Meißen
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Würdigung für einen der Retter Meißens

Im Gedenken an Andreas Christl trafen sich Weggefährten und Freunde des Denkmalpflegers.

Von Udo Lemke
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Gemeinsam mit Freunden und Kollegen hat Andreas Christl dafür gesorgt, dass die Meißner Altstadt nach 1990 nicht dem schnellen Geld zum Opfer fiel, sondern heute das größte Plus Meißens ist.
Gemeinsam mit Freunden und Kollegen hat Andreas Christl dafür gesorgt, dass die Meißner Altstadt nach 1990 nicht dem schnellen Geld zum Opfer fiel, sondern heute das größte Plus Meißens ist. © [M] Jürgen Loesel/SZ

Meißen. Wir schreiben das Jahr 1198. Nach mehr als 20-jähriger Ehe verstößt König Ottokar von Böhmen seine Frau Adela, die Schwester des Markgrafen Dietrich von Meißen. Aber damit nicht genug - auch die gemeinsamen vier Kinder werden als illegitim erklärt, und Ottokar lässt die Ehe zudem kirchenrechtlich annullieren - auch für damalige Zeiten ist das eine Ungeheuerlichkeit, die den Adel im Reich aufschreckt!

Das Schicksal Adelas und die damit verbundenen politischen Verwicklungen und Machtkämpfe waren Thema eines Vortrags von Dr. André Thieme am Sonntagabend im Domherrenhof, Freiheit 6. Bereits zum dritten Mal fand dort am Geburtstag von Andreas Christl, der wesentlichen Anteil am Erhalt der historischen Altstadt Meißen hatte, ein Kolleg statt, das der Erinnerung an den vor drei Jahren plötzlich verstorbenen Archäologen und Denkmalpfleger wachhalten soll.

André Thieme - ein ausgewiesener Kenner der sächsischen Landesgeschichte und für die Museen der staatlichen Schlösser, Burgen und Gärten Sachsens zuständig - entwickelte vor den etwa 30 Zuhörern ein spannendes Panorama der meißnisch-böhmischen Beziehungen, die eine wichtige Rolle im Kampf um die Kaiserkrone zwischen Staufern und Welfen um das Jahr 1200 spielten, in dem auch noch Papst Innozenz III. kräftig mitmischte. André Thieme: „Für den Wettiner Dietrich, für die wettinische Familie bedeutete die Verstoßung Adelas eine extreme Ehrverletzung und er war zum Handeln gezwungen.“ Auch wenn Dietrich keine Genugtuung bekam, weil Adela am 1. Februar 1211 starb, gab es doch noch ein spätes Happy-end: 1244/1245 heiratete Markgraf Heinrich, der Sohn Dietrichs und Neffe Adelas, die böhmische Königstochter Agnes, eine Enkelin König Ottokars I. von Böhmen.

Dass Andreas Christl in der Stadt präsent ist, auch wenn er physisch nicht mehr da ist, zeigte sich erst wieder im Januar. Da kündigte das städtische Wohnungsunternehmen Seeg die Sanierung von Häusern an der Fährmannstraße an. Noch 2016 hatte die Stadtverwaltung darauf gedrängt, die um 1880 errichteten Mietshäuser, die die Altstadt von den mit der Industrialisierung einsetzenden Stadterweiterungen abgrenzten, abzureißen. Andreas Christl verweigerte die Zustimmung zum Abriss, weil er die Denkmalwürdigkeit der frühen Gründerzeitbauten verteidigte und ihren stadtgeschichtlichen Aussagewert.

In einigen Monaten, nach erfolgter Sanierung der Häuser, wird es einen Besichtigungstermin an der Fährmannstraße geben - ohne Andreas Christl würde er nicht stattfinden.