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„Kultige Typen“ im Porträt: Daniel Bahrmann

5 Fragen – 5 Antworten an und von Daniel Bahrmann. Der sympathische Kunstpreisträger, der gern anpackt und das Leben in Meißen bunt gestalten möchte.

Von Christiane Weikert
 6 Min.
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© Foto: Daniel Bahrmann

Er ist der Kultur- und Kunstpreisträger der Stadt Meißen 2020, Stadtrat, Fotograf und vielseitiger Künstler. Er lebt und arbeitet in Meißen und fängt das Leben gern ungefiltert mit seiner Kamera ein. Seine Liebe gilt seiner Familie und amerikanischer Literatur des 21. Jahrhunderts.

Wurde dir die „Kreativität“ in die Wiege gelegt?

Ich bin in einem sehr kulturellen Elternhaus mit vielen Büchern in Radebeul aufgewachsen, beide Eltern haben im Theater gearbeitet und wir vier Kinder standen auch schon von klein an mit auf der Bühne - das hat mich natürlich sehr geprägt. Auch meine Tante ist mit uns Kindern schon durch das barocke Dresden gezogen und in die "Alten Meister" gegangen. Das prägt natürlich auch sehr. Schon als Kind wollte ich Künstler werden, habe mich immer für viele Sachen begeistern lassen und alles ausprobiert. Schon damals habe ich fotografiert und die Filme zusammen mit meinen Brüdern im Labor meines Papas entwickelt. Damals noch alles analog und in Schwarz-Weiß, aber die Grundlagen für heute wurden damals schon gelegt.

Gleich nach meinem Abitur habe ich an der Hochschule für Bildende Künste in Braunschweig Freie Kunst studiert. Eigentlich wollte ich nach dem Diplom nur vorübergehend in Meißen bleiben, aber aus nur kurz ist - wie so oft im Leben - dauerhaft geworden und ich bereue es nicht. Obwohl damals alle meine Kommilitonen entweder nach Köln oder Berlin gegangen sind, fand ich in Meißen von Anfang an viele Möglichkeiten als Künstler zu leben und kreativ zu arbeiten.

Daniel, du lebst, arbeitest und engagierst dich in und für Meißen. Macht das immer Spaß oder könntest du auch mal die Wände hochgehen?

Ja, Meißen macht Spaß und es gibt sehr viele Möglichkeiten sich zu engagieren, ob beruflich oder ehrenamtlich. Schimpfen und Jammern ist nicht meins, lieber mit anpacken, organisieren und machen. Es gibt so viele Möglichkeiten das Leben zu gestalten und in die eigenen Hände zu nehmen. Gerade weil Meißen eine Kleinstadt ist, wo man sich gut kennt und die Wege kurz sind. Das weiß ich zu schätzen. Und wenn die Kleinstadt mal zu klein ist, kann man ja schnell mal nach Dresden, Leipzig oder Berlin fahren – das ist schon ein großer Vorteil.

Was fotografierst du am liebsten, Menschen oder Landschaften und was ist das Besondere an deinen Bildern?

Ich bin tatsächlich sehr gern draußen in der Natur und fotografiere Landschaften, aber auch die vielen verschiedenen Stadtansichten von Meißen und das mache ich zu allen Jahreszeiten wahnsinnig gern.
Draußen in der Landschaft unterwegs zu sein, ist einfach schön und frische Luft tut immer gut. Dabei dann noch fotografieren zu können, passt gut und macht mir große Freude. Vor einigen Jahren habe ich noch sehr viele Veranstaltungen fotografiert, wie die Hope-Gala in Dresden, aktuell arbeite ich eher im Bereich Reportage, Dokumentation und Produktfotografie. Dabei geht es nicht um Schnelligkeit, sondern um Präzision und Genauigkeit. Dafür braucht man einen fotografischen Blick, den man in meinen Bildern vielleicht auch erkennen kann. Ich möchte echte, authentische Fotos machen, die nicht mit Filtern oder Photoshop manipuliert werden. Ich bearbeite meine Fotos nur so, wie auch die alte, analoge Technik bearbeitet wurde. So verfälscht nicht die digitale Technik die Aufnahme. Ich möchte eher zeigen, was ich wirklich sehe und nicht alles technisch möglich ist.

