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Meißen: Knöllchen, aber nicht für alle

Will die Stadt Meißen Parkverstöße ausländischer Fahrzeuge ahnden, ist sie auf Mithilfe der Herkunftsländer angewiesen. Das klappt manchmal, häufig aber nicht.

Von Andre Schramm
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Für viele Parkverstöße von ausländischen Fahrzeughaltern können Strafen nicht vollstreckt werden, weil die Grundlage dafür fehlt. Für AfD-Stadtrat Thomas Kirste ein Problem mit großer Relevanz.
Für viele Parkverstöße von ausländischen Fahrzeughaltern können Strafen nicht vollstreckt werden, weil die Grundlage dafür fehlt. Für AfD-Stadtrat Thomas Kirste ein Problem mit großer Relevanz. © SAE Sächsische Zeitung

Meißen. Hin und wieder sieht man in Meißen Fahrzeuge mit ausländischen Nummernschildern, die im Parkverbot stehen oder einfach falsch abgestellt wurden, beispielsweise in die Gegenrichtung der Fahrbahn. Ein Problem, das den Meißner Stadtrat Thomas Kirste umtreibt. Er wollte deshalb von der Stadt Meißen wissen, wie das Ordnungsamt derlei Parkverstöße ahndet? Wie viele ausländische Falschparker jedes Jahr registriert werden und woher sie kommen? Vor allem aber: Ob die Knöllchen auch beglichen werden? "Auf dieses Thema hatten mich Bürger aus Meißen aufmerksam gemacht, die bemerkt hatten, dass immer wieder ausländische Kraftfahrzeuge in Verbotszonen der Stadt Meißen parken. Oftmals, so die Bürger, handele es sich um stets die gleichen Kraftfahrzeuge, welche – sofern sie überhaupt noch vom Ordnungsamt verteilt würden – ihre Bußgeldbescheide scheinbar ignorierten", erzählt der AfD-Stadtrat.

Halterdaten sind wichtig

Um an den Parksünder heranzukommen, braucht das Meißner Ordnungsamt die entsprechenden Halterdaten. Bei Verstößen im ruhenden Verkehr gibt es nur drei Länder, die diese Informationen übermitteln. Das sind die Niederlande, Österreich und die Schweiz. Das ganze Auskunftsverfahren laufe digital und zentral über das Kraftfahrtbundesamt. Eine weitere Korrespondenz mit anderen Behörden, z. B. ausländische Meldeämter, sei so gut wie nie erfolgreich, teilt das Ordnungsamt auf Nachfrage mit. Wenn der Fahrzeughalter anhand der Kennzeichenanfrage mitgeteilt wird, erfolgt die weitere Bearbeitung bzw. Vollstreckung analog zu den deutschen Fahrzeughaltern. Heißt: Man bekommt Post aus Meißen und die Aufforderung die Ordnungswidrigkeit zu begleichen. Sollte das Knöllchen nicht bezahlt werden, wird gemahnt. Das Anschreiben wird in der Landessprache des Fahrzeughalters formuliert. Bei Österreichern und Schweizern also eher unproblematisch.

Für den Datenaustausch bei Verkehrsdelikten gibt es auch die EU-Richtlinie 2015/413. Sie gilt für alle EU-Mitgliedsstaaten, jedoch nur für bestimmte Vergehen, wie zum Beispiel Geschwindigkeits- und Rotlichtverstößen oder Trunkenheit im Straßenverkehr. Dafür gibt es in jedem Land eine sogenannte nationale Kontaktstelle. Bei Delikten im ruhenden Verkehr greift die EU-Richtlinie allerdings nicht. "Hier benötigt es bilaterale Verträge als Grundlage für den Halterdatenaustausch", teilte die Stadtverwaltung mit.

Wer parkt besonders oft falsch?

Im Jahr 2021 waren die Polen im Deliktbereich "ruhender Verkehr" Spitzenreiter. Nach Angaben der Stadt gab es deswegen insgesamt 49 Verfahren. Die meisten wurden eingestellt (42), da der Halter nicht zu ermitteln war. Immerhin: sieben Strafzettel wurden von unseren Nachbarn beglichen. Möglich ist das, da das Knöllchen unter der Windschutzscheibe bereits die entsprechenden Zahlungsinformationen enthält. Platz zwei ging 2021 an die Tschechen. Hier wurden 17 Verstöße registriert. Achtmal wurde bezahlt. Erwähnenswert sind noch bulgarische Fahrzeuge. Von elf Knöllchen blieben neun offen. Bei den Schweizern (2) und Österreichern (4) gabs keinerlei Zahlungsausfälle. In Summe wurden vorletztes Jahr trotzdem 75 von 102 Verfahren eingestellt.

Im Jahr 2022 führten immer noch die polnischen Fahrzeughalter die Statistik an: 44 Mal wurde falsch geparkt. Demgegenüber standen am Jahresende aber nur sechs bezahlte Strafzettel zu Buche. Von 39 Knöllchen an ukrainischen Autos, wurden im vergangenen Jahr vier bezahlt. Macht Platz 2. "Zu ukrainischen Kennzeichen gibt es keine Halterauskunft, es sei denn es liegt ein Bewohnerparkausweis im Fahrzeug", teilte das Ordnungsamt mit. Die Bulgaren hatte es 30 Mal erwischt, wobei das nicht ganz stimmt. Davon wurde kein einziges Knöllchen bezahlt. Auch die Zahlungsmoral der Tschechen hat offenbar nachgelassen. Nur ein Falschparker (von 25) beglich seine Schuld. Unter dem Strich zählte das Ordnungsamt letztes Jahr 191 Verfahren. Davon wurden 26 erfolgreich zum Abschluss gebracht.

Die Stadt Meißen nutzt seit Juli 2020 die Möglichkeit, dass das Knöllchen individuell von den Vollzugsbediensteten gedruckt wird. Somit ist es jedem Fahrzeugführer möglich, seine Strafe zu bezahlen, auch wenn keine Halterdaten übermittelt werden. Voraussetzung: Der Mitarbeiter des Ordnungsamtes trifft den Parksünder auch an.

"Keine staatlichen Freifahrtscheine"

"Für die Bürger der Stadt Meißen sowie Touristen aus anderen Gegenden Deutschlands und Westeuropas, die stets bei Androhung von Mahngebühren ihre Bußgelder sofort zu begleichen haben, kommt die derzeitige Handhabe einem sehr ärgerlichen Rechtsverständnis des Staates gleich", sagt Kirste mit Blick auf die eingestellten Verfahren. Es dürften seiner Ansicht nach keine staatlichen Freifahrtscheine für ausländische Verkehrssünder erteilt werden. "Bei ausländischen Staatsangehörigen, die in Meißen wohnhaft sind, sollten die Melde- und Halterdaten abgeglichen bzw. die Bußgelder vor Ort abkassiert werden", erklärt er weiter. Ihm geht es nicht nur um die Gleichbehandlung, sondern auch um den Verlust von Bußgeldern, die von der Stadt Meißen trotz großen Arbeitsaufwands nicht eingetrieben werden können.