Meißen
Merken

Meißner Steampunk-Verein: "Die Luft ist raus"

Zum siebten Mal veranstaltet der Verein "Mit Zahnrad und Zylinder" dieses Jahr sein Festival. Es könnte das letzte sein, jedenfalls in Meißen.

Von Andre Schramm
 7 Min.
Teilen
Folgen
Jens Mahlow vom Verein "Mit Zahnrad & Zylinder" im Laden auf der Burgstraße.
Jens Mahlow vom Verein "Mit Zahnrad & Zylinder" im Laden auf der Burgstraße. © Claudia Hübschmann

Meißen. Jens Mahlow vom Verein "Mit Zahnrad und Zylinder" (ZuZ) sitzt im Laden auf der Burgstraße 27 und will reden: über die letzten sieben Jahre, den Umgang miteinander in der Stadt und die Zukunft des Steampunk-Festivals. Bei ihm hat sich offenbar in den letzten Monaten ein bisschen was angestaut. Keine Wut, eher Unzufriedenheit. Tage zuvor hatte er einen offenen Brief an die Zeitung und den Stadtmarketing-Chef geschickt. In dem Schreiben ging es um einen Bußgeldbescheid der Stadt.

"Wir sind nun im siebten Jahr. Da ist es höchste Zeit mal zu rekapitulieren, was wir erreicht haben. Wir wollten das Steampunk-Festival zu einer festen Größe entwickeln. Ich denke, das haben wir auch erreicht", sagt er mit Blick auf die Veranstaltung, die regelmäßig am zweiten Juli-Wochenende zwischen 3.500 und 4.000 Menschen nach Meißen lockt. Die meisten von ihnen reisen in der typischen viktorianischen Robe an. "Es ist ein bisschen wie ein Familientreffen geworden", sagt Mahlow.

Im letzten Jahr war zum ersten Mal eine sogenannte Maker-Messe im Romantik Hotel Burgkeller Teil des Programms. Bastler und Tüftler zeigten dort ihre dampfbetriebenen Maschinen. Etwa 800 Besucher waren nach Vereinsangaben da. "Du willst so ein Festival natürlich weiterentwickeln, den Gästen etwas Neues bieten", sagt Mahlow. In dem Zusammenhang wurde 2022 erstmals auch der Heinrichsplatz bespielt. "Inzwischen sind wir aber an einem Punkt angelangt, wo wir uns zurückentwickeln", schiebt er hinterher. Die siebte Auflage finde wieder ausschließlich auf dem Domplatz statt. Ob es danach überhaupt noch weitergehe, sei derzeit offen, so der Vereins-Schatzmeister weiter.

Weinfest ja, aber nicht auf der Burgstraße

Los ging der ganze Ärger zum Weinfest im letzten Jahr. "Der Gewerbeverein verlangt dafür eine Gebühr, etwa 240 Euro. Ich habe damit auch kein Problem, das Geld zu bezahlen, sofern wir Teil des Festes sind und davon profitieren", sagt Mahlow. Das sei seiner Ansicht nach nur theoretisch der Fall. Die Burgstraße gehört traditionell zum Festgelände. Weinfeststände gab es 2022 im Gegensatz zu den Vorjahren hier nicht. "Etwa auf Höhe von Brück und Sohn war Schluss", sagt Mahlow. Dafür habe man an der Rathausecke einen Essens-Stand platziert, der wie ein Verschluss gewirkt habe. "Am Ende waren wir die einzigen, die die Burgstraße bespielt haben. Dabei ist der Getränkeverkauf die einzige Einnahmequelle für unseren Verein an dem Wochenende", meint er mit Blick auf die Biertischgarnituren, die vor dem Laden standen.

Weinfest 2022: Gina und Ines stoßen vor dem Laden des Vereins "Mit Zahnrad und Zylinder" an.
Weinfest 2022: Gina und Ines stoßen vor dem Laden des Vereins "Mit Zahnrad und Zylinder" an. © Claudia Hübschmann

Es kam die Vorweihnachtszeit und die Meißner Weihnacht. Die Mahlows stellten an den Wochenenden im Advent einen eigenen Weihnachtsmarkt, die Hofweihnacht, auf die Beine. Und die Biertischgarnituren auf die Burgstraße. Die Ausschankgebühr des Gewerbevereins hatten sie sich dieses Mal gespart. "Wozu auch", meint Mahlow. Das Ganze blieb nicht folgenlos. Es gab einen Bußgeldbescheid der Stadt. Mit Mahngebühren seien inzwischen etwas mehr als 100 Euro aufgelaufen. "Wir bringen Kultur in die Stadt und werden dafür noch abkassiert", sagt er. Seine Kritik richtet sich auch gegen den Gewerbeverein. Dieser habe eine Art Vormachtstellung in der Stadt und bestimme, was laufe und was nicht, sagt Jens Mahlow.

"Gespräch war sofort vorbei"

Gewerbevereins-Chef Uwe Reichel zeigt sich entspannt ob der Kritik. Man zwinge niemanden, bei irgendetwas mitzumachen, sagt er. Dass es keine Stände auf der Burgstraße gegeben hat, liegt Reichel zufolge daran, dass es einfach niemanden gab, der dort einen Stand betreiben wollte. Was Reichel nicht passt, ist die Art und Weise, wie die ZuZ-Vereinsmitglieder auftreten. "Das betrifft insbesondere den Ton und die Forderungsmentalität. Hinzu kommt, dass Probleme gleich öffentlich über Facebook rausposaunt werden, anstatt sie mit den Beteiligten zu lösen", sagt er und meint damit wahrscheinlich einen Beitrag zur Kulturraumförderung auf dem Account von Mahlows Frau.

