Meißen
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Der Vorlesefriseur kommt nach Meißen

Bei Danny bekommen Kinder ihren Haarschnitt kostenlos. Sie müssen dafür nur eine Sache tun: ihm vorlesen.

Von Andre Schramm
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Der Vorlesefriseur Danny Beuerbach schneidet Kindern zum Literaturfest kostenlos die Haare – unter einer Bedingung.
Der Vorlesefriseur Danny Beuerbach schneidet Kindern zum Literaturfest kostenlos die Haare – unter einer Bedingung. © Danny Archiv

Meißen. Die Idee entstand aus der Not. "Ich kam irgendwie nicht zum Lesen, also dachte ich mir, lass dir doch einfach vorlesen", erinnert sich Friseur Danny Beuerbach. Er schnappte sich die Lektüre und nahm sie mit in den Salon. Den Schmöker drückte er dem nächstbesten Kunden in die Hand mit der Bitte, daraus vorzulesen. Der hatte aber keinen Bock. "Ich lese doch nicht aus einem blöden Buch", habe der Mann entgegnet. Und, wenn es Rabatt auf den Haarschnitt gibt?

Der finanzielle Anreiz zog. "Am Ende wurde das Buch im ganzen Salon herumgereicht. Es war wie ein Hörspiel und ein riesiger Spaß", erinnert sich Danny Beuerbach. Die Sache wurde schnell salonfähig. "Plötzlich kamen völlig neue Kunden und brachten ihre eigenen Bücher mit", erzählt der Münchener weiter.

Irgendwann saß auch das erste Kind auf seinem Stuhl. "Ich dachte, das ist es. Ein Leseprojekt für Kinder", erzählt er. Danny Beuerbach merkte ziemlich schnell, wie groß die Scheu der jungen Kundschaft war, laut aus einem Buch vorzulesen, vor allem wenn Publikum in der Nähe war. Er bekam aber auch mit, dass diese ungewöhnliche Art der Leseförderung dabei half, die Angst ab- und das Selbstbewusstsein der Kids aufzubauen. War Danny mit dem Haareschneiden fertig, gab es Applaus. Nicht für ihn, sondern seine Vorleser(innen). "Die Jungs und Mädchen fühlen sich dann immer richtig stolz", sagt er.

Der Friseur klapperte mit seiner Idee Buchläden und Bibliotheken ab. "Die fanden das Projekt auch gut. Nur sind eben abgeschnittene Haare nicht die sauberste Angelegenheit", schmunzelt er. Irgendwann bekam der Münchener eine Einladung in die Schweiz, kratze sein letztes Geld zusammen und stellte das Projekt in einer Bibliothek bei den Eidgenossen vor. Von da an verbreitete sich die Kunde von Danny, dem Vorlesefriseur wie ein Fegefeuer. Überall im deutschsprachigen Raum war er gefragt. 2020 erschien sein erstes Buch "Der magische Friseur". Ein Jahr später gab es den Deutschen Lesepreis. Ein einfaches Konzept, das Lesebarrieren abbaue und Leselust steigere, befand die Jury.

Corona, so erzählt er weiter, sei für viele Friseure nicht leicht gewesen. Um seinem Beruf überhaupt nachgehen zu können, zog der Vorlesefriseur immer öfter unter freien Himmel. Der Teppich, die Palme und der Hocker wurden zum ständigen Begleiter. Einen alleinigen Anspruch auf seine Idee erhebt er nicht. "Im Gegenteil: Ich würde mich freuen, wenn sich ganz viele Kollegen der Idee anschließen. Der Haarschnitt muss ja nicht umsonst sein. Ein paar Prozente reichen schon", sagt der Urheber. Ein eigenes Friseurstudio hat er bis heute nicht, dafür ein Agreement mit einem Salon in der bayerischen Landeshauptstadt.

Zuletzt verbrachte Danny ein Jahr in Leipzig. "Elternzeit", sagt er. Im Dezember 2021 ging es zurück nach München. Über Meißen hat er schon viel gehört. Für einen Besuch hatte es bislang noch nicht gereicht. "Ich freue mich auf die Stadt, die Menschen und natürlich meine Vorleser(innen)", sagt er. Was Bücher anbelangt, ist Danny bestens ausgerüstet, hat seinen Rollkoffer immer dabei. "Die Jungs und Mädchen können aber gern ihre eigene Lieblingslektüre mitbringen", sagt er. Der Freiluftsalon öffnet am 11. Juni, 10 Uhr, auf der Bühne vor der Kinderbibliothek. Infos: https://literaturfest-meissen.de/