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Impfpass verloren: Was nun?

Die Erfassung ist nicht auf dem neuesten Stand. Eine grundlegende Frage lässt sich gar nicht beantworten. Doch kein Grund zur Panik, eine Impfung zu viel schade nicht.

Von Marvin Graewert
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Was passiert, wenn sich der Impfpass nicht mehr finden lässt?
Was passiert, wenn sich der Impfpass nicht mehr finden lässt? © Archiv/Rafael Sampedro

Während die Schlange vor der Stadtapotheke Radebeul immer länger wird, kommt Theresa Rueter drinnen gar nicht hinterher, die digitalen Impfpässe auszustellen. Dabei startete der Stichtag reibungslos. In der ersten Stunde stellte die Apothekerin zehn Impfpässe aus. Danach: Serverfehler. Die Nachfrage war deutlich höher, als es das überlastete System zuließ. Je nachdem, wie dringend der digitale Nachweis benötigt wird, müssen die Kunden Stunden, höchstens Tage warten.

Anders sieht es hingegen aus, wenn der Impfpass verloren gegangen oder einfach nicht auffindbar ist. Anfragen zur Zuständigkeit laufen ins Leere, Angaben im Internet führen auf eine falsche Fährte. Ein Aufklärungsversuch.

Wo ist meine Corona-Impfung erfasst?

Das hängt davon ab, ob die Corona-Schutzimpfung im Impfzentrum oder beim Hausarzt durchgeführt wurde. Bei einer Impfung in einer Arztpraxis ist die Zuständigkeit klar: Aufgrund der zwangsläufig kurz zurückliegenden Impfung lässt sich der Impfstatus ohne Probleme mithilfe der Patientenakte rekonstruieren.

Auch eine Nachfrage bei der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen (KVS) vermittelt den Eindruck, nach einem Besuch im Impfzentrum sieht es nicht anders aus. Denn sowohl Impfzentren als auch deren mobile Teams würde diese Daten in einem serverbasierten Praxisverwaltungssystem erfassen: "In diesem dokumentieren die Mitarbeiter des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) alle relevanten, die Impfung betreffenden Daten, sodass bei einem möglichen Verlust auf diese Daten zurückgegriffen werden könnte, um eine stattgefundene Impfung zu bestätigen." Das DRK gibt allerdings zu bedenken: "Wir erfassen nur wer einen Impftermin hat, nicht aber wer geimpft wird", teilt Kai Kranich, Pressesprecher des DRK Sachsen, mit. Schließlich dürfte das DRK weder einen Impfpass ausstellen noch das Arztaufklärungsgespräch führen: "Das liegt zu Recht im Hoheitsgebiet der KVS. Das Deutsche Rote Kreuz kümmert sich um die Rahmenbedingungen, damit Ärzte hintereinanderweg impfen können."

Das DRK selbst speichert keine Daten: „Alle Daten, die z. B. auf den sogenannten Laufzetteln erfasst werden, werden über das Patientenverwaltungssystem der KVS aufgenommen und übermittelt. Aus datenschutzrechtlichen Gründen dürfen wir diese Angaben nicht zusätzlich speichern“, so Kranich.

Ob sich der Corona-Impfstatus mit diesen Daten rekonstruieren lässt, konnte die KVS zum jetzigen Zeitpunkt nicht eindeutig beantworten. Die Vereinigung stehe dazu mit dem Sächsischen Sozialministerium in Kontakt, wie dieser Prozess entwickelt bzw. ausgestaltet werden sollte.

Wie sieht es mit anderen Impfungen aus?

Wenn Norbert Missel seine Patienten bittet, zur Untersuchung ihren Impfpass mitzubringen, sorgt das oft für einen Schock-Moment - denn ein verlorener Impfpass sei bereits vor Corona etwas ganz Alltägliches gewesen: "Über die Hälfte meiner Patienten findet ihren Impfpass nicht oder hatten noch nie einen", berichtet der Hausarzt aus Dresden-Klotzsche. Doch Missel begegnet dem Problem konstruktiv und freut sich, dass durch Corona das Interesse an Impfungen zugenommen habe, auch wenn es gewisse Schwachstellen offenbare. Man müsse nur aufpassen, diese nicht zu dramatisieren. "Ein verlorener Impfpass ist kein Grund zur Sorge", beruhigt Missel. Selbst, wenn sich der Impfstatus aufgrund vieler Hausarztwechsel nicht mehr rekonstruieren lässt oder es sich um Impfungen aus der Kindheit handele.

Prinzipiell ist jeder Arzt verpflichtet, die Akten seiner Patienten zehn Jahre lang aufzubewahren. Wenn die Impfungen länger zurückliegen und sich aufgrund fehlender Dokumente nicht mehr überprüfen lassen, empfiehlt die Ständige Impfkommission, diese Impfungen nachzuholen, um den Patienten bestmöglich zu schützen: Impfungen, die nicht dokumentiert sind, sollten als nicht gegeben angesehen werden - mündliche Angaben nur in Ausnahmefällen berücksichtigt werden. "Wir starten dann einfach neu, so als ob es keine Impfungen gäbe", bricht es Missel für den Praxisfall herunter.

Wie schädlich ist eine zusätzliche Impfung?

"Eine Impfung zu viel ist nicht schädlich", versichert Missel, schließlich sei die Impfung entscheidend, nicht die perfekte Dokumentation. Die sei bei Kindern meistens sehr akkurat, das ändere sich, sobald das gelbe Impfheft in die Verantwortung junger Erwachsener gegeben würde. Der digitale Corona-Impfpass sei deshalb ein Schritt in die richtige Richtung. Nun sei es wichtig, die digitalen Patientenakten mit den Dokumenten der Patienten auch bei anderen Impfungen zu koppeln - doch das sei nur noch eine Frage der Zeit.

Ist ein Nachweis über den Bluttest möglich?

Im Zweifelsfall bleibt immer noch die Möglichkeit, einen sehr teuren Bluttest durchzuführen, um die Antikörper nachzuweisen. "Allerdings gibt das Ergebnis keinen Nachweis darüber, ob mit Biontech oder Moderna geimpft wurde oder ob sich die Antikörper aufgrund einer Infektion gebildet haben", so Missel. Als Nachweis für den Impfstatus sei ein solcher Test deshalb nicht brauchbar.