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Meißner Unternehmen rettet Ackerland vor Spekulanten

Die Sächsische Landsiedlung GmbH versucht, landwirtschaftliche Flächen zu erhalten und neue zu gewinnen. Viele gibt es davon nämlich nicht mehr.

Von Marvin Graewert
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Seit 30 Jahren sichert die Sächsische Landsiedlungs GmbH eine zukunftsfähige Agrarstruktur. Zum Beispiel damit nicht darauf spekuliert wird, dass aus Ackerflächen irgendwann Bauland wird.
Seit 30 Jahren sichert die Sächsische Landsiedlungs GmbH eine zukunftsfähige Agrarstruktur. Zum Beispiel damit nicht darauf spekuliert wird, dass aus Ackerflächen irgendwann Bauland wird. © Claudia Hübschmann

Meißen. In Sachsen gibt es immer weniger Ackerflächen und trotzdem werden die verbliebenen Flächen immer wieder umgenutzt – etwa zu Einkaufszentren. Zwischen 2016 und 2020 ist der Anteil der landwirtschaftlichen Nutzfläche laut dem Statistischen Landesamt um 0,8 Prozent zurückgegangen. Seit 30 Jahren arbeitet die Sächsische Landsiedlungs GmbH (SLS) dagegen an. Mit ihrem Büro auf der Meißner Schützestraße, zwischen Bekleidungsgeschäften und Einkaufsläden, haben sie sich direkt bei der Konkurrenz eingemietet.

Die Aufgaben des gemeinnützigen Siedlungsunternehmens sind zwar sehr viel breiter gestreut. Aufgrund ihres Vorkaufsrechts können sie allerdings einen gewissen Einfluss auf den schwindenden Grund nehmen. Sobald die Fläche größer als zwei Hektar ist, greift das Vorkaufsrecht der SLS. Anderen Landwirten wollen sie dadurch nicht das Geschäft vermasseln – vorausgesetzt es handelt sich um ortsansässige Landwirte: "Wir haben in den vergangenen Jahren teilweise kurioseste Konstruktionen, von ortsfernen Landwirten und nichtlandwirtschaftlichen Erwerbern erlebt, berichtet Fischer, der in solchen Szenarien versucht die Fläche zu sichern: "Unser Interesse ist, dass die Fläche an einen sächsischen Landwirt vor Ort geht.

In den neuen Bundesländern liegt die Eigentumsquote unter den Landwirten bei durchschnittlich 30 Prozent", identifiziert Geschäftsführer Eckart Fischer ein großes Problem: Wenn 70 Prozent der Fläche gepachtet sind, geht das nur so lange gut, bis der Verpächter schnell Geld machen möchte. Und das kann schnell eintreten. Vor allem wenn der Verpächter stirbt und die Fläche vererbt wird.

Dann kann die SLS eine Hilfe sein, denn besonders in der aktuell finanziell besonders unsicheren Situation sind viele Landwirte am Limit und können so schnell gar nicht so viel Geld bereitstellen. Hinzukommt, dass aufgrund der zersplitterten Besitzverteilung der Landstücke durch einen einzelnen Verkauf gleich mehrere Landwirte Teile ihres Landes verlieren könnten: "Wir versuchen deshalb eine Alternative zu einem Verkauf an landwirtschaftsfremde Investoren anzubieten", sagt der gelernte Diplomagraringenieur.

Vorkaufsrecht ab zwei Quadratmeter

Bei einem Erwerb über die SLS können Landwirte ihre Ackerflächen aufgrund eines sehr langfristigen Pachtvertrags behalten – mit der Option diese später anzukaufen.

Die Arbeit des Siedlungsunternehmens geht über die alleinige Sicherung von landwirtschaftlichen Flächen hinaus: "Genauso geht es darum, neue Flächen für Junglandwirte, Existenzgründer und für alternative Bewirtschaftungsformen zur Verfügung zu stellen." Dafür kauft das Unternehmen auch Flächen auf dem freien Markt.

Bodenpreise steigen weiter

Eine große Herausforderung auch für die SLS dabei: Die exorbitant steigenden Bodenpreise. "Wir sind davon ausgegangen, dass sich das ändert, sobald die Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH (BVVG) ihre Verkaufsaktivitäten einstellt", sagt Fischer. Nach drei Jahrzehnten der Privatisierung hat der Bund den Verkauf seiner verbliebenen Ackerflächen in Ostdeutschland auf Eis gelegt. Nach der Wiedervereinigung hatte die BVVG die Aufgabe, Forst- und Ackerland aus ehemaligem DDR-Staatsbesitz zu privatisieren. Die Flächen gingen an zu DDR-Zeiten enteignete Alteigentümer, an Bauern und Agrargesellschaften – aber auch an Investoren, die teilweise mit dem Land spekulierten. Von diesen Flächen ist allerdings auch nicht mehr viel übrig: Nach Angaben des Ministeriums waren Ende 2021 nur noch 7.600 Hektar dieser land- und forstwirtschaftliche Fläche übrig. Fischer geht davon aus, dass es mittlerweile nur noch 6.000 Hektar in Sachsen sein dürften.

Die Preise würden trotzdem weiter steigen – insbesondere in den sächsischen Landkreisen mit hochwertigen Böden. In den zurückliegenden Zeiten von Negativzinsen und heute starker Inflation wird der Landkauf als risikoarmen Anlagemöglichkeit für Investoren immer attraktiver. Neben der Suche nach sicheren Kapitalanlagen, herrscht Wettbewerb um wertvolle Ackerflächen und teilweise die Spekulation, dass aus dem Ackerland irgendwann Bauland werde.

Denn bei einem ist sich Fischer sicher: "Bei Ackerfläche wird der Preis nie dauerhaft fallen."

Von 2015 bis 2019 sind die durchschnittlichen Kaufpreise für ein Hektar im Landkreis Meißen von 16.445 auf 23.586 Euro gestiegen - eine Erhöhung um 43 Prozent. 2020 s sind die Kaufpreise nach den Daten des statistischen Landesamtes wieder gesunken, der langfristige Trend zeigt dennoch nach oben. Die Pachtpreise folgen dem Trend, steigen allerdings nicht mit gleicher Dynamik.

Für Fischer komme der Kauf überteuerter Flächen nicht infrage, weil es dazu führen würde, diese Fläche zu unmoralischen Preisen verpachten zu müssen, welche von den Landwirten kaum noch zu erwirtschaften sind.