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Der lange Weg zum Führerschein

Was es finanziell und nervlich bedeutet, heutzutage die Fahrerlaubnis machen zu wollen. Ein Kommentar.

Von Natalie Stolle
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Wer heute seinen Führerschein machen möchte, braucht Geld und vor allem Geduld.
Wer heute seinen Führerschein machen möchte, braucht Geld und vor allem Geduld. © Arvid Müller

Im Gespräch mit Eltern und Bekannten fallen ziemlich schnell die Sätze: „Früher hat das noch 50 Mark gekostet“ oder „Den Lappen hatte ich innerhalb von paar Monaten in der Hand.“ Dass es hierbei um den Erwerb des Führerscheines geht, mag sich ein junger Mensch heutzutage gar nicht mehr vorstellen können.

50 Mark? Für eine komplette Ausbildung und das auch noch in so kurzer Zeit? Absolut unvorstellbar. Die Realität, gerade in Großstädten, sieht ganz anders aus. Wartelisten bis zu einem halben Jahr, Preise, mit denen man sich eigentlich den ersten Wagen finanzieren könnte, sind an der Tagesordnung.

Natürlich hat sich viel geändert seit die eigenen Eltern den Führerschein gemacht haben. Nicht alle Veränderungen sind automatisch schlecht. Fahrlehrer sind heutzutage besser ausgebildet und bezahlt, feinfühliger und die Fahrschulautos sind auf dem neusten Stand. Die Schüler werden mit der aktuellen Technik vertraut gemacht, die Ausbildung umfasst in den meisten Fällen mittlerweile nicht nur den Umgang mit Schaltgetriebe, sondern auch Automatik. In den Theoriestunden wird sogar über die Sinnhaftigkeit von Elektromobilität diskutiert.

Aber auf der anderen Seite kann es nicht sein, dass junge Menschen, die sich bewusst dafür entscheiden einen Führerschein zu machen, mit derart hohen Kosten und Wartezeiten gestraft werden. Denn was sind die Alternativen? In einer Großstadt ist es einfach von A nach B zu kommen. In ländlicheren Regionen oder mit einer eigenen Familie ist es aber nach wie vor unerlässlich diesen „Lappen“ zu besitzen.

Natürlich wäre es auch umweltschonender sich gegen einen Führerschein zu entscheiden. Ein Auto hat bei der neuen Generation bei Weitem nicht mehr den Stellenwert oder gilt als Statussymbol, wie das früher der Fall war. Aber die Deutsche Bahn hat auch schon lange nicht mehr den Ruf besonders pünktlich oder zuverlässig zu sein. Die Wahrheit ist, öffentliche Verkehrsmittel sind nicht für jeden eine Alternative, was keineswegs immer am eigenen Willen liegt.

Ich bin selbst Pendlerin und muss jeden Tag aufs Neue hoffen, dass alles glattgeht auf meinem Weg zur Arbeit. Wie viele andere musste ich mich entscheiden, dass ein Auto in dieser Situation die bessere Wahl ist. Seit zwei Monaten bin ich in der Führerscheinausbildung. Ein Auto habe ich bisher nicht von innen gesehen, auf der Warteliste, die ich jeden Tag täglich aktualisiere, bin ich inzwischen auf Platz 300 vorgerückt. Scherzhaft sage ich gern, wenn ich Ende des Jahres meinen Führerschein habe, dann ist es doch noch ganz gut gelaufen.

Zum Lachen ist das aber leider ganz und gar nicht. Die jungen Leute haben nicht mehr die Motivation einen Führerschein zu machen, so Fahrschullehrer Michael Lehmann aus Radebeul. Ja, aber wie soll man auch Motivation entwickeln, wenn man sich verschuldet und eine schier endlose Zeit auf einer digitalen Warteliste verbringt? Von dem ersten Mal frei und unabhängig zu sein, ist man heutzutage weit entfernt. Tatsächlich ist es vielmehr zu einer Herausforderung und Geduldsprobe geworden.