"In den letzten Jahren wurde für das Steampunk-Festival jedes Mal ein Angebot für unsere Bühne angefragt und dann eine andere genommen. Das ist sinnlose Arbeit für unseren Verein", sagt Reichel. Den letzten Kontakt habe es seinen Angaben nach in der Vorweihnachtszeit gegeben. "Der ZuZ-Verein hatte uns gefragt, ob er sich Glühweintassen leihen kann", erzählt Reichel. Der Gewerbevereinschef nutzte die Gelegenheit, um nach der Werbepauschale, eine freiwillige Abgabe für Weihnachtsmarkt-PR, zu fragen. "Das Gespräch war sofort zu Ende", sagt Reichel. Seitdem herrscht Funkstille. Das Festival, so betont Reichel, sei aber eine Veranstaltung, die Meißen guttue.

Kulturraum lehnt Förderantrag ab

So sieht es auch Meißens Stadtmarketing-Chef. "Das Zahnrad- und Zylinder-Festival zieht vor der besonderen Kulisse von Domplatz und Burg und mit seinem außergewöhnlichen Programm jährlich viele Besucherinnen und Besucher an. Wir sehen es ohne Frage als kulturelle Bereicherung des städtischen Lebens und sind dankbar für das Engagement des Vereins", sagt Friedel. Wie eine große Zahl anderer wichtiger Kulturakteure unterstütze man das Festival unter anderem durch Bewerbung und Veröffentlichungen in den städtischen Publikationen und im Web. Hinzu komme die finanzielle Hilfe über Drittmittel, sofern sie denn über den Kulturraum fließen, und Mittel aus der Gästetaxe, hieß es weiter. Friedel verweist auf ein geplantes Gespräch mit dem Gewerbeverein zu den Modalitäten der Feste. Dort soll es auch um Fragen zur Abgrenzung des jeweiligen Festgeländes gehen.

In Sachen Förderung gibt's für die Festival-Macher das nächste Problem. "Der Kulturraum hat den Förderantrag für das kommende Steampunk-Fest abgelehnt", sagt Mahlow. Der Anteil der Marktstände sei zu hoch. Der ZuZ-Verein, so erzählt es jedenfalls der Steampunk-Freund, hätte einen Eigenanteil von 32.000 Euro nachweisen müssen – bei einer Förderung in Höhe von 4.000 Euro. Maßgabe sei ferner gewesen, dass man eine professionelle Veranstalter-Tätigkeit nachzuweisen hatte. "Ich habe das Gefühl, dass man die Hürden so weit hochsetzt, dass nur noch Leuchttürme förderfähig sind", meint der Pädagoge. Deshalb sei der Schritt, das Festival wieder zu verkleinern, notwendig gewesen. Mahlow: "Wir tragen bei der Veranstaltung volles Risiko. Ein komplett verregnetes Wochenende und das war's." Vollständigerweise muss man an dieser Stelle erwähnen, dass das Festival auch eine Förderung von der Kulturstiftung des Freistaates bekommt. Nachfrage beim Kulturraum Sächsische Schweiz - Osterzgebirge.

Schon zu spät?

"Es ist richtig, dass der Förderantrag abgelehnt wurde", sagt Diana Fechner, Leiterin der Geschäftsstelle des Kulturraumes Sächsische Schweiz - Osterzgebirge. Die Entscheidung, so erzählt sie weiter, habe der Kulturkonvent in seiner Dezember-Sitzung gefasst. "Für eine vollumfängliche Einschätzung fehlten einfach wichtige Unterlagen", so die Leiterin weiter. Dieses Versäumnis sei den Vereinsmitgliedern auch mitgeteilt worden.

Tatsächlich wurden auch die Förderkriterien im vergangenen Jahr überarbeitet. "Im Kern hatte man die Förderschwerpunkte konkretisiert – über alle Sparten hinweg", erzählt Fechner. An der Förderquote sei nichts verändert worden. Sie liege nach wie vor bei fünf Prozent der zuwendungsfähigen Ausgaben. Dass vom Verein monierte Verhältnis sei damit alles andere als korrekt, so die Leiterin weiter. Bleibt noch die Sache mit dem Bußgeldbescheid zu klären.

"Maßnahmen wie Bußgeldbescheide werden nur ergriffen, wenn vorherige Gespräche und Hinweise keine Beachtung finden", ließ das Meißner Ordnungsamt mitteilen. Man verwies bei der Gelegenheit auf "gewisse Spielregeln", die eingehalten werden müssen, um Unstimmigkeiten zu vermeiden. Doch die gibt es längst. Ob ein Gespräch mit allen Beteiligten jetzt noch möglich ist, bleibt dahingestellt.

In Freital gibt es offenbar schon länger Interesse an der ganzen Steampunk-Kultur. "Idee ist, dass wir das Areal von Schloss Burgk beim Windbergfest bespielen. Auch beim Industrietag in Chemnitz werden wir stets mit offenen Armen empfangen. Hier in Meißen fehlt uns einfach die Unterstützung", sagt Mahlow enttäuscht. Seine Frau habe ihn neulich angeschaut und gefragt, wozu man das hier eigentlich noch mache?