Hier werden Tiere aus ganz Sachsen "beseitigt"

Priestewitz. Der Verbrennungsanlage filtert die Abluft so gut, dass es dauert, bis der süßlich-schwere Geruch überhaupt auffällt. Dann bekommt man ihn aber nicht mehr aus der Nase; auch wenn er sich nur schwer zuordnen lässt. Erst als ein Lastwagen auf das Gelände des Zweckverbands einfährt, wird klar, dass der dezente Verwesungsgeruch von Tierkörpern und Schlachtabfällen herrührt.
Mit 29 Lastwagen des Zweckverbands für Tierkörperbeseitigung werden jährlich bis zu 34.000 Tonnen Tierabfälle abgeholt und unter höchsten Temperaturen so lange weiterverarbeitet, bis nur noch keimfreies Mehl und Fett übrig bleibt.
Alle tierischen Nebenprodukte aus Sachsen, die nicht für den menschlichen und tierischen Verzehr gedacht sind landen zwangsläufig am Rande des Priestewitzer Ortsteils Lenz. Der Brecher der Anlage aus dem Jahr 1995 zerkleinert selbst angelieferte Kuhkadaver auf dreieinhalb Zentimeter, die dann bei mindestens 133 Grad gekocht werden – die Dampferzeugung dahinter ist der energieaufwendigste Teil der Produktion.
Im Normalfall läuft die Anlage dafür von Montagnachmittag bis Sonnabendmorgen durch: Pro Jahr fallen in der Sächsischen Tierkörperbeseitigungsanstalt 33 Millionen Kilowattstunden an. Betrieben wird die Anlage mit Gas. Ein gigantisches Energieaufkommen mit dem etwa 11.000 durchschnittliche Zweipersonen-Haushalte ein Jahr lang zurechtkommen würden.
Die Gefahr der steigenden Preise
Als logische Konsequenz muss Geschäftsführerin Sylvia Schäfer die Preise im nächsten Jahr erhöhen, auch wenn sie den genauen Anstieg noch nicht prognostizieren kann. Wenn sich die Energiepreise allerdings verdreifachen, würden die Stromkosten zum größten Kostenfaktor aufschnellen: "Noch sind es Personalkosten und Abschreibungen. Aber im nächsten Jahr werden es mit Abstand die Energiekosten sein", sagt Schäfer.
Wenn in Sachsen Tiere sterben, die nicht für den Verzehr geeignet sind, kommt man um die Entsorgung in der Priestewitzer Anlage nicht herum - so ist es in den entsprechenden Verordnungen geregelt. Bei Privatkunden - die Hausschlachtungen vornehmen - bestehe bei Preiserhöhungen allerdings die Gefahr, dass sie sich gegen die Tierverbrennungsanlage und für den Fuchs entscheiden würde: "Das gilt es gerade in Zeiten der Afrikanischen Schweinepest unbedingt zu vermeiden", sagt Schäfer.
Brennstoff: Tiermehl
Die Anlage verarbeitet die Tierreste und Kadaver zu Tierfett und Tiermehl. Die riechen dann höchstens noch ein bisschen streng, aber eigentlich auch nicht anders als Tierfutter. Und wurde unzählige Verordnungen zuvor, auch noch an Tiere verfüttert.
Seit einigen Jahren dient das Tiermehl vielmehr als Brennersatzmaterial für Zementfabriken oder Kohlekraftwerke, wo das Tiermehl ähnlich wie Klärschlamm mit
eingestreut wird, erklärt Schäfer. Die Geschäftsführerin schaut deshalb besorgt auf den Ausstieg
aus der Kohleverstromung: "Wenn wir bis dahin keinen
kontinuierlichen alternativen Abnehmer finden, bekommen wir ein
Problem." Die erzeugten Produkte müssen nämlich kontinuierlich vom Hof. Vor allem das Tierfett kann nur schlecht gelagert werden und wird derzeit zum Beispiel zur Verarbeitung zu Biodiesel genutzt.
Auch wenn die Zeiten von Tierfutter lange vorbei sind, wird das Mehl und Fett zum Beispiel auf Salmonellen getestet, um zu überprüfen, ob der Produktionsprozess korrekt ablief.
Alles, was die Anlage verlässt (Fett, Luft, Wasser, Mehl), wird vorab sterilisiert - die Prozessabluft wird dafür mit viel Brunnenwasser befeuchtet. Da jedes Tier zu 65 Prozent aus Wasser besteht, kommen auch Unmengen an Produktionswasser hinzu. Das Produktionswasser wird zusätzlich in der betrieblichen Kläranlage vorgereinigt, dann übernimmt die Gemeinschaftskläranlage Großenhain die Endreinigung.

Da es in Sachsen keinen Großviehschlachthof gibt, fallen auch weniger Schlachtabfälle als in anderen Bundesländern an: Dieses Jahr rechnet Schäfer damit, dass etwa 32.000 Tonnen abgeholt werden. Zwei Drittel davon sind Tierkörper von landwirtschaftlichen Nutztieren. Seit 2021 ist ein weiterer Anteil hinzugekommen.
Dieses Jahr rechnet Schäfer aufgrund der Afrikanischen Schweinepest mit rund 1.000 Tonnen Wildschwein und Wildschweinabfällen die nach Priesterwitz gebracht werden.
Vergangenes Jahr waren es rund 600 Tonnen. Seitdem hat sich das Kerngebiet über weitere Landkreise ausgebreitet: Mitte Juni wurde auch im Elbland die Sperrzone II ausgerufen. Aktuell kümmerten sich drei hauseigene Lkws allein um den Abtransport potenziell verseuchter Tiere bzw. Abfälle.