Meißen: Wenn Mensch und Kunst eins werden

Von Julian Wolf
Meißen. Buntes Treiben herrschte am vergangenen Wochenende in der historischen Altstadt Meißens. Das Theater lud zum „Gassenzauber“, einem internationalen Straßentheater, ein, und Hunderte Besucher machten sich bei sonnigen 22 Grad auf den Weg zum Theater- und Heinrichsplatz, besuchten den Hof der Roten Schule und den Marktplatz. Live-Painting, Musik und Kabarett, Varieté und Zauberkunst gab es am Samstagnachmittag zu bestaunen. Für jedermann war also etwas dabei.
Nach einer kurzen Verzögerung begann das Straßentheater unter dem Motto „Heißer Sommer“ kurz nach 14.30 Uhr auf dem Theaterplatz. Das Berliner Musiker-Duo „Felice & Cortes“ eröffnete das Festwochenende und erntete beim Publikum tosenden Applaus. Knapp 300 Gäste fanden sich auf dem Theaterplatz ein, kauften CDs und gaben reichlich Spenden in den Hut. Der Eintritt beim „Gassenzauber“ war nämlich kostenlos. Zwei weitere Vorstellungen, ebenso erfolgreich, folgten am Abend. Dank der gefühlvollen Soul-Stimme Felice’s ging es für die Besucher mit Gänsehaut zur nächsten Station.
Zwischen Elbstraße und Heinrichsplatz sorgten Darsteller und Musiker ebenfalls für ein Spektakel. Vor dem Geschäft „Fashion and Style“ gab es rockige Livemusik. Die Musiker freuen sich, endlich wieder vor Publikum auftreten zu können. „Ich bin wieder auf der Straße“ debütierten sie eine neue Komposition, die bei den Gästen an Weinladen und Loch für einen Ohrwurm sorgte.
Sarah Twister aus Australien balancierte und verbog sich derweil auf dem Heinrichsplatz. Als eine der umwerfendsten Schlangenmenschen der Welt gilt die Australierin, die nicht nur ihr Publikum animierte, sondern auch in ihre Vorstellung einbezog. Eine derart ausgeprägte Dynamik und Akrobatik, wie Sarah Twister sie präsentierte, blieb bei den Gästen jedoch eher die Seltenheit.
Für viele hieß es dann, das gerade Miterlebte erst einmal zu verkraften, ließ die Performance der Australierin einige Besucherinnen und Besucher sprachlos zurück. Für das leibliche Wohl wurde gesorgt - Kaisers Hirtenrolle und Rostbratwurst im Brötchen waren wohl der Dauerrenner am Samstagnachmittag. Die Stadtwerke Meißen boten in der Marktgasse viele Spielmöglichkeiten für die kleinen Gäste. Seifenblasen-Pusten, Reisen-Wackel-Turm und Leitergolf waren hier besonders beliebt.
Der Hof der Roten Schule füllte sich gegen 15 Uhr sehr gut. Selbst auf dem Balkon der Schule nahmen die Schaulustigen Platz, um das Programm namens „Schwarz“ von Matthias Romir aus Berlin zu erleben. Das Groteske will er in seinem Programm witzig machen. Als abtrünniger, schwarzer Clown betrat Matthias Romir die Bühne. Schwarzes T-Shirt, schwarze Hose, schwarze Roll-Schuhe. Das Gesicht ist weiß geschminkt, die Lippen erinnern an Heath Ledgers „Joker“. Weiße Heliumluftballons an Fäden hält der groteske Clown in der Hand.
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Das Publikum ist verwundert, wollte wissen, was die Vorstellung aussagen will. Schon verfolgten Hunderte Besucher aufmerksam die Performance des Berliner Künstlers, die unter dem Motto „Diese Show ist wie guter Kaffee: bitter wie das Leben, schwarz wie die Zukunft und doch ein Genuss“ präsentiert wurde. Jonglage-Einlagen, kauzige Mimik, depressive Stimmung und witzige Anekdoten und Weisheiten prallten hier aufeinander. Die Gegensätzlichkeit der Show ging unter die Haut - krachender Beifall und Gelächter beendeten die Nachmittagsvorstellung.
In den späten Abendstunden verzauberten Künstlerin Claudia Reh und die Musikgruppe „The Trouble Notes“ aus den Vereinigten Staaten, England und Österreich regelrecht die Kunstinteressierten zum „AugenLicht und TanzRausch“. Die nächtliche Farb-Performance mit Musik und Schattentheater auf den Fassaden der Markthäuser war für viele sicherlich das Highlight des Samstagabends. Komplette Dunkelheit herrschte zunächst auf dem Meißner Markt. Nach und nach verwandelte Claudia Reh den gesamten Platz in ein farbiges Lichtkunstwerk, das auch die realen Größenordnungen von Wänden und Häusern aufhebt oder verzerrt.
Die Besucher waren ebenfalls dazu eingeladen, eigene Bilder gemeinsam mit der Künstlerin zu gestalten. Dazu gab es eine Mischung aus Klassik, Musik der Sinti und Roma, Flamenco und Jazz der „Trouble Notes“. Dass Kunst und Mensch verschmelzen und eins werden, zeigte die Abschluss-Performance an diesem „Gassenzauber“-Abend einmal mehr.