Meißen
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Was für ein Glück für Meißen

Ein Zusammenspiel von Elbland-Philharmonie, Domkantor Göbel und Orgel-Virtuose Schmeding entwickelte sich jetzt zu einem wahren Festkonzert.

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Bei einem ersten großen Konzert nach der Pandemie im Meißner Dom glänzten die Musiker jetzt mit fabelhafter Spielfreude.
Bei einem ersten großen Konzert nach der Pandemie im Meißner Dom glänzten die Musiker jetzt mit fabelhafter Spielfreude. © Claudia Hübschmann

Von Kathrin König

Meißen. Die Neuen Burgfestspiele mussten zwar auch dieses Jahr verschoben werden. Einen musikalischen Paukenschlag gab es am Sonntag auf dem Burgberg trotzdem zu hören. Die Elbland Philharmonie und der vielfach preisgekrönte Organist und Musikprofessor Martin Schmeding musizierten unter der Leitung von Domkantor Thorsten Göbel zur musikalischen Vesper. Was hier recht unscheinbar klingt, entpuppte sich als ein zweistündiges Festkonzert, in dem die Töne perlten, rauschten und es viel Neues zu entdecken gab.

Zu Beginn entführten die Philharmoniker und Schmeding ihre Zuhörerschaft mit einem Doppelkonzert für Truhenorgel, Viola und Streicher ins Wien des jungen Johann Michael Haydn. Da flossen die Töne bis in die hintersten Reihen des Kirchenschiffs, dass man sich samt Dom nahe der Donau wähnte, statt zu Füßen der Elbe. Solo-Bratschistin Christina Hanspach, die seit Dezember 2020 fest zum Orchester gehört, spielte ihre Parts mit viel Gefühl nach vorn, ohne einen Hauch von Kitsch, dafür mit tiefer Freude. Das hatte Gründe. „Michael Haydn ist wirklich innig, er ist für die Seele“, sagte die 29 Jahre alte Musikerin. Als Schülerin und junge Studentin habe sie oft mit dem früheren Domkantor Jörg Bräunig im Dom zusammengespielt und viel von ihm gelernt. „Das Konzert bedeutet mir sehr viel. Ich spiele auch für ihn“, meinte sie nach der Generalprobe und fügte hinzu: „Ich freue mich auf das Neue, das hier kommt.“

Neues wagen

Und neues stellte der musikalische Leiter Göbel dem Publikum auch vor - neben Haydn und zwei Bach-Werken. „Ich suche gerne Stücke aus, die die Kollegen nicht aufführen“, lautet Göbels Motto. Passend zum diesjährigen „Jahr der Orgel“ erklangen zwei Werke für gleich drei Orgeln. „Kathedralen dieser Größe haben in Frankreich und Großbritannien normalerweise immer drei Orgeln. Das bietet sich hier in diesem phänomenal schönen Raum einfach an“, betonte auch Martin Schmeding, der in Leipzig an der Hochschule für Musik den Lehrstuhl Orgelliteratur innehat, in Birmingham Gastprofessor ist und die Europäische Orgelakademie leitet.

Bei einem Echo von Samuel Scheidt aus dem Jahr 1624 konnten sich die Zuhörer dann langsam auf die akustischen Möglichkeiten des Klangraums einstellen im Zusammenspiel von Eule-Orgel (Göbel), Truhenorgel neben der Kanzel (Schmeding) und von hinten an einer recht kleinen Orgel auf der Westempore (Robin Gäde). Mit Experimentierfreude gingen die drei Organisten dann bei Charls Ives „The unanswered question“ ans Werk. Ein Stück, in dem sich der US-Amerikaner Ives 1908 musikalisch mit der Frage nach dem Sein befasste - und die Antwort offenließ.

Die Elbland Philharmonie und der Organist Martin Schmeding musizierten am Sonntag im Meißner Dom unter der Leitung von Domkantor Thorsten Göbel zur musikalischen Vesper.
Die Elbland Philharmonie und der Organist Martin Schmeding musizierten am Sonntag im Meißner Dom unter der Leitung von Domkantor Thorsten Göbel zur musikalischen Vesper. © Claudia Hübschmann

Dem Meißner Publikum blieb keine Zeit, sich seiner eigenen Ratlosigkeit hinzugeben, denn mit Kenneth Leightons Orgel Konzert (op. 58) für Orgel, Streicher und Pauken folgte das nächste intensive Klangereignis, bei dem man den Elbland-Philharmonikern die Spielfreude deutlich anmerkte. Das Werk des Britten Leighton von 1970 ist in Mitteldeutschland höchst selten zu hören. Was für ein Glück, Martin Schmeding und die Elbland Philharmonie damit in Meißen zu erleben.