr durch die Afrikanische Schweinepest reagierten die Jäger im Kreis laut Landratsamt durch eine intensivere Jagdtätigkeit. Hundegespanne aus dem Kreis seien im Grenzgebiet zu Polen zur Suche kranker Stücke eingesetzt worden.
Einer Mitteilung des Landesjagdverbandes Sachsen vom Freitag zufolge schreitet die Seuche im Freistaat Sachsen weiter fort. Die sogenannten Restriktionszonen nähmen zu und gefährdeten Existenzen der Landwirtschaft. Der Geschäftsführer des LJV Sachsen Martin Wißmann hat deshalb im Sozialministerium dem Staatssekretär Sebastian Vogel ein Angebot zur Übernahme der Einsatzleitung für die Jagd und Entnahme der Wildschweine in den Landkreisen Bautzen und Görlitz übergeben.
Der Landesjagdverband vertritt seit langem im Krisenstab die Auffassung, dass es ohne eine ganzheitliche Einsatzleitung nicht möglich sein wird, die Epidemie zu bekämpfen. Die Kräfte müssten gebündelt und die Entscheidungswege verkürzt werden. Zwei Ministerien, zwei Landkreise, fünf Jägerschaften und eine Vielzahl anderer Interessenvertretungen müssten unter einen Hut gebracht werden.