Meißen. Es ist ein Julimorgen in Meißen. Die Feuerwehr wird alarmiert: Wohnungsbrand in der Pestalozzistraße. Die Retter rücken mit insgesamt 15 Kameraden an, denen es in kurzer Zeit gelingt, das Feuer zu löschen. Der Akku eines E-Bikes war für den Brand verantwortlich. Der Besitzer hatte das Rad mit in die Wohnung genommen, um es vor Diebstahl zu sichern und zu laden.
Bereits im Januar hatte der Brand eines Staubsaugerakkus für einen Großeinsatz der Retter in Meißen gesorgt. Im zweiten Geschoss eines Mehrfamilienhauses in der Wiesengasse stand ein Staubsauger in Flammen. Das völlig verschmorte Gerät wurde von den Feuerwehrleuten geborgen und ins Freie gebracht.
Das sollte man auch mit Handys, Powerbanks oder anderen Akkugeräten tun, wenn man feststellt, dass sie auszugasen beginnen oder ihre Form verändern. So rät Eckhard Grünheid, einer der wenigen Experten für Brandermittlungen in Deutschland. "Bringen Sie das Gerät ins Freie an einen sicheren Ort und entfernen Sie sich", so der Expertenrat. In der Wiesengasse mussten nach dem Vorfall sieben Personen ärztlich versorgt werden, einige mit Verdacht auf Rauchgasvergiftung sogar stationär.
E-Bikes gehören nicht in die Wohnung
Die heute verbauten modernen Lithium-Ionen-Akkus neigen zum sogenannten "Thermal Runaway". Das ist ein unumkehrbarer Prozess, den Eckhard Grünheid so beschreibt: Die Akkus bestehen aus vielen Zellen. In jeder einzelnen ist die positive und die negative Ladung durch eine hauchdünne Folienschicht voneinander getrennt. Ist die Folie intakt, besteht keine Gefahr.
Wurde der Akku aber durch Stöße, Stürze oder einfaches Herunterfallen beschädigt, finden die beiden Ladungen zueinander und es wird eine enorme Hitze freigesetzt. "Die äußerte sich oft zunächst nur in einem Ausgasen des Gerätes", so Grünheid. Das Problem: Läuft der Prozess einmal, erfasst er binnen Millisekunden auch umliegende Zellen, was die teilweise folgenschwere Explosion von Akkus erklärt.
"Bei Fahrrad- oder Autoakkus sprechen wir über ganze andere energetische Dimensionen", so Eckhard Grünheid. Deshalb gehören E-Bikes nicht in Wohnungen, Keller oder Garagen. Er selbst lädt sein Rad auf der Terrasse und immer nur unter Aufsicht.
Wenn schon laden, dann unter Aufsicht
Diesem Appell kann sich der Meißner Feuerwehrchef Frank Fischer nur anschließen. "Das Thema von brennenden Akkus beschäftigt uns immer häufiger und bereitet uns echte Kopfschmerzen", so Fischer. Besonders betroffen: Mehrfamilienhäuser und öffentliche Gebäude. Die Stadt Meißen beispielsweise hat ihre Mitarbeiter angewiesen, das E-Bike abzuparken, den Akku zu entnehmen und in einer speziellen Schutztasche während der Arbeitszeit aufzubewahren, um den Brandschutz zu gewährleisten.
Der Verband deutscher Verkehrsbetriebe ist noch radikaler. Er empfiehlt wegen der Brandgefahr ein komplettes Verbot von den ebenfalls batteriebetriebenen E-Scootern in Bussen und Bahnen. In Bremen und Schleswig-Holstein gilt das Mitnahmeverbot schon, hierzulande beraten die Verkehrsbetriebe noch.
Der Meißner Feuerwehrchef Fischer hofft, auch die Hausverwaltungen für das Thema der feuergefährlichen Akkus sensibilisieren zu können. "Wenngleich ich natürlich Verständnis für die Besitzer der Räder und Roller habe. Sie wollen sie vor Diebstahl schützen und haben oft auch keine andere Möglichkeit zum Laden, als Zuhause", so Fischer. Aber wenn schon laden, dann bitte immer unter Aufsicht und nicht über Nacht.
Hauptursache Fahrlässigkeit
Laut Polizeidirektion Dresden gab es im ersten Halbjahr 2024 im Landkreis Meißen 23 Brände, acht mehr als im Vorjahreszeitraum. Zwei wurden von Akkus ausgelöst, hinzu kommt der Brand in der Pestalozzistraße in Meißen im Juli. Bereits im vorigen Jahr hatten die Beamten einen E-Rollerbrand zu Protokoll genommen. Diese Brände fallen in die Kategorie technischer Defekt als Brandursache, die immerhin für acht Prozent aller Feuer verantwortlich sind. Das Gros, nämlich, vier von fünf Feuern, werden durch Fahrlässigkeit verursacht.
Kreisbrandmeister Thomas Fischer bestätigt, dass Akkus und auch Solartechnik eine zunehmend wichtige Rolle bei Einsätzen zur Brandbekämpfung spielen. Vor allem Lithium-Ionen-Akkus, die auch zur Speicherung von Solarenergie verwendet werden, können zum Risiko werden, so Fischer. Kritisch seien die Ladephase oder mögliche mechanische Belastungen.
Feuerwehr lässt Häuser mit Solardächern nicht abbrennen
Die Feuerwehr reagiert, unter anderem mit Schulungen. In diesem Jahr stand die "Brandbekämpfung an Fahrzeugen mit E-Antrieb" im Mittelpunkt, so Thomas Fischer. Die Vorgehensweise hier ähnle dem Löschen von Energiespeichern. Perspektivisch wolle der Landkreis Meißen auch versuchen, diese neuen "realen" Gefahren nachzustellen, um mit den Feuerwehrleuten zu üben.
Die Behauptung, dass die Feuerwehr Häuser mit Solardächern kontrolliert abbrennen lasse, ist übrigens eine Mär, klärt der Meißner Feuerwehrchef Frank Fischer auf. "Wir kommen, um zu löschen und Strom liegt an nahezu jedem Gebäude an", so der Retter. "Unsere Kameraden wissen, dass sie sich der Anlage mit einem Vollstrahl nicht mehr als fünf Meter nähern dürfen, sonst muss der Sprühstrahl verwendet werden", so Fischer.
Eine Gefahr, die von Solardächern ausgehe, seien allerdings herumfliegende Bauteile. Fischer erinnert sich an einen Brand in Gauernitz, bei dem auch ein Haus mit Solardach betroffen war: "Das ist schon einige Jahre her, aber vereinzelte Trümmerteile wurden auf der anderen Elbseite bei Coswig gefunden".