Gut sieht sie aus, unsere ehemalige Theaterchefin Reni Fiedler. Seit 2017 ist sie nun verdiente Rentnerin und kommt trotzdem nicht zur Ruhe. „Einmal Theater, immer Theater – mein Herz hängt einfach daran“, lacht Reni. Mittlerweile reist sie durch die Welt, erlebt große Opern in bekannten Städten und hat ihre Verbundenheit zu Meißen nie verloren.
Einmal Theater, immer Theater
Liebe Reni, wie bist du zum Theater Meißen gekommen?
„Mit Meißen fühlte ich mich schon immer verbunden, es ist meine Heimatstadt und mein Lieblingsort. Berufliche Gründe hatten mich dann aber von 1983 bis 1998 nach Moritzburg verschlagen.
Aber mein Herz hing in Meißen fest. Dann kam die Möglichkeit, als Kulturreferentin bei der Stadt zu arbeiten. Ich ergriff sofort meine Chance, bewarb mich und unterschrieb meinen Vertrag.“, lächelt sie glücklich.
„Ich konnte wieder Kultur machen. Zu meinen Aufgabengebieten zählte damals die dazugehörigen Einrichtungen wie Bibliothek, Museum und auch teilweise das Theater Meißen, welches aber damals noch als Regiebetrieb unter der Trägerschaft des Landkreises Meißen bewirtschaftet wurde.
Dann begann aber ein Tauziehen zwischen der Stadtverwaltung und dem Landkreis Meißen, von wem zukünftig das Theater betrieben werden sollte. Die Landrätin machte Druck und drohte sogar, dass diese Kultureinrichtung sonst geschlossen wird. Zum Glück war der damalige Oberbürgermeister Dr. Pohlack meiner Argumentation zugänglich, dass jede bedeutende Stadt auch ein eigenes Theater hat. So habe ich dann ein Konzept entwickelt, wie es funktionieren kann und auch den Betreiberwechsel empfohlen, um aus dem Regiebetrieb eine gemeinnützige GmbH entstehen zu lassen."
Ein Theater gehört in jede Stadt
"Als es dann im Jahr 2001 zur Umsetzung meiner Konzeption kam, gab es den nassen Genickstoß 2002 - im Theater stand das Wasser 2,30 m hoch. Der damalige Geschäftsführer bemühte sich emsig um eine schnelle Sanierung und Wiederbespielung. Meine Aufgabe als Kulturreferentin bestand darin, für die Bereitstellung der Wiederaufbau-Förderung zu sorgen. Im 1. Halbjahr musste ich mich dann intensiver um das Theater kümmern. Und im September 2004 war es dann soweit und
es wurde im Stadtrat vorgeschlagen, mich als neue Theatergeschäftsführerin erstmal befristet für ein Jahr einzusetzen. Mein Traum, in einem Theater zu arbeiten wurde erfüllt.
Am Ende war es nicht ein Jahr, sondern fast 13 Jahre, welche ich in diesem schönen Haus wirken konnte. Und ich bin sehr dankbar dafür, auch wenn es auch harte Jahre waren.“
Hast du schon selber Theater gespielt?
„Jein“, antwortet Reni und lacht.
„In meiner Kindheit liebte ich schöngeistige Dinge und Schulfächer wie Zeichnen, Musik, Literatur und auch Sprachen. Das entsprach meinem innovativen Denken und Fühlen. Naturwissenschaften waren mir immer zu abstrakt. Und ich liebte schon immer die Theaterszene wollte immer dazu gehören."
Ich passe in keine Rolle
"Und ich hatte auch schon immer eine Schwäche und ein Gespür für schöne Kostüme aller Art und für tolle Stoffe. Und daraus entwickelte sich dann auch mein erster Berufswunsch: Kostüm- oder Maskenbildnerin zu werden. Zu DDR-Zeiten war das ja nun auch nicht so einfach, und so habe ich erstmal ein Studium der Literatur- und Kulturwissenschaften in Leipzig absolviert.
Ja, und die Theaterliebe wurde immer größer und da bin ich in meiner Studienzeit dann viel herumgereist und habe mir im Deutschen Theater, im Berliner Ensemble und in der Volksbühne in Berlin tolle Stücke angeschaut. Ich habe vor der Bühne gesessen und gestaunt, über Schauspieler wie Rolf Ludwig oder über die Bühnenbilder von Eduard Fischer. Ich wollte auch unbedingt dazugehören.
