Rekord bei Direktkandidaten im Wahlkreis Meißen

Meißen. Zum neunten Mal dürfen die Wähler im Kreis Meißen am 26. September an einer Bundestagswahl teilnehmen. Der Wahlausschuss des Kreises hat jetzt elf Direktkandidaten zugelassen. Das dürfte ein Rekord sein. Die Vergleichbarkeit gestaltet sich allerdings schwierig, da der mit den Kreisgrenzen übereinstimmende Wahlkreis erst im Zuge der Verwaltungsreform von 2008 entstand. Zuvor verteilte sich die Wählerschaft über insgesamt vier Wahlkreise. Eine direkte Korrelation lässt sich nur mit den Urnengängen 2009, 2013 und 2017 herstellen. Zumindest in diesem Rahmen ist 2021 zahlenmäßig ein Rekordjahrgang.
Nur ein Kandidat verfügt über Parlamentserfahrung
Der Trend geht zum Neueinsteiger. Von den elf Interessenten für einen Platz im Berliner Bundestag verfügt lediglich Sebastian Fischer von der CDU über Erfahrung in der Parlamentsarbeit. Er saß zwei Legislaturperioden lang im sächsischen Landtag, bis er seinen Wahlkreis an den Großenhainer AfD-Politiker Mario Beger verlor.
Alle anderen Kandidaten, so einer von ihnen gewählt würde, wären dagegen neu im Geschäft. Ihre Qualifikationen könnten unterschiedlicher kaum sein. Markus Pohle von der Linkspartei ist von Beruf Koch. Seine Partei erhoffe sich von ihm "neue Ansätze und Herangehensweisen", so der Kreisvorsitzende Erik Christopher Richter. Als Erzieher arbeitet André Langerfeld von den Freien Wählern. Er betont regelmäßig, die Kenntnisse und Erfahrungen aus seiner beruflichen Tätigkeit gern in Berlin einbringen zu wollen.
Bewerber sind deutlich jünger geworden
Zumindest was die Region Meißen anbelangt, lässt sich ein Generationswechsel in der Politik feststellen. Mit Markus Pohle, Stephanie Dzeyk von der SPD und Johannes Schmidt-Ramos von der FDP sind gleich drei Kandidaten 1991 geboren. Es folgen mit Sebastian Fischer und Karin Beese von den Bündnisgrünen zwei Vertreter des Jahrgangs 1981. Als ältester Bewerber tritt Uwe Enge von den Liberal-Konservativen Reformern an. Er wurde 1962 geboren.
Kleinstparteien nutzen Sprungbrett
Während Kleinst- und Splitterparteien bei den vorangegangenen Wahlen größtenteils auf Direktbewerber verzichteten, sieht es in diesem Jahr anders aus. Der Wahlzettel wird deutlich bunter. Erstmals mit dabei sind die Liberal-Konservativen Reformer, welche sich 2015 angeregt durch den früheren AfD-Bundessprecher Bernd Lucke gründeten. Durch Übertritte aus den Reihen der AfD gehören der Partei derzeit je ein Bundestags- und Europaabgeordneter sowie vier Landtagsabgeordnete an.
Ein weiterer Exot ist die Basisdemokratische Partei Deutschlands. Sie entstand im Rahmen der Proteste 2020 gegen die Einschränkungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie. In ihrer Struktur und Herangehensweise an die Politik unterscheidet sie sich deutlich von herkömmlichen Parteien. Keinen Bewerber entsendet die NPD. Dabei war Kreis- und Stadtrat Peter Schreiber aus Strehla bei den letzten Wahlen quasi immer gesetzt.
Mehr Frauen erobern den Wahlzettel
Kaum zu glauben: Bei den vorangegangenen drei Bundestagswahlen stand mit Susann Rüthrich von der SPD jeweils nur eine Frau auf dem Wahlschein. Diesmal finden sich dort insgesamt vier Bewerberinnen. Drei von ihnen vertreten Parteien aus dem links-grün-alternativen Spektrum. Barbara Lenk stellt in der AfD eher eine Ausnahme dar. Sie und Carolin Bachmann aus Mittelsachsen sind die einzigen beiden Frauen auf der 16 Namen umfassenden sächsischen Direktbewerberliste der Partei. Räumlich gesehen sind sieben Kandidaten im Bereich des Alt-Landkreises Meißen ansässig. Sebastian Fischer wohnt in Priestewitz. Karin Beese kommt aus Berlin und Markus Pohle aus Leipzig.
Die meisten Namen sind kaum bekannt
Die Chancen der Direktbewerber lassen sich aufgrund der vielen Unterschiede zu vorangegangenen Wahlen nur sehr schwer abschätzen. Bis auf Sebastian Fischer und vielleicht noch Barbara Lenk, die im Zuge der Proteste gegen ihre Arbeit als Bibliothekarin an der Hochschule für Bildende Künste eine gewisse Popularität erlangte, sind die Bewerber kaum öffentlich bekannt. Dies legt nahe, dass die Wähler bei den Direktkandidaten doch eher die dahinterstehende Partei ankreuzen. Eingedenk der Ergebnisse der letzten Wahlen im Kreis dürfte es somit auf ein Rennen zwischen Fischer und Lenk hinauslaufen.
- Alle Direktkandidaten werden von Sächsische.de und SZ in den Wochen bis zur Wahl mit einzelnen Porträts vorgestellt.