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Meißen sendet eine Videobotschaft nach Kiew

Mehrere Hundert Schülerinnen und Schüler haben auf dem Markt ein klares Zeichen für den Frieden gesetzt. Ein Video davon geht nun nach Kiew.

Von Andre Schramm
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Rund 800 Schülerinnen und Schüler aus sechs Meißner Schulen kamen am Mittwochmittag zur Friedenskundgebung auf den Meißner Markt.
Rund 800 Schülerinnen und Schüler aus sechs Meißner Schulen kamen am Mittwochmittag zur Friedenskundgebung auf den Meißner Markt. © Claudia Hübschmann

Meißen. Es ist kurz vor halb eins, als sich der Meißner Markt langsam füllt. Fein säuberlich getrennt positionieren sich die Jungs- und Mädchengrüppchen auf dem Pflaster. Hier und da sieht man Lehrer noch hastig Zettel verteilen. Darauf steht der Liedtext für einen späteren Programmpunkt. Wir treffen eine 15-Jährige vom Landesgymnasium St. Afra. Sie erzählt, dass der Ukraine Krieg gerade erst im Geschichtsunterricht Thema war und der Gesprächsbedarf gegenwärtig ziemlich hoch sei. Eine Kommilitonin sei sogar derzeit in Leipzig und helfe dort beim Übersetzen. Inzwischen ist der Markt schon gut gefüllt. Reichlich 800 Kinder und Jugendlichen sind gekommen – freiwillig, wie uns alle versichern. Manche haben Ukraine-Plakate gestaltet. Andere haben wiederum Fahnen dabei. Eine Mädchen-Gruppe von der Freien Werkschule berichtet, dass die Lehrer derzeit 15 Minuten zu Beginn des Unterrichts einplanen, um über den Krieg in der Ukraine zu sprechen. Manchmal reicht die Zeit gar nicht aus.

Neben dem Landesgymnasium St. Afra und der Freien Werkschule ist an diesem fast frühlingshaften Mittwochmittag auch die Triebischtalschule, die Pestalozzischule, das Berufliche Schulzentrum und das Franziskaneum vertreten. Das Gymnasium an der Kändlerstraße hatte die Idee für die Aktion. Seit 2006 pflegt man hier eine Schulpartnerschaft mit dem Alexandryskij-Gymnasium in Kiew. Seither gab es einen regen Austausch. Meißner fuhren nach Kiew und die Ukrainer kamen nach Meißen. Die vielen privaten Kontakte und gemeinsamen Erlebnisse machen die Betroffenheit jetzt so persönlich. Das letzte Mal fand der Austausch 2016 statt. Damals waren die Meißner in der ukrainischen Hauptstadt zu Gast. Zum 111. Geburtstag des Franziskaneums konnte die Direktorin der Partnerschule in Meißen begrüßt werden. Das war 2018. Im Jahr 2020 fiel der Austausch wegen Corona flach. 2022 ist Krieg. Montag habe man das letzte Mal Kontakt zur Schulleitung der Partnerschule gehabt, erzählt die Russischlehrerin Birgit Becker.

Die Jugendlichen hatten u.a. selbstgebastelte Plakate dabei.
Die Jugendlichen hatten u.a. selbstgebastelte Plakate dabei. © Claudia Hübschmann

Vor dem Rednerpult haben sich Jungs und Mädchen des Franziskaneums inzwischen positioniert. Sie halten Plakate mit den Lettern der Partnerschule hoch. "Wir haben uns heute hier versammelt, um unserem dringlichen Wunsch nach Frieden Ausdruck zu verleihen", sagt unterdessen Heike Zimmer. Die Schulleiterin des Franziskaneums ist sichtlich überwältigt von der regen Teilnahme. "Ein starkes Bild, das von Meißen in die Welt hinausgeht", schiebt sie hinterher. Übersetzt wird alles ins Russische. Es hallt Applaus. Ein Musiklehrer will wissen, welche Schulen da sind. Die lautstärkste Rückmeldung kommt vom Franziskaneum. Kurze Zeit später läuft John Lennons "Imagine" an. Die Kinder und Jugendlichen singen mit – etwas verhalten.

Eine Schülerin mit ukrainischen Wurzeln tritt ans Pult. "Du tötest den Müttern die Söhne, ermordest den Frauen den Gatten, entreißt den Kindern die Väter, trennst für immer die Liebenden, die sich erst gefunden hatten", sagt sie. Das Gedicht des deutschen Schriftstellers und Heilpraktikers Erhard Blanck passt dieser Tage leider sehr gut. Die anschließende Schweigeminute wird schließlich von den Glocken der Frauenkirche abgelöst. Was bleibt, ist die Stille. Lediglich das feine Summen einer Drohne durchbricht die Ruhe.

Ihre Videos sollen später zusammengeschnitten und zur Partnerschule in die Ukraine geschickt werden. Auch auf der Webseite und in Sozialen Kanälen soll der Film zu sehen sein. Man habe absichtlich keine politischen Statements senden wollen, sondern sich auf die Friedensbotschaft konzentriert, sagt Schulleiterin Heike Zimmer. Hier ist sie angekommen. Und in der Ukraine? Das kann niemand genau sagen. "Viele Lehrer, Eltern und Kinder sind nicht mehr da. In den letzten Telefonaten wurde immer wieder von Einschlägen und Erschütterungen erzählt", sagt Russischlehrerin Birgit Becker. Kontakt besteht wohl noch zur Direktorin des Alexandryskij-Gymnasiums, wie Heike Zimmer erzählt. Die Schulleiterin bedankt sich noch beim Oberbürgermeister für seine Anwesenheit und die Nutzung des Marktplatzes, und bei ihren Kollegen von den anderen Schulen. Eine knappe halbe Stunde ist vergangen. Es war eine intensive.