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Anwohner fühlen sich von partywütigen Skaterplatz-Besuchern tyrannisiert

Der Skaterplatz am Meißner Elbufer wird nicht nur von Sportler genutzt. Anwohner fordern schärfere Kontrollen und drohen mit drastischen Schritten.

Von Ines Mallek-Klein
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Je heißer der Tag, desto später beginnt die Party auf der Meißner Skateranlage. Die Sportler ziehen sich zurück, wenn die lautstarken Trinkspiele beginnen. Dazu gibt es oftmals dröhnende Bässe aus Boxen. Die Bitten der Anwohner werden oft ignoriert.
Je heißer der Tag, desto später beginnt die Party auf der Meißner Skateranlage. Die Sportler ziehen sich zurück, wenn die lautstarken Trinkspiele beginnen. Dazu gibt es oftmals dröhnende Bässe aus Boxen. Die Bitten der Anwohner werden oft ignoriert. © Claudia Hübschmann

Meißen. Es ist ein sonniger Augusttag. Durch das Tor des Meißner Kanuvereins fährt gerade ein Auto. Das Ehepaar aus Bremen hat zwei Boote auf dem Dach, mit denen sie das Elbland erkunden möchten. Ihr Quartier für einige Zeit ist die Wiese vor dem Vereinshaus. Sie ist gelbbraun, wie so viele Wiesen in diesen Tagen. Doch das stört die erfahrenen Camper nicht. Sie bauen ihr Lager auf, während sich nebenan ein halbes Dutzend Anwohner versammelt hat.

Sie haben weniger Freude an den Sommerabenden und erst recht an den Nächten. Denn der Skaterpark, der direkt neben dem Kanuverein liegt, wird allabendlich zweckentfremdet. Auf der angrenzenden Asphaltfläche parken Dutzende Autos, die Kofferraumklappen weit geöffnet, dröhnt die Musik in die Häuserzeile. „Als ich das letzte Mal die Polizei anrief, bat mich der Beamte, die Fenster zu schließen. Er könne mich so schlecht verstehen. Ich musste ihm sagen, dass die Fenster bereits geschlossen sind, aber die Scheiben klirren“, erzählt eine Anwohnerin. Sie ist, wie viele ihre Nachbarn auch, Stammkundin bei der Polizei. Es sind nur wenige Abende, an denen die Polizei nicht einschreiten muss.

Das Areal sei polizeilich nicht als Brennpunkt eingestuft, er sei aber wiederkehrend Thema im Präventionsrat der Stadt Meißen, bestätigt ein Sprecher der Polizei. Der Führungsstab des hiesigen Reviers sowie die Bürgerpolizisten stünden im engen Informationsaustausch, auch mit dem zuständigen Streetworker und dem Ordnungsamt der Stadt Meißen. Zudem werde das Gebiet regelmäßig bestreift, da es immer wieder Hinweisen zu Ruhestörungen, den Konsum und Besitz von Drogen sowie zu Verstößen gegen das Jugendschutzgesetz gäbe. Wie oft die Polizei gerufen wird und einschreiten muss, wird allerdings von den Beamten nicht statistisch erfasst.

Und der Erfolg ihrer Arbeit scheint überschaubar. Kaum sei das Blaulichtfahrzeug weg, dröhnt wieder die Musik, oft aus mehreren Lautsprechern gleichzeitig. „Wir haben hier an manchen Abenden schon über 120 Leute gezählt“, sagt ein anderer Anwohner. Seinen Namen möchte hier keiner lesen, denn sie haben schon oft das Gespräch mit den jungen Leuten gesucht. Vergeblich. Es endete fast immer in Pöbeleien und der Androhung von Gewalt. Bei einem Nachbarn stand eines Tages sogar eine Gruppe vor der Tür.

Probleme von Anfang an

Die Nerven liegen blank. Auch, weil es kaum eine Nacht gäbe, in der man vernünftig durchschlafen könne, so eine Anwohnerin. Auf dem eigenen Balkon, im eigenen Haus – eigentlich ein Ort, an dem man Ruhe und Entspannung finden möchte – fühlt man sich nicht mehr wohl. Und das nicht erst seit gestern.

