Ernst-Ulrich Boden ist eine Person, die aus dem Stadtbild von Meißen irgendwie nicht mehr wegzudenken ist. Er gehört hier her. Gerade steht er an einem kleinen Grill in seinem Stand vor der „City-Blume“ und dreht emsig die Bartwürste. Egal was er tut, er lächelt.
"Uli, wie hat es Dich nach Meißen verschlagen?"
„Gebürtig komme ich aus Halle an der Saale, wo ich 1951 geboren bin, ein Nachkriegskind. Ich habe mich dann aber bei Zeiten entschieden, nach Sachsen zu ziehen und mich in Radebeul niedergelassen. In Dresden habe ich dann Lebensmitteltechnik studiert und meinen Diplom-Ingenieur gemacht. Irgendwann, nach dem Studium bin ich als Hauptbuchhalter in der Waffelfabrik Radebeul gelandet.
Ja, und damit ich nicht „einen an der Waffel bekomme“ (er lacht) habe ich mich Mitte der 70ger Jahre mit einer großen Gärtnerei in Radebeul selbstständig gemacht und habe das bis zur Wende betrieben. Der Abschluss der Tätigkeit war allerdings nicht so schön, da der Grund und Boden einer Erbengemeinschaft aus den alten Bundesländern gehört hatte und ich somit „enteignet“ worden bin. Daraufhin habe ich mein Ränzlein geschnürt und den großen Schritt nach Frankfurt/Main gewagt und war dort viele Jahre, bis 1996 als Blumenhändler an der Blumenbörse tätig.
Naja, dann kam das Heimweh und ich wollte zurück nach Hause, in mein schönes Sachsen, habe dann hier mit Blumen gehandelt und 2002 mein eigenes Geschäft in Meißen gegründet. Die Cityblume"
"Was magst du an dieser Stadt?"
Überlegt. „Eigentlich alles. Ich mag die Struktur der Altstadt, die Gebäude, diese wunderschönen, kleinen, verträumten Gassen und Straßen. Obwohl ich das Altstadtpflaster manchmal verfluche, weil man schlecht darauf läuft, gehört es aber einfach dazu. Und natürlich die Menschen, obwohl sich in den letzten 25 Jahren vieles gewandelt hat."
Wo ist mein Meißen hin?
"Mir fällt es immer mehr auf, dass die Leute nicht mehr so offen sind und sich immer mehr zurückziehen. Ich habe immer gern den Kontakt zu den Leuten gesucht, in einem persönlichen Gespräch, in einem kleinen Schwatz. Aber da sich auch die Innenstadt, von der Anzahl der Geschäfte verringert hat, kommen eben weniger Leute. Ich habe das Gefühl, die Schraube dreht sich in die verkehrte Richtung bzw. der Strudel bewegt sich in eine Richtung, wo man sich immer mehr voneinander entfernt. Es sollte wieder mehr für den Zusammenhalt getan werden. Die Ansätze sind da und sind auch gut, aber die Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Komponenten muss gestärkt und geführt werden.“
"In diesem Zusammenhang - Du hast Dich die letzten Jahre sehr stark im Gewerbeverein Meißen e.V. eingebracht. Bist du dort noch aktiv?"
„Ich war sehr lange ehrenamtlich im Gewerbeverein Meißen tätig, auch lange im Vorstand, und habe den Weihnachtsmarkt und die anderen Märkte wie Oster- und Wintermarkt vorbereitet und durchgeführt. Und natürlich auch als Marktmeister begleitet.
Mittlerweile bin ich aber in einem Alter wo ich mir gesagt habe: Ach, nee. Das überlässt du jetzt einfach mal den Jüngeren. Leider bin ich auch gesundheitlich etwas angeschlagen, man ist ja nun keine 20 mehr.
Ich stehe aber dem Gewerbeverein immer noch mit Rat und Tat zur Seite und kann meine, über die Jahre gesammelten Erfahrung, sehr gut mit einbringen und auf diese Weise unterstützen. Ich bin immer ansprechbar und darüber freue ich mich auch.
Und sollte irgendwann der Festumzug zum Weinfest wieder stattfinden, bin ich da gerne wieder mit dabei. Ich begleite den Umzug seit vielen vielen Jahren immer als sogenannter „Blockwart“ und das macht einen riesigen Spaß. Da ist noch alles so, wie es sein soll. Eine ausgelassene Stimmung und gute Laune. Und natürlich auch die Mitstreiter.“
„Du hast über 10 Jahre den Wintermarkt in Meißen, welcher sich an den Weihnachtsmarkt anschließt, aufgebaut. Wird er in diesem Jahr stattfinden?“
„Ja, gegen jeden Spott und Hohn von einigen Händlern, habe ich den Wintermarkt vor über 10 Jahren aus der Taufe gehoben und ihn auch trotz einiger Widerstände zum Erfolg geführt. Ich habe ihn zu einem festen Bestandteil im Veranstaltungskalender der Stadt Meißen gemacht und bin darauf sehr stolz."
Wie ein Fels in der Brandung
"Leider musste der Markt im letzten Jahr und so wie es aussieht auch in diesem Jahr, Pandemiebedingt abgesagt werden. Aber ich stehe trotzdem hier in meiner Marktgasse, wie der Fels in der Brandung und biete meine Waren an. Leckere Bratwürste, Heißgetränke, handgemachten Käse ohne Zusätze aus einer Manufaktur in Holland und unsere Meißner Pflaumentoffel – für die Gleichberechtigung gibt es jetzt auch neu bei uns: Die Pflaumentoffeline."
„Uli, du wirkst immer sehr in dir ruhend, ausgeglichen. Gibt es etwas, was Dich aus der Ruhe bringt und du dir auch mal die Strickmütze vom Kopf reißt?“
„Was mich zur Raserei bringt, wenn ich Meinungen höre, die völlig daneben sind und die ich auch nicht mit ganz normalen und ruhigen Mitteln dem anderen gegenüber widerlegen kann, weil der Gesprächspartner überhaupt nicht zugänglich für eine andere Meinung ist. Ich habe eine klare Meinung, welche im vertrete und nicht rückwärts rudern muss. Natürlich sind die Leute, auch der andauernden Situation geschuldet, sehr angespannt und teilweise aggressiv. Manchmal bleibt einem nichts Anderes übrig, als Beschimpfungen mit einem Lächeln zu beantworten. Was soll man sich auf Diskussionen einlassen, die doch zu nichts führen."
Bis meine Asche in die Eieruhr kommt
"Man bekommt ja eine Altersweisheit. Wenn mir hier alles zu viel wird und ich das nötige Alter erreicht habe, nehme ich mein Weib, besteige mein Auto und fahre nach Holland. Da sitze ich dann auf einer Bank vor dem Haus, vielleicht auch mal mit den Händen in der Tasche und Holzpantinen an den Füßen und lass den lieben Herrgott einen guten Mann sein. Bis ich gesiebt in die Eieruhr komme….“
Lieber Uli, nächstes Jahr am Weinfestsonntag, 8 Uhr an der Zaschendorfer Straße. Es wartet Dein Block D. Mit riesigen Dank für Deinen emsigen Einsatz. Deine Umzugskoordinatorin.