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Verschwundene Orte: Die Geipelburg von Meißen

Einst die größte und schönste Ausflugsgaststätte der Stadt. Heute nur noch eine Geschichte.

Von Christiane Weikert
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Die Geipelburg. Im Vordergrund das ebenfalls verschwundene Elbbad
Die Geipelburg. Im Vordergrund das ebenfalls verschwundene Elbbad © Bild: Kunstverlag Brück & Sohn, Meißen

Was muss das für ein Gefühl gewesen sein, im prunkvollen Marmorsaal der Geipelburg zu stehen. Damals war sie die größte Ausflugsgaststätte und das beliebteste Veranstaltungsetablissement in Meißen. 1939 verschwand sie aus dem Stadtbild.

Erinnern wir uns.

1847 erbaute Architekt Andreas Romberg ein schlossartiges, neogotisches Gebäude. Das war eine architektonische Attraktion in Meißen. Damals hieß das Haus noch „Rombergs Haus“ oder auch „Rombergs Villa“. 1855 verkaufte Romberg sein Schloß an Geh. Medizinalrat Dr. Güntz, welcher das Haus noch erweiterte und fortan „Güntzburg“ nannte.

1893 eröffnete dann der Feinkosthändler Oscar Geipel sein „Etablissement Geipel-Burg“. Das Grundstück mit dem prachtvollen Haus hatte er vorher von der Tochter des Medizinalrates Güntz abgekauft.

Geipel ließ durch Baumeister Georg Göschel zwei Säle bauen, den großen „Marmorsaal“ und den kleinen „Löwensaal“. Beide hatten zusammen eine Fläche von 600 m² und wurden als Tanz- und Speisesaal genutzt. Die Galerien umfassten nochmals 350 m² und so konnten bis zu 2.000 Personen Platz finden.

Marmorsaal in der Geipelburg
Marmorsaal in der Geipelburg © Foto: Kunstverlag Brück & Sohn, Meißen

Der große Marmorsaal war damals der größte und schönste von Meißen, vergleichbar mit dem vom Hamburger Hof und der Börse in Coswig. An dem bekannten Veranstaltungsort fanden Varieté-Darbietungen, Konzerte, Sportwettkämpfe sowie Theater- und Kinoaufführungen statt. Zwischen den Jahren 1918 und 1932 wurden im Saal der Geipelburg viele politische Großkundgebungen abgehalten, wie von der SPD und der KPD. Der damalige Betreiber grenzte allerdings die NSDAP aus und stellte dessen Rednern den Saal nicht zur Verfügung.

Ewald Redam – Der goldene Rathausmann

Auch gab es den Platz für Wettkämpfe des Arbeitersportvereins. Bekannte Sportler wie Ewald Redam (Modell für den Dresdner Goldenen Rathausmann) zeigten hier ihr Können.

Neben seiner großartigen Sportkarriere als Kraftsportler, war Redam auch als Modell im Atelier der Kunstgewerbeschule Dresden tätig. Leider nahm sein Schicksal in Meißen eine tragische Wendung.

Varietégruppe "Vier Redams-Kraftathleten" (v.l. Ewald Redam, sitzend seine Frau Ludmilla und 2 Athleten (leider sind die Namen nicht bekannt)
Varietégruppe "Vier Redams-Kraftathleten" (v.l. Ewald Redam, sitzend seine Frau Ludmilla und 2 Athleten (leider sind die Namen nicht bekannt) © Foto: Wikipedia

Während des Ersten Weltkrieges baute Redam mit seiner lettischen Frau Ludmilla in Riga ein Varieté auf, die „Vier Redams-Kraftathleten“. 1930 gründete er eine neue Gruppe, „Concha & Concha“ und lehrte an der Moskauer Artistenschule Kraftakrobatik. Den zweiten Weltkrieg erlebte er als Sanitätsobergefreiter in einem Marinelazarett und war nach dem Krieg als Dolmetscher für die sowjetische Kommandantur in Meißen tätig.

Danach wollte er an seine alten erfolge im Varieté wieder anknüpfen. Das blieb ihm allerdings versagt. 1947 sah er aus dem angehäuften Schuldenberg keinen Ausweg mehr und entschied sich – völlig verarmt – in Meißen an der Elbe selbst aus dem Leben zu scheiden.

Der Untergang des Hauses Geipelburg

Die Gebäude, welche sich an einer Hanglage befanden, wurden mit der Zeit durch das Hangwasser immer mehr beschädigt. Die Keller waren feucht und es versammelten sich die Ratten, was dem Haus den Spitznamen „Rattenburg“ einbrachte. 1937 führte ein Erdrutsch zu größeren Schäden am Saal. Dieser wurde so in Mitleidenschaft gezogen, dass sich ein Wiederaufbau ausschloss. Das war das Aus für das Haus.

Heute erinnert nur noch das Wohnhaus Siebeneichener Str. 17 (Nebengebäude der Güntzburg) und die Stützmauer mit dem Rundbogentor an die einstige Pracht des Hauses. Und so war es nur noch ein Name im Buch der Geschichte. Da war sie mal: „Die Geipelburg“

Textquellen + Bilder: Stadtlexikon von Günter Naumann, Stadt Meißen, Wikipedia