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Angriff auf Meißner Pfadfinderbus und 300 zerstochene Autoreifen

Unbekannte haben ein Jugendlager in der Lüneburger Heide angegriffen. Sie zerstachen 300 Autoreifen. Betroffen ist auch ein Bus aus dem Elbland.

Von Ines Mallek-Klein
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Da waren Lagerfeuer noch erlaubt: Pfadfinder des Stammes "Paul Richter" Meißen im Sommerlager 2020 in Hessen.
Da waren Lagerfeuer noch erlaubt: Pfadfinder des Stammes "Paul Richter" Meißen im Sommerlager 2020 in Hessen. © Pfadfinder

Celle/Meißen. Sie kommen aus ganz Deutschland, und einige auch aus Meißen. Insgesamt 1.400 Pfadfinder leben derzeit in ihrem Lager im niedersächsischen Bennebostel bei Celle. Am Mittwochmorgen machte eine Nachricht die Runde in der selbst aufgebauten Zeltstadt in der Lüneburger Heide. Unbekannte hatten in der Nacht von Dienstag zu Mittwoch auf einem einige Hundert Meter entfernten Behelfsparkplatz die Reifen von 92 Autos zerstochen. Insgesamt 300 beschädigten Reifen zählten die Ermittler der Polizei am Ende. "Ein Vorfall, der so in unserer Region bisher einmalig ist", sagt Dirk Heitmann von der ermittelnden Polizeidirektion in Celle. Die Veranstalter des Treffens, die Christliche Pfadfinderschaft Deutschlands, schätzen, dass sich der Sachschaden auf 50.000 Euro summiert.

Die Spurensicherung an den Autos sei mittlerweile abgeschlossen, so der Polizeisprecher. Es handelt sich um Privat-Pkws von Betreuern und Kleinbusse, mit denen die Pfadfinder angereist sind. Sie waren hinter einem Sportgelände abgestellt, das üblicherweise nicht als Parkplatz genutzt werde, heißt es von der Polizei. Da die Ermittlungen noch laufen, wollte der Sprecher weder Angaben zu möglichen Tatmotiven machen, noch Auskunft über eine mögliche Täterzahl geben. Er widersprach allerdings Informationen, wonach es in der Tatnacht noch weitere Vorfälle in der Region gegeben hätte, unter anderem war von Brandstiftung in einem Kindergarten die Rede.

Während die Polizei die Bevölkerung um Tathinweise gebeten hat, versuchen die Kinder und Jugendlichen den Vorfall zu verarbeiten. "Die standen alle regelrecht unter Schock", sagt die Mutter einer Meißner Pfadfinderin. Denn es stelle sich schon die Frage, mit welchem Motiv eine solche Tat verübt wird. Die Helfer engagierten sich dort alle ehrenamtlich und machten eine wirklich außergewöhnlich gute Jugendarbeit, so die Mutter weiter, die von der Brutalität und dem Schadensausmaß entsetzt ist. Der örtliche Reifenhändler und zahlreiche freiwillige Helfer sind nun damit beschäftigt, die zerstochenen Reifen zu ersetzen. Sie für die unterschiedlichen Fahrzeugtypen überhaupt in dieser großen Stückzahl kurzfristig zu beschaffen, ist das eine Problem. Das andere sind die Kosten für die Reifen, die von den Geschädigten selbst übernommen werden müssen. Die Christliche Pfadfinderschaft Deutschlands hofft nun auch auf Spenden.

Tat geschah, während alle beim dreitägigen Orientierungslauf waren

Sie veranstaltet das Zeltlager alle vier Jahre. Coronabedingt musste man nun zwei Sommer pausieren, sodass die Vorbereitungen für das aktuelle Treffen sechs Jahre dauerten. Die Zeltstadt wird von den Pfadfindern selbst aufgebaut. Sie umfasst die Schlafzelte, einen Küchenbereich und einen Sanitätstrakt. Der Verband feierte Ende Juli mit einem Jubiläumswochenende sein 100-jähriges Bestehen. Zum Programm des Bundeslagers gehören aber auch ein sogenannter "Hajk", ein dreitägiger Orientierungslauf, bei dem die Pfadfinder in Kleingruppen unterwegs sind. Exakt diese Zeit müssen die Täter genutzt haben, um die zahlreichen Autoreifen zu zerstören.

Dass es sich dabei um einen Dummen-Jungen-Streich handelt, glaubt unter den Meißner Pfadfindern keiner. Zumal sich die Täter mit Autos auskennen müssen. Wagen neuer Modelle sind mit Sensoren ausgestattet, die unmittelbar die Alarmanlage auslösen, sobald das Auto in Schieflage gerät. Diese Pkws blieben von den Tätern unberührt. Die Geschädigten gehen von mehreren Tätern aus. Eine Einzelperson könne unmöglich 300 Reifen zerstechen, da das einen erheblichen Kraftaufwand erfordere. Ob die Täter Messer benutzt haben, wollte die Polizei weder bestätigen noch dementieren. Auch wenn der Schaden groß und das Tatgeschehen außergewöhnlich ist, verzichten die Beamten vorerst auf die Einberufung einer Sonderkommission.

Zurück bleibt im Pfadfindercamp, neben dem Schaden, ein großes Gefühl der Unsicherheit und der Bedrohung. Die Nachtwachen, die es in dem Camp ohnehin gibt, wurden personell aufgestockt und auf den knapp einen Kilometer entfernten Parkplatz ausgeweitet. Und auch die Polizei in Celle hat angekündigt, das Gebiet künftig intensiver bestreifen zu wollen. Das wird sie bis zum 7. August tun müssen. Dann geht das Bundeslager zu Ende und die Meißner Teilnehmer reisen wieder in ihre Heimat - vorausgesetzt, der Bus ist bis dahin wieder fahrbereit. Und die Eltern, sie hoffen, die Pfadfinder behalten vor allem die schönen Momente in Erinnerung.