Neue Hoffnung für die Zugverbindung von Dresden über Nossen nach Döbeln

Meißen. Über die Regionalbahnlinie 110 zwischen Meißen und Döbeln sollen bald wieder Personenzüge rollen. Das Vorhaben ist Teil der Speckgürtelstrategie, mit der die Region besser an die sächsische Landeshauptstadt angebunden werden soll. In Dresden arbeiten und lernen, auf dem Land leben und wohnen. So die Vision von Henning Homann, dem Landtagsabgeordneten aus Döbeln, der zugleich den sächsischen Sozialdemokraten vorsteht. Er möchte die Strecke wieder für den Personenverkehr nutzbar machen. Und die Signale sind durchaus positiv, denn nicht nur der Freistaat hat sich zur Sanierung bekannt. Auch der Bund möchte ein Teil der Gelder übernehmen. Er knüpft diese Zusage allerdings an die Voraussetzung, dass sich die Verkehrsverbünde vorab darüber im Klaren sind, mit welchen Zügen und in welcher Taktung sie den Abschnitt befahren wollen. Die wiederum fordern zunächst eine Sanierung der Strecke.
10.000 neue Betonschwellen
Die kostet. Auf rund 30 bis 35 Millionen Euro werden die Ausgaben veranschlagt, die nötig sind, um die gesamte Strecke wieder für Personenzüge fit zu machen. In einem ersten Abschnitt wären 3,5 Millionen Euro nötig, um etwa 10.000 Betonschwellen zwischen Meißen und dem Tanklager Rhäsa zu erneuern, dort wo auch jetzt Züge fahren, allerdings nur mit Gütern beladen. In Rhäsa werden drei Millionen Liter Öl und Benzin umgeschlagen, pro Tag. Das Lager, das zum Mineralöl-Konzern Varo Energy gehört, ist zentral für die Heizölversorgung und Tankstellenbelieferung in Sachsen zuständig. Seine Anbindung an das Schienennetz ist unabdingbar und stand auch nie zur Disposition. Allerdings kann der aktuelle Pächter und Betreiber der Strecke, die NossenRiesaer-Eisenbahn-Compagnie (NRE) die Sanierung nicht aus eigener Tasche stemmen. Die NRE hat den 37,1 Kilometer langen Streckenabschnitt von der DB Netz AG gepachtet, wobei der 2015 vereinbarte Pachtzins bei rund 50.000 Euro pro Jahr liegt. Nun wollen Land, aber auch Bund helfen. Die Anträge beim Eisenbahnbundesamt seien bereits gestellt und es bestünden gute Chancen, dass sie noch in diesem Jahr bewilligt werden, so SPD-Chef Homann. Dann könnte der Schwellenaustausch zeitnah beginnen. Die Gelder des Landes sind im aktuellen Haushaltsplan eingestellt und werden auch in dem künftigen Doppelhaushalt für 2023/24, über den gerade verhandelt wird, Eingang finden.
Nur 300 Fahrgäste am Tag
Ziel soll sein, die Strecke zwischen Döbeln und Nossen in einer Stunde zurückzulegen, was auch deshalb gelinge, weil der Umstieg in Meißen nicht mehr nötig sei. Die Züge werden von Dresden nach Döbeln durchfahren. Und Henning Homann ist überzeugt, dass sich genügend Fahrgäste finden werden. Das war zuletzt anders und am Ende auch der Grund für die Einstellung des Bahnverkehrs. Der Verkehrsverbund Mittelsachsen hatte 200 bis 300 Fahrgäste pro Tag gezählt und bereits im März 2014 entschieden, auf der Strecke zwischen Nossen und Döbeln keine weiteren Züge mehr bestellen zu wollen. Da halfen auch die Proteste und 7.000 Unterschriften nicht, die eine Bürgerinitiative gesammelt hatte. Busse sollten den Transport übernehmen. Das funktionierte. Im ersten Jahr meldete der Verkehrsverbund Oberelbe einen deutlichen Zuwachs bei seinen Fahrgastzahlen, auch durch zusätzliche Linien, und eine deutliche Kostenreduktion. Der Bedarf an Zuschüssen halbierte sich so auf 740.000 Euro.
Tarifsystem vereinfachen
Doch schon 2018 dann das Umdenken. Der VVO verkündete auf seiner Verbandsversammlung, dass man an einer Wiederaufnahme des Schienenpersonennahverkehrs zwischen Döbeln und Meißen interessiert sei. Der Freistaat hatte zuvor angekündigt, zusätzliche Gelder für die Entwicklung des Nahverkehrs im ländlichen Raum zur Verfügung zu stellen. Für Henning Homann ist klar, dass man Geduld brauche, bis die Züge auf der Strecke wieder durchgängig rollen. Aber er sieht vor allem das große Potenzial an Fahrgästen. Da sei der Landesrechnungshof, der sich in Döbeln ansiedelt, das Karls-Erlebnisdorf oder die Firma Blackstone im Gewerbegebiet. "Wir gehören nicht automatisch zum Speckgürtel von Dresden, Leipzig oder Chemnitz. Aber wir können die Voraussetzungen schaffen, dass die Region enger an die Metropolen heranrückt", so Homann.
Das 9-Euro-Ticket habe gezeigt, dass viele Menschen bereit sind, auf Bus und Bahn umzusteigen, wenn nur die Angebote attraktiv genug seien, so der Landespolitiker. Es habe aber auch offenbart, dass die Kunden ein einheitliches und übersichtliches Tarifsystem zu schätzen wissen. "In Döbeln und in vielen anderen Orten scheitern Oma und Opa nicht am Bahnsteig, sondern schon am Ticketautomaten", so Homann und ergänzt, dass das Tarifsystem viel zu kompliziert sei und soll unter anderem durch den Sachsentarif vereinheitlicht werden. "Hier wünschte ich mir von den Verkehrsverbünden deutlich mehr Tempo", so Homann. Er ist überzeugt, die Chance für eine Wiederbelebung der Strecke standen noch nie so gut wie jetzt.