Aber am liebsten arbeite ich künstlerisch mit der Fotografie. Der künstlerische Ansatz meiner Fotografie liegt in der Betonung der rein grafischen Aspekte der Motive, also ganz anders als bei meiner beruflichen Fotografie. Ich möchte die Fotografie als eigenständiges künstlerisches Medium mithilfe von Abstraktion zeigen und eine ganz eigene Visualisierung experimenteller Fotografie finden, die nur mit Licht, Farbe und Formen spielt und arbeitet. Denn Kunst basiert auf Neugierde und Spiel. Die kindliche Lust auf Entdecken, Ausprobieren und Herausfinden ist die Voraussetzung für die Schaffung neuer Kunstwerke. Und das kann ich in der Kunst ganz ausleben. Ich bin ja nicht nur Fotograf, Organisator vom Literaturfest und Stadtrat, sondern auch echter Künstler, was leider im Alltag immer etwas zu kurz kommt.

Seit Jahren organisierst du ehrenamtlich das „Literaturfest“ in Meißen. Was liest du am liebsten und welches Buch momentan?

Ich schätze sehr die amerikanische Literatur der Postmoderne ab Ende des 20. und Anfang des 21. Jahrhunderts, wie Philip Roth (Der menschliche Makel), Jeffrey Eugenides (Middlesex), Paul Auster (Mein New York), Michael Cunningham (Die Stunden), aber auch die frühen Romane von Haruki Murakami (Hard-boild Wonderland, Mister Aufziehvogel) und Michel Houellebecq (Karte und Gebiet, Elementarteilchen) und noch vieles mehr. - Diese Bücher kann ich auf jeden Fall empfehlen!

Ich bin generell sehr neugierig und suche immer neue Büchertipps, höre aber auch gern auf Empfehlungen. Das Literaturfest basiert auf dieser Liebe zu guter Literatur und der Aufgeschlossenheit anderem gegenüber, denn so kann man vieles entdecken und schätzen. Gerade habe ich aber wenig Zeit und Ruhe um dicke Bücher zu lesen. Familie, Beruf, Ehrenamt und Stadtrat brauchen viel Zeit und Aufmerksamkeit. Früher hatte ich doch wesentlich mehr Zeit zum Lesen. Beruflich bedingt stehen im Moment Bildbände und Bücher über Fotografie bei mir mehr im Vordergrund. Und da gibt es wahnsinnig viel Schönes zu entdecken!

Hast du einen Herzenswunsch?

Ich bin glücklich. Ich habe eine großartige Familie, die mir soviel Liebe und Freude schenkt, dass ich gar nichts anderes mehr brauche. Beruflich läuft es im Moment trotz Corona ganz gut und auch künstlerisch gibt es eine starke Entwicklung. Gerade über die Ehrung mit dem Kunst- und Kulturpreis der Stadt Meißen im letzten Jahr habe ich mich sehr gefreut. Ist es doch eine ganz große Bestätigung für die viele Mühe und Arbeit, die ich in der Stadt und für die Stadt leiste. Leider konnte der Preis wegen Corona nicht öffentlich übergeben werden.

Deswegen wünsche ich mir, dass wir gemeinsam die schwierige Situation mit der Pandemie überwinden und auch wieder mehr zueinander finden, ob im persönlichen Umfeld, in der Gesellschaft oder der Stadtpolitik. Die aufgehetzte Stimmung empfinde ich als sehr belastend und bedrückend. Das wäre ein sehr großer Wunsch: Mehr leben und leben lassen und weniger Hetze und Spaltung.