Der Skaterpark entstand 2005, nach der ersten großen Flut. Dort, wo früher die Bühne des Aktivisten stand, die die Elbefluten mitgerissen hatte. Die Stadt wollte ein Angebot für die jungen Sportler schaffen. Doch Probleme gab es von Anfang an. Nicht wegen der Skater. Die balancieren mit ihren Boards und Rollern über die Hindernisse, haben Spaß und sind in aller Regel spätestens mit Einbruch der Dunkelheit verschwunden. Statt Alkohol und Drogen werden Wasser und Energydrinks konsumiert. „Damit Sie richtig verstehen, wir haben nichts gegen die Skater, überhaupt nicht“, sagt ein Anwohner und die Umsitzenden nicken zustimmend. Das Problem sei die zweite und die dritte Schicht, Jugendliche und junge Erwachsene, die keineswegs nur aus Meißen kommen. Die Autokennzeichen führen nach Riesa oder Großenhain, vermutlich sei man über Onlineplattformen organisiert.

Und es gelingt nicht, Ruhe in die Sache zu bringen. Die beiden kleinen Schilder mit den Benimmregeln auf dem Platz, die Alkoholkonsum verbieten und vorschreiben, mit welchen Boards und Rollern die Halfpipes befahren werden dürfen, wirkt ein wenig hilflos angesichts der Probleme. Die Anwohner, rund 60 sind es in Summe, sind genervt. Auch weil die Gespräche mit der Stadt Meißen bislang ohne durchschlagenden Erfolg geblieben sind.

2019, vor Corona, habe es Hoffnung gegeben. Nach einer Razzia mit vier Festnahmen wegen des Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz patrouillierte die Polizei regelmäßig auf dem Areal. Das bremste offenbar die Feierlaune, die Treffen wurden seltener und etwas leiser.

„In diesem Sommer aber läuft das Ganze komplett aus dem Ruder“, sagt eine Anwohnerin und holt einen Zettel aus ihrer Mappe. Es ist ein offener Brief, der sowohl an den Meißner Oberbürgermeister Olaf Raschke, als auch an den Landrat Ralf Hänsel und Polizeidirektor Peer Barthel sowie verschiedene Amtsleiter gerichtet ist. Sie fordern darin die Durchsetzung der Regeln, die sich die Stadt für den Platz selbst gegeben hat: Alkoholverbot, Musik- und Rauchverbot, Verlassen des Platzes bei Einbruch der Dunkelheit. Es sei, heißt es weiter, ein Sport- und Spielplatz.

Doch die Gruppen der Feierwütigen, die sich sowohl im Alkohol- als auch im Lautsstärkepegel zu übertrumpfen versuchen, werden immer größer. Das hat auch hygienische Folgen. Die Hecke, die den Skaterplatz vom Kanuvereinsgelände trennt, dient als Toilette. „Unzumutbare Zustände auch für die Camper, die auch noch 1,50 Euro Kurtaxe entrichten müssen“, sagt der Vereinschef. Ganz abgesehen von dem Bild, das die Stadt Meißen bei ihren teils weit gereisten Gästen hinterlässt.

Die Anwohner sind wild entschlossen. Komme keine Reaktion von Stadt und Polizei, erwägen sie rechtliche Schritte, wollen zum 31. August eine Schließung des Skaterparks erwirken. „Wir Anwohner sind müde, diese Zustände weiter zu ertragen, da wir inzwischen um unsere Gesundheit und Sicherheit fürchten“, heißt es in dem Schreiben.

Stadt will Angebote ausweiten

Das ist die eine Seite, die andere ist eine wirtschaftliche. Viele der Häuser waren lange Jahre unbewohnt, wurden erst durch Investoren und Eigentümer hergerichtet mit dem Anspruch, in Elbnähe ein angenehmes Wohnumfeld zu schaffen. „Sollte hier jemand verkaufen wollen, sind die Zustände schlicht wertmindernd“, so das Fazit eines Hauseigentümers. Dass er parallel von der Stadt eine Zahlungsaufforderung auf dem Tisch hat, weil sein Haus im Sanierungsgebiet liegt und damit mehr wert sei als noch vor Jahren, macht die Sache nicht besser.

Der Stadt sei das Thema präsent. Man wisse, dass die Jugendlichen das Areal seit der Aufhebung der Pandemiemaßnahmen noch intensiver nutzen als früher, heißt es aus dem Rathaus. Man verfolge eine deeskalierende Strategie, so sei ein Streetworker auch in den Abendstunden vor Ort. Ganz konkret sei zudem angedacht, weitere Angebote für Jugendliche zu schaffen, um die Gruppengröße zu reduzieren. Dazu sei man mit Investoren im Gespräch und mit dem Stadtrat im Austausch. Und um die hygienischen Zustände zu verbessern, soll mittelfristig eine Toilettenanlage entstehen – die es dort schon einmal gab.