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Meißen: Krönung auf dem Ratsweinberg

In Meißen pflegen Handwerker auf der Baustelle des städtischen Gymnasiums einen zünftigen Brauch.

Von Harald Daßler
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Der Turm der früheren Weinbergschule bekommt eine neue Haube.
Der Turm der früheren Weinbergschule bekommt eine neue Haube. © Claudia Hübschmann

Meißen. Mehrere Schreiben mit Dankesbekundungen an die Bauleute, Bauzeichnungen, eine Schulbroschüre, eine Sächsische Zeitung sowie einen aktuellen Satz Münzen – René Heinitz muss etwas pressen und drücken, damit alles in der Hülse Platz findet. Der Geschäftsführer der gleichnamigen Dachdeckerfirma aus Lommatzsch hat gemeinsam mit Oberbürgermeister Olaf Raschke an die Weinbergschule geladen, um einen zünftigen Brauch der Handwerkerschaft zu pflegen.

Zeitkapseln wie die am Mittwochnachmittag auf dem Ratsweinberg befüllte, werden an Stellen eines Bauvorhabens "eingelassen", die absehbar in den nächsten Jahrzehnten nicht mehr zugänglich sind. In Zeiten, in denen es noch kein Internet gab, bot diese Zeremonie eine Möglichkeit der Nachwelt wichtige Informationen aus der Zeit der Entstehung eines Bauvorhaben zu hinterlassen, erläutert René Heinitz. Und er macht keinen Hehl daraus, dass er in dem von ihm verfassten Schreiben auch die Sorgen der Bauleute und Handwerker angesichts aktueller Entwicklungen und Befürchtungen in der Baubranche thematisiert hat.

René Heinitz füllt die Zeitkapsel mit aktuellen Dokumenten, einem Münz-Satz sowie einer Ausgabe der Sächsischen Zeitung.
René Heinitz füllt die Zeitkapsel mit aktuellen Dokumenten, einem Münz-Satz sowie einer Ausgabe der Sächsischen Zeitung. © Claudia Hübschmann
Mit dem Lötkolben verschließt Dachklempner Ronald Grande die Zeitkapsel.
Mit dem Lötkolben verschließt Dachklempner Ronald Grande die Zeitkapsel. © Claudia Hübschmann
Ein Autokran befördert die Turmhaube nach oben.
Ein Autokran befördert die Turmhaube nach oben. © Claudia Hübschmann
Vom Dach der Weinbergschule aus ist der Rohbau des neues Schulhauses C1 auf dem Gelände des Franziskaneums bereits erkennbar.
Vom Dach der Weinbergschule aus ist der Rohbau des neues Schulhauses C1 auf dem Gelände des Franziskaneums bereits erkennbar. © Claudia Hübschmann

Die Haube des Turms auf der 1909 eingeweihten Weinbergschule, die völlig verrostet war und nun im Zuge der Sanierung des Schulhauses B am städtischen Gymnasium aus verzinktem Blech neu angefertigt wurde, ist so eine Stelle. Damit die Dokumente in der Zeitkapsel sicher und vor äußeren Einflüssen geschützt bleiben, greift Ronald Grande zum Lötkolben. Fachmännisch versiegelt der Dachklempner die Kapsel.

Nun übernimmt Michael Schuler die Verantwortung. Er ist Kranfahrer im von René Heinitz geleiteten Unternehmen mit derzeit 22 Mitarbeitern. Per Fernsteuerung schickt er die Haube nach oben, während seine Kollegen gemeinsam mit dem Oberbürgermeister, Schulleiterin Heike Zimmer und weiteren Gästen der Zeremonie über die Gerüste zum Turm steigen. Bei sich haben sie die Zeitkapsel. Oben angekommen, befestigen die Dachdecker die verschlossene Hülse auf einer Konstruktion aus Edelstahl. Nun kann die per Kran die eingeschwebte Haube aufgesetzt werden. Dazu ist allerdings einiges an Handarbeit erforderlich, denn der Ausleger des Krans ist einen Meter zu kurz, um die Haube direkt an die Turmspitze bringen zu können.

Bei sengender Hitze gelingt den Dachdecker-Kollegen schließlich die Krönung des neu geschieferten Turmes auf dem historischen Schulgebäude. Damit sind die Bauarbeiten an diesem Teil des städtischen Gymnasiums auf dem Ratsweinberg fast erledigt. Wenn hier der Blitzschutz installiert ist, können die Baugerüste ab- und an der gegenüberliegenden Seite des Gebäudes wieder aufgebaut werden. Bis zum Herbst wollen die Dachdecker aus Lommatzsch alle ihre Arbeiten erledigt haben. Die neue Fassade, die an einigen Stellen des Schulhauses B bereits durch die Gerüste hindurchschimmert, soll noch im Lauf dieses Jahres das Antlitz dieses Schulgebäudes prägen.

Mit der neuen Haube werde die Weinbergschule als Teil des Franziskaneums eine Zierde in Meißen, die weithin sichtbar ist. Mit diesen Worten bedankt sich Schulleiterin Heike Zimmer bei den anwesenden Zimmerern und Dachklempnern für das Geleistete. "Bereits zum jetzigen Zeitpunkt haben wir hier auf dem Ratsweinberg in Meißen einen der modernsten Gymnasialstandorte der Region mit herausragenden Möglichkeiten für zeitgemäßes Lehren und Lernen", sagt Oberbürgermeister Olaf Raschke, der sich ebenfalls herzlich bei Bauleuten, Gerüstbauern, Handwerkern sowie den betreuenden Planern Birgit Scholz vom städtischen Bauamt und dem Meißner Architekten Jürgen Voigt bedankt.

In unmittelbarer Nachbarschaft des Schulhauses B wächst das Schulhaus C1, das Raum für Fachkabinette sowie für die notwendige Erweiterung der Mensa zur Versorgung der rund 1.000 Schüler bieten wird. Mit dem Richtfest am Rohbau wird hier schon bald die nächste Zeremonie auf dem Ratsweinberg stattfinden.