Aber um auf deine Frage zu antworten. Das Theater musste noch warten. Ich bin dann erst einmal Mutter geworden und heiratete einen Musiker.“
Du hast eher vor einer Theaterbühne gesessen, als selber auf der Bühne zu stehen. In der Vorbereitung zu diesem Gespräch habe ich mich gefragt, in welcher Rolle ich Dich gesehen hätte, in der als „Femme Fatale“ oder eher als „Mutter Courage“?
„Ich würde weder in die eine noch in die andere Rolle schlüpfen! In meiner Leipziger Studienzeit habe ich ein paar Versuche gewagt und selbst die Bretter, die die Welt bedeuten, betreten. Ich habe nach kurzer Zeit allerdings gemerkt: Nein, das ist nicht die Seite der Theaterwelt, auf der du stehen willst. Ich konnte einfach nicht in eine Rolle schlüpfen und ich wollte das auch nicht.
Das war nie meine wirkliche Intension, ich bin individuell und selbstbestimmt. Mich interessierte viel mehr, was vorher hinter den Kulissen geschieht, bevor man eine Bühne quasi betreten kann.
Ich sehe mich eher als Regisseur, weil ich prinzipiell gerne konzeptionell und strukturiert arbeite. Wenn man Regisseur oder Dramaturg ist, muss man hinter die Stücke schauen, man muss die Stücke aufbauen, man muss die Hintergründe zusammentragen und muss daraus zum Schluss ein spielbares Werk machen. Das wären meine Stärken.
Der Unternehmensberater in der Kultur
Und ich schreibe unwahrscheinlich gerne Konzepte, so mit allem Drum und Dran. Das habe ich in meiner aktiven Zeit im Theater gern für thematische Programme wie z. B. den Neujahrsempfang oder andere Veranstaltungen gemacht. Ich habe mir ein Thema ausgedacht und habe rundherum dann alles dazu gebaut.
Ich bin Perfektionistin. Selbst wenn wir kurz vor einer Premiere gestanden haben und das Bühnenbild nicht passte, habe ich das noch geändert. Auch wenn ich manchmal mein Personal damit etwas genervt habe. Ja, das ist dann so, aber ich setze das dann auch durch. Ich bin vom Sternzeichen Skorpion, die sind schwierig, aber nicht hinterhältig, sondern direkt und ehrlich.
Zusammenfassend: Ich könnte aus Büchern vorlesen über die „Femme Fatale“ oder „Mutter Courage“, dafür würde ich mich noch eignen. Aber die beiden auf der Bühne darzustellen und in eine Rolle schlüpfen – eher nicht.“
Du engagierst dich im Theaterverein. Ist dir das weiterhin ein Herzensanliegen?
„Einmal Theater – immer Theater. Als ich im Frühjahr 2017 Rentnerin geworden bin, war ich eigentlich froh. Meine Kraft war fast aufgebraucht, ich fühlte mich ganz schön leer und ich brauchte auch die Pause. Aber dann“, lacht sie, „dann war ich zu Hause und alles war anders. Dann kam die Lücke, fast schon eine Leere und ich wusste, das will ich wieder ändern.
Ich wurde dann kurze Zeit darauf gefragt, das ist nun auch schon wieder 4 Jahre her, ob ich nicht Lust hätte, den Vorsitz vom „Theaterverein Meißen mit Zukunft e. V.“ zu übernehmen, weil mein Vorgänger aus Altersgründen den Posten abgeben wollte. Da habe ich nicht lange gezögert und für mich war es die perfekte Ergänzung, auch die Verbindung zum Theater nicht zu verlieren."
