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„Keiner will sich in die Nesseln setzen“

Welche Interessen mit der Windparkplanung auf der Baeyerhöhe durch die Gemeinde verfolgt werden, dazu gibt es unterschiedliche Meinungen.

Von Uta Büttner
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Zu den Windrädern auf der Baeyerhöhe mit einer Nabenhöhe von 65 Metern sollen weitere, rund 100 Meter höhere Giganten kommen.
Zu den Windrädern auf der Baeyerhöhe mit einer Nabenhöhe von 65 Metern sollen weitere, rund 100 Meter höhere Giganten kommen. © Claudia Hübschmann

Klipphausen. Das Thema Windrad-Giganten auf der Klipphausener Baeyerhöhe bewegt seit 2012 die Gemüter in der Gemeinde. Auf der einen Seite sind Anwohner und Naturliebhaber. So äußerten schon damals Günther Meier aus Schmiedewalde und Bürger in den Dörfern rund um den geplanten Windpark ihre Sorgen. Auf der anderen Seite gibt es 19 Landeigentümer mit unterschiedlichen Interessen. Bereits 2015 haben zwei einen Vertrag mit einem Windrad-Betreiber unterschrieben. Ihnen wurde Geldgier unterstellt. Acht lehnten wohl lukrative Angebote ab.

Wie die Lage heute aussieht, ist unklar. Bürgermeister Mirko Knöfel (parteilos) sagte kürzlich: „Die Gemeinde wird das Gebiet rechtssicher, neutral und vor allem unter Berücksichtigung der Interessen der Bürger überplanen. Wenn Investoren solche Gebiete überplanen, steht meist nur der Profit im Vordergrund. Die Interessen der Bürger bleiben oftmals unberücksichtigt. Für mich stehen die Einwohner von Klipphausen im Vordergrund, denn sie müssen die nächsten Jahrzehnte mit den Anlagen leben. Deswegen ist für mich jeder Euro in dieser Sache sehr gut angelegtes Geld.“

Eine Befragung der Bürger wurde laut Knöfel aber nicht vorgenommen. „Es gibt seit vielen Jahren eine diffuse Interessenslage“, sagt er. Direkt betroffen seien die Einwohner von Schmiedewalde, Lotzen, Lampersdorf, Sora und Seeligstadt. „Insbesondere aus diesen Orten habe ich aus vielen Gesprächen mit Bürgern in den letzten Jahren deren Anliegen aufgenommen. Diese spiegeln sich in unseren Zielen des B-Planes wider.“ Zum Beispiel seien diese ein geordnetes Landschaftsbild, Höhe, Anzahl und weitere.

Mega-Windräder bereiten Anwohnern Sorge

Dem Seeligstädter Volker Gebhardt wäre es am liebsten, wenn keine weiteren Windräder kämen. An die bereits fünf bestehenden, „haben wir uns inzwischen gewöhnt“, sagt er. Auch daran, dass man sie höre, wenn Südwind ist. Diese Windräder haben eine Nabenhöhe von 65 Metern. Die neuen werden wahrscheinlich 100 Meter höher sein. „An diese großen könnte ich mich nie gewöhnen.“

Doch die Riesen-Windräder verhindern kann die Gemeinde nicht, nur die Landeigentümer. Letztere könne der Seeligstädter verstehen, wenn sie ihr Land verpachten. Er meint: „Wir würden wahrscheinlich kein Land hergeben, aber bei viel Geld ändert sich auch manchmal die Meinung. Es ist ein zweischneidiges Schwert.“ Eigentlich sei es sinnlos, die Planung des Windparks durch die Gemeinde weiter voranzutreiben, wenn es nur noch um Kleinigkeiten wie beispielsweise die Farbgestaltung geht, meint Gebhardt. Doch immer alles nur hinzunehmen, das findet der Seeligstädter auch nicht gut. Er würde sich wünschen, mehr Informationen bezüglich der Pläne und Kosten zu bekommen, von der Gemeinde und von den potenziellen Windradbetreibern.

Mit den unterschiedlichen Parteien ins Gespräch zu kommen, ist schwer. Ein Lampersdorfer sagt: Die Lage zwischen den Befürwortern und Gegnern der Windräder scheine unterschiedlich, angespannt und widersprüchlich. Niemand von denen, die er kennt, sei bereit, sich öffentlich zu äußern: „Keiner will sich in die Nesseln setzen.“

Was will die Gemeinde erreichen?

Ohne Bebauungsplan (B-Plan) müsste die Gemeinde über jeden einzelnen Bauantrag befinden. Zudem könnte das Landschaftsbild durch unterschiedliche Anlagen bezüglich Höhe und Gestalt wesentlich stärker beeinträchtigt werden, erklärt Sabine Schreiber vom beauftragten Planungsbüro Schubert. Auch könne unter anderem nicht auf die Minimierung nötiger Flächen für Zuwegungen und Nebenanlagen wie Kranstellplätze geachtet werden. Ebenso möchte die Gemeinde mit dem B-Plan sicherstellen, dass Natur-Ausgleichsmaßnahmen im Umfeld der Windräder oder zumindest im Gemeindegebiet erfolgen.

Doch für Thomas Angermann von der Bürgervertretung Triebischtal (BVT) sei es nicht nachvollziehbar, warum auf Gemeinde-Kosten detaillierte Planungen und Gutachten gemacht werden, die eigentlich die Windrad-Betreiber vorzuweisen haben. Er glaubt, es gehe bei dem B-Plan „eigentlich um die Optimierung der Winderträge und die Interessen der Investoren und Grundstückseigentümer.“ Denn im B-Plan-Vorentwurf ist als ein Ziel die „Sicherstellung einer effektiven Standortausnutzung“ aufgeführt. So soll eine Anlagenkonfiguration festgesetzt werden, die gewährleistet, dass aus der Fläche der maximale Energieertrag erzielt werden kann. Weiter heißt es: „Der Bebauungsplan bündelt und harmonisiert damit die Interessen der Investoren oder Grundstückseigentümer und die Interessen der Gemeinde. So wird vermieden, dass die Reihenfolge der Genehmigungsanträge oder das Verhandlungsgeschick von Investoren der optimalen Nutzung der Flächen entgegenstehen.“

Klipphausener könnten mit Bürgerwindrad beteiligt werden

Die Aussage vom Bürgermeister, für ihn stünden die Einwohner von Klipphausen im Vordergrund, denn sie müssten die nächsten Jahrzehnte mit den Anlagen leben, „ist damit nicht sehr belastbar“, sagt Angermann. Er schlägt beispielsweise vor, „um die betroffene Bevölkerung mit einzubeziehen, wäre ja auch denkbar, eine Windenergieanlage mit echter Beteiligungsmöglichkeit als Bürgerwindrad zu planen.“

Die große Mehrheit der Gemeinderäte hat für den B-Plan gestimmt. So auch Uwe Krause vom Triebischtaler Bürgerbündnis Klipphausen: Ziel sei, wenigstens ein bisschen Einfluss zu haben – und wenn es nur um die Farben oder die Begrünung um die Giganten herum gehe. Und vielleicht sei auch ein Bürgerkraftwerk möglich. Ähnlich sehen es Jenny Cauvin und Steffi Horst vom Bündnis Freie Wählergemeinschaft. Sie meinen, man solle es versuchen und jede Chance nutzen. Doch beispielsweise Carsten Hahn (CDU) meint: „In einem ohnehin sehr knappen Haushalt wäre das Geld meiner Ansicht nach, besser zu gebrauchen.“

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