Die Botschafter der Kultur
"Unser Verein besteht aus 55 theaterbegeisterten Mitgliedern. Wir sagen oder predigen den Leuten: „Das Schönste im Leben, was man tun kann, ist, in das Theater zu gehen.“ Wir wollen, dass Theater bleibt und nicht untergeht, wollen Kinder und Jugendliche heranführen, weil es einfach viel lebendiger als Fernsehen ist. Wie sagte schon der wunderbare Regisseur Max Reinhardt: „Ich glaube an die Unsterblichkeit des Theaters.“
Er war ja der Gründer der „Salzburger Festspiele“, wo das Stück „Jedermann“ aufgeführt wurde. 1925 haben bei uns auch die ersten Burgfestspiele stattgefunden und auch mit dem Stück: „Jedermann – Das Spiel vom Sterben des reichen Mannes“. Daher war es im Jahr 2015 dem Theater und dem Theater-Förderverein eine große Freude und Ehre, die legendäre Veranstaltungsreihe "NEUE BURGFESTSPIELE MEISSEN" wieder aufzunehmen.
Wir bewegen uns in Zeiten der Digitalisierung und Globalisierung. Da müssen wir aufpassen, dass sich die Menschen nicht zu sehr vom Theater abwenden, sondern an die Wirksamkeit des Theaters glauben. Das ist ein Stück Lebensqualität, was nicht verloren gehen darf. Natürlich muss man sich auch an Veränderungen erst gewöhnen, auch Theater wird moderner um es so attraktiv wie möglich für die nächste Generation zu gestalten. Es sollte zeitgemäß sein. Theater hat auch einen Bildungsauftrag, sollte Wertevorstellungen übermitteln und ich würde mir wünschen, dass die Besucher immer etwas schlauer aus dem Theater herauskommen als sie reingehen."
Wie genießt du deine freie Zeit als wohlverdiente Rentnerin noch?
"Wenn man in Rente geht, nimmt man sich ja einiges vor. Mein Mann und ich sind riesige Musikliebhaber und wir lieben Opern. Und das ist mit eines der schönsten Dinge, welche ich bzw. wir jetzt tun können: wir machen Opernreisen. Wir sind gern dabei, wenn eine schöne Oper aufgeführt wird. Im Gewandhaus in Leipzig, in der Semperoper in Dresden, zu den Wagner-Festspielen in Bayreuth.
Aber am meisten genießen wir das, wenn wir innerhalb Europas unterwegs sind. Zum Beispiel besuchten wir schon die Mailänder Scala, wir waren in Rom, Verona, Venedig, Paris, Salzburg und London. Jetzt endlich habe ich Zeit dafür, diese ganzen tollen Opernhäuser der Welt zu sehen und vor allem auch zu erleben. Mir ist es relativ egal, in welcher Reihe ich sitze. Mir geht es um das Flair und das Gefühl, um die Traditionen. Ich bin ein Kulturmensch durch und durch. Vorher fand ich die Zeit nicht dazu, vielleicht auch nicht die Ruhe. Ich war meist mit meinen Gedanken im Theater oder beim nächsten Konzept.
Nun hat uns Corona ja einen Strich durch die Rechnung gemacht und unsere Kulturreisen etwas eingeschränkt. Aber wir bleiben dran. Ein großer Wunsch, den wir uns nun im nächsten Jahr erfüllen wollen, ist der Besuch der MET (Metropolitan Opera) in New York.
Ich kann also durchaus sagen, dass mich mein Leben als Rentnerin echt ausfüllt. Ich habe nun auch das Kochen für mich entdeckt und meine Affinität zum Backen. Im vorigen Jahr erwarb ich bei der
Sarah-Wiener-Stiftung ein Zertifikat als „Genuss-Botschafterin“. Weiterhin lese
ich sehr viel und fahre mit meinem Mann gern mit dem Fahrrad. Es hat eine Weile gedauert, bis ich diese Mischung gefunden habe und für mich selber akzeptieren konnte. Ich kann mein Rentnerdasein genießen, es ist ausgewogen und ausgefüllt.
Und mein Herz hüpft immer noch, wenn ich nach Meißen komme. Wieder und immer wieder."
Liebe Reni, vielen Dank für dieses herzliche Gespräch.
Meißen hat sie - Meißen.Lokal stellt sie vor: Kultige Typen
Manche Meißner haben einen gewissen Kultstatus in der Stadt an der Elbe inne. Viele kennen sie nur unter originellen Spitznamen oder Titeln. Sie sind absolut einmalig. Welche Persönlichkeit steht hinter dem kultigen Typen? Meißen.lokal kennt sie alle und Sie